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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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er ist schon vor neun gegangen, jedenfalls so um den Dreh. Ein Taxi hat er aber wirklich genommen.«
    »Vielen Dank.« Cass lächelte. Der innere Druck, der ihn nach unten zog, nahm im Schulterbereich ein wenig ab. Vielleicht ließen Joe Lidsters Finger allmählich los.

    Es dauerte nicht lange, bis Newton zusammenbrach. Seine Schweißabsonderungen erreichten ein kritisches Allzeithoch, bevor sie ihn auch nur in den Verhörraum geschafft hatten. Cass war versucht, den Stuhl mit Plastikfolie zu überziehen, bevor der Mann sich setzte.
    Newton schniefte auf seinen Handrücken. »Ich hab das nicht gewollt! Wirklich, ich wollte das nicht tun!«
    Cass bot ihm nicht den Trost eigener Binsenweisheiten, sondern zündete sich eine Zigarette an und schob ihm eine Packung Taschentücher rüber. Natürlich war das gelogen. Eigentlich wollte Newton sagen, dass er jetzt wünschte, er hätte es nicht getan. In dem Moment hatte er es sehr wohl gewollt. Das war kein Verbrechen im Affekt mit einem Wagenheber, der gerade zur Hand war. Im Gegenteil, auf eine gewisse Weise war dieser Mord geplant. Für Cass war alles außer instinktivem Handeln Absicht. Newton hatte darüber nachgedacht, bevor er angefangen hatte, und der widerliche Scheißkerl wäre beinahe davonkommen.
    »Wir wissen, dass Sie das Haus Ihrer Schwester vor neun Uhr verlassen haben. Was kam dann?«
    Newton strich sich über das Haar, das er mit Pomade zurückgekämmt hatte, und bekam noch mehr ekelerregende Feuchtigkeit in seine klamme Hand.
    »Der Abend war einfach grässlich«, schniefte er. »Siehalten sich für was Besseres, wissen Sie. Das war von Anfang an so. Er behauptet, es liegt nur daran, dass ich mir ab und zu Geld von meiner Mutter leihe, und er findet, das gehört sich nicht als Sohn, aber ich genieße nun mal nicht den Luxus eines gut bezahlten Jobs. Immerhin hatte ich so viel Unternehmungsgeist, mich selbstständig zu machen, und die sind so dämlich und denken, ich würde nicht merken, dass sie deswegen auf mich herabsehen … Dazu kommt natürlich meine Art zu leben.« Die letzten Worte heulte er geradezu.
    »Wenn Sie bitte bei der Sache bleiben würden, Mr Newton?«
    »Mach ich doch.« Der böse Blick, den er Cass zuwarf, war brutal, gemein und voller Selbstmitleid. »Damit hat es angefangen. Emma hat mich gefragt, ob ich mit jemandem zusammen bin – es ist schon länger her seit meiner letzten ernsthaften Beziehung –, und obwohl ich eigentlich weiß, dass es sie nicht wirklich interessiert – außer dass sie glaubt, sie müsste mich dann nicht mehr zu Weihnachten einladen –, wollte ich ihr schon fast von Joe erzählen, aber dann hat ihr Mann einen superfiesen Witz darüber gemacht, dass ich in Schwulenkreisen längst scheintot wäre. Ich hab mich gewehrt und gesagt, er könnte Emma nicht mal Kinder machen, und dann bin ich gegangen. Wie Sie sich vorstellen können, war der Abend gelaufen.«
    Newtons spöttische Bemerkung deutete an, dass er den Hohn seines Schwagers schlimmer fand als den eigenen, und Cass konnte ihn wegen dieser Kleinkariertheit noch weniger leiden. Mord war Mord und dazu war unter gewissen Umständen jeder imstande, aber diese wehleidige Zimperlichkeit ging ihm echt auf die Nerven.
    »Sie waren mit Joe Lidster zusammen?«, fragte Armstrong.
    »Nein.« Newton schüttelte seinen fettigen Kopf und putzte sich die Schniefnase, ehe er tief Luft holte und sich gerade hinsetzte. »Aber ich habe mir Hoffnungen gemacht. Ich habe ihn geliebt.«
    Er sah Cass trotzig an, als wollte er ihn herausfordern, die Reinheit dieses Gefühls zu verspotten.
    Das ging Cass am Arsch vorbei. Er wusste genug über Liebe, um zu wissen, dass nichts daran rein war. Liebe war ein gieriges, selbstsüchtiges Gefühl, das sich wie ein Schwein im Matsch des Lebens wälzte, und Newton war der Beweis dafür.
    »Und getötet haben Sie ihn auch«, sagte Cass.
    »Als ich nach Hause kam, hörte ich Joe reden. Deshalb habe ich unten abgeschlossen. Erst dachte ich, er würde telefonieren, und davon bekam ich bessere Laune. Ich dachte, ich könnte ihn vielleicht zu einem Glas Sherry oder Bier überreden. Das hätte mich entspannt und ich hätte über Emma, ihren blöden Mann und ihr Mittelschichtsspießertum lachen können. Aber als ich weiter oben auf der Treppe war, hörte ich eine zweite Stimme – eine Männerstimme – und mir wurde klar, dass er Besuch hatte.« Er presste die Lippen aufeinander. »Das war irgendwie ein Schock, weil er das noch nie getan hatte. Aber

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