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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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dann dachte ich, biete ich ihnen eben beiden einen Drink an, ganz der freundliche Vermieter und so. Da ich sie reden hörte, würden sie wohl kaum irgendwas anderes machen, außerdem war ich neugierig auf den Mann. Das hört sich vielleicht komisch an, aber es machte mir Mut, dass er einen Mann dahatte. Ich meine, mir war nicht klar gewesen, dass er auf der Suche war, und deshalb bin ich nicht allzu scharf rangegangen.«
    Cass konnte sich die unbeholfenen Flirtversuche vorstellen, die Newton bis dahin gestartet hatte. Unwahrscheinlich, dass sie unter Dezenz das Gleiche verstanden.
    »Das war dumm von mir, wie ich bald herausfand.« Newton putzte sich wieder die Nase.
    »Was ist passiert?«
    »Ich wollte gerade klopfen, als ich hörte, was sie redeten. Sie lachten und der andere Mann sagte etwas in dem Sinne, dass meine Wohnung das letzte Loch wäre und wie Joe es überhaupt aushielt, ohne durchzudrehen. Dann hat Joe gesagt … Er hat gesagt, wenn der andere Mann mich kennenlernen würde, würde er das mit der Wohnung auch verstehen.«
    Er runzelte die Stirn und hörte auf zu flennen. Cass, Armstrong und der Verhörraum waren weit weg, Newton war in die Vergangenheit abgetaucht. »Sie haben mich ausgelacht . Joe hat Sachen über mich gesagt – verletzende Dinge, schlimmer als alles, was Emmas Aaron je gesagt hat. Er hat sich dazu geäußert, wie ich aussehe und was ich anziehe. Er hat mich als aufgedonnertes Hühnchen bezeichnet, das sich für einen Pfau hält – das fanden sie beide unglaublich lustig.« Er machte eine Pause und putzte sich wieder die Nase.
    Dann schaute er auf seine Hände und flüsterte: »Ich stand nur da und lauschte. Ich konnte mich nicht rühren, obwohl mir schlecht war. Sie lachten über mich, als wäre ich ein Nichts, ein Niemand . Joe lachte. Er sagte, ich wäre albern und erbärmlich – und dann hat er auch noch gesagt, ich würde es ja gut meinen auf meine einfältige Art.« Er hob den Blick und sah Cass an. »Stellen Sie sich das vor! Nach allem, was ich für ihn getan habe! Ich habe mein Heim mit ihm geteilt!«
    »Er hat Miete gezahlt«, erwiderte Cass. »Er war Ihr Untermieter .«
    »Sie verstehen das nicht«, sagte Newton. »Es blieb alles ungesagt, aber es war da.«
    »Und was haben Sie dann getan?«
    »Ich bin in mein Zimmer zurückgegangen und habe mich ein paar Minuten hingesetzt, benommen und wütend. Die Zeitung, in der ich in der Nacht davor im Bett gelesen hatte, lag noch auf dem Boden und die Titelseite war voll mit Artikeln über diese Studenten, die sich umgebracht hatten.« Newtons Mundwinkel zuckten nervös. »Ich habe gewartet, bis ich hörte, dass der andere Mann ging. Dann bin ich in den Laden gegangen und habe ein Fläschchen GHL aus dem Lager geholt und zwei Paar Flauschhandschellen.« Er sah Armstrong nervös an, als würde die Tatsache, dass er eine Flasche mit Betäubungsmittel besaß, die Mordanklage verschlimmern. »Dann habe ich zwei Irish Coffee zubereitet und in den einen ordentlich was reingeschüttet.«
    Bevor er fortfuhr, holte er tief Luft und Cass bemerkte, dass seine Hände zitterten. Wurde Newton etwa jetzt erst die Tragweite dessen bewusst, was er getan hatte?
    »Ich nahm die Drinks mit in sein Zimmer und tat interessiert an seinem neuen Freund. Wir unterhielten uns, als wäre alles ganz normal, und ich erzählte ihm, was Aaron gesagt hatte, und Joe meinte, ich sollte mich nicht aufregen, schließlich wäre ich ein sehr attraktiver Mann. Aber diesmal konnte ich sehen, wie er innerlich lachte – er war so jung und er lachte mich aus . Er hatte mich die ganze Zeit ausgelacht und ich hatte es nicht gemerkt.« Bei der Erinnerung knirschte er mit den Zähnen.
    »Ihm wurde schnell schwindelig. Ich sagte, ich hätte den Drink wohl zu stark gemacht und dass ich ihm ein Glas Wasser holen wollte. Stattdessen holte ich die Handschellen und das Messer. Er geriet ein wenig in Panik, das konnte ich sehen, aber er kam nicht vom Bett hoch. Ich schrieb die ›Chaos-im-Dunkel‹-Nachricht und dann schnitt ichihm die Pulsadern auf.« Newtons Lippe zitterte und Tränen liefen ihm über die Wangen. Der Augenblick war da. Jeder Mörder musste das erleben: den Moment, in dem er begriff, was er getan hatte, was aus ihm geworden war, wenn er das Schreckliche daran nicht fassen konnte.
    Newton sprach gefühllos weiter, als hätte er den Text auswendig gelernt. »Es war schwerer als ich dachte, und meine Hände zitterten so und ich konnte ihn nicht ansehen. In dem Moment

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