Die Farben der Zeit
stand aber schließlich doch auf und warf einen Blick über die übrigen Felder. »In den Ecken stecken die Preise nie«, sagte sie überlegend. »Vierzehn kann es auch nicht sein, denn ist es ist nie das Datum. Ich nehm’ zwölf. So alt werde ich an meinem nächsten Geburtstag sein.«
Wieder fing sie zu graben an. »Sind Sie sicher, daß Sie die Preise überhaupt vergraben haben?« fragte sie mißtrauisch.
»Ja«, sagte ich. »Drei Schillinge und den Hauptgewinn.«
»Das könnte jeder behaupten und die Preise heimlich für sich behalten.«
»Sie sind im Sand vergraben«, sagte ich. »Auf welchem Feld willst du deinen dritten Versuch starten?«
»Im Moment auf keinem«, erwiderte sie und gab mir die Schaufel. »Ich muß erst überlegen.«
»Wie Sie wünschen, Miss«, erwiderte ich. Sie hielt mir die Hand hin. »Ich will meine zwei Penny zurück. Für den dritten Versuch.«
Ob sie irgendwie mit Lady Schrapnell verwandt war? Vielleicht war Ellis Chattisbourne, entgegen allem Augenschein, doch Mr. C.
»Ich habe kein Wechselgeld«, sagte ich.
Sie hopste fort, ich harkte den Sand glatt und lehnte mich dann in Erwartung weiterer Kundschaft an einen Baum.
Es kam keine. Offenbar hatten sich alle zuerst auf den Basar gestürzt. In der ersten Stunde ging das Geschäft so schleppend, daß ich mich leicht wegschleichen und nach Oxford hätte springen können, wäre da nicht Eglantine gewesen, die in der Nähe herumlungerte und überlegte, welches Quadrat sie als letztes ausprobieren sollte.
Und um, wie sich herausstellte, als sie schließlich zu einem Entschluß gekommen war und vergeblich in Feld siebzehn gegraben hatte, ein wachsames Auge auf mich zu haben. »Ich glaube, Sie verteilen die Preise immer wieder neu, wenn keiner guckt«, sagte sie und schwang die Kinderschaufel. »Deshalb beobachte ich Sie schon die ganze Zeit.«
»Aber wenn du mich beobachtet hast«, sagte ich vernünftig, »wie hätte ich dann die Preise woanders vergraben können?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte sie düster. »Aber Sie haben es getan. Eine andere Erklärung gibt es nicht. Der Hauptgewinn ist immer in siebzehn.«
Ich dachte, sie verschwände, weil sie nun kein Geld mehr hatte, aber sie trieb sich weiter in meiner Nähe herum und beobachtete, wie ein kleiner Junge das Feld sechs wählte (sein Alter) und seine Mutter Feld vierzehn (das Datum).
»Vielleicht haben Sie die Preise überhaupt nicht vergraben«, meinte Eglantine, nachdem die beiden gegangen waren, der kleine Junge schluchzend, weil er keinen Preis gefunden hatte. »Vielleicht behaupten Sie das nur.«
»Wie wär’s mit einem kleinen Ponyritt?« schlug ich vor. »Drüben bei Mr. St. Trewes kann man auf Ponys reiten.«
»Das ist was für Kleinkinder«, sagte Eglantine abweisend.
»Hast du dir schon wahrsagen lassen?« Ich gab nicht auf.
»Ja. Die Wahrsagerin meinte, sie sähe in der Kristallkugel, daß ich eine lange Reise machen würde.«
Je eher, um so besser, dachte ich.
»Bei den Galanteriewaren gibt es ein paar hübsche Federhalterwischer«, schlug ich schamlos vor.
»Ich will keine Federhalterwischer«, sagte Eglantine. »Ich will den Hauptgewinn.«
Sie beobachtete mich noch eine weitere halbe Stunde mit Argusaugen, bis Professor Peddick auftauchte.
»Wie das Feld bei Runnymede«, sagte er mit einer Geste, die den ganzen Rasen mitsamt Ständen und Teezelt umfaßte. »Die Barone mit ihren großen Zelten und Bannern, über das große Feld verstreut, während sie darauf warten, daß König Johann und seine Gefolgschaft eintrifft.«
»Da wir grad von Runnymede sprechen«, sagte ich, »sollten wir nicht besser nach Oxford zurückkehren, um Ihre Schwester und Ihre Nichte zu treffen? Sie werden Sie ohne Zweifel vermissen.«
»Pah!« meinte er. »Dazu ist noch genug Zeit. Sie bleiben den ganzen Sommer über. Der Colonel hat einen rotgepunkteten Silbertancho bestellt, der morgen hier eintreffen soll.«
»Terence und ich könnten Sie mit der Bahn nach Oxford bringen, damit Sie zu Hause mal nach dem Rechten schauen können. Und dann könnten Sie wieder hierherkommen, um den rotgepunkteten Silbertancho zu sehen.«
»Völlig unnötig«, entgegnete Professor Peddick. »Maudie ist sehr tüchtig. Ich bin sicher, daß die Dinge bei ihr in besten Händen sind. Außerdem bezweifle ich, daß Terence überhaupt von hier fort möchte, nun, wo er sich mit Miss Mering verlobt hat.« Er schüttelte den Kopf. »Ich für meinen Teil halte nicht viel von solchen überhasteten
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