Die Farben der Zeit
Bombe schmiß, genau aufs Haus gebaut von Klaus.
Es wurde kälter. Ich zog meinen Blazer enger um mich und wünschte, es wäre das Tweedjackett.
Aber wenn es das übelste Szenario war, warum hatte es dann bei Veritys Sprung keinen erhöhten Schlupfverlust gegeben? »Sehen Sie«, hatte T. J. gesagt und eine Simulation nach der anderen ablaufen lassen, »bei jeder einzelnen Inkonsequenz zeigt sich dieses Gebiet radikal erhöhter Schlupfverluste direkt in ihrem Zentrum.« Nur bei unserer nicht.
Neun Minuten Verlust beim ersten Sprung, zwischen zwei und dreißig bei allen anderen, und ein Durchschnitt von vierzehn bei allen Sprüngen Veritys ins victorianische Zeitalter. Nur zwei Gebiete mit sich erhöhenden Verlusten und eines davon wegen Ultra.
Ich zog meinen Blazer aus und wickelte mich in ihn wie in eine Decke, während ich zitternd über Ultra nachdachte.
Ultra hatte auch ein System von Backups. Das erste war Stillschweigen. Wenn aber doch etwas durchsickerte, trat ihr zweites Abwehrsystem in Aktion, wie in Nordafrika.
Sie hatten Ultra benutzt, um Schiffe, die Rommel Nachschub an Öl lieferten, zu lokalisieren und zu versenken, was den Verdacht hätte erregen können, der deutsche Code sei geknackt worden. Deshalb hatte man jedesmal ein Aufklärungsflugzeug losgeschickt und es absichtlich von dem Nazikonvoi sichten lassen, damit diese das Versenken des Schiffes damit in Zusammenhang brachten.
Bloß einmal, als dichter Nebel verhinderte, daß das Flugzeug den Konvoi fand, waren die englische Luftwaffe und die Flotte in Panik geraten, daß das Öl Rommel erreichen könnte, und hatten sich dazu hinreißen lassen, das Schiff trotzdem zu versenken. Und damit beinahe das Geheimnis gelüftet.
Also gingen die führenden Köpfe bei Ultra daran, ein Backup aufzubauen, indem sie Gerüchte im Hafen von Malta ausstreuten und eine leicht zu entschlüsselnde Nachricht an einen nichtexistenten Agenten schickten, die zum Abfangen gedacht war. In der Nachricht dankten sie dem Agenten für seine Information über den Konvoi und beförderten ihn. Und die Nazis brachten die nächsten sechs Monate damit zu, den Gerüchten nachzugehen und den Agenten zu enttarnen. Was sie davon ablenkte, daß wir so etwas wie Ultra haben könnten.
Und falls dieser Plan gescheitert wäre, hätten sie etwas anderes probiert. Und selbst wenn alle Pläne gescheitert wären, hätten sie nach dem Versagen reagiert und nicht während des Versagens.
Egal, wie gravierend die Inkonsequenz war, das Kontinuum mußte versucht haben, sie zu beseitigen. Statt dessen hatte es einen Schlupfverlust von neun Minuten geschaffen, neun Minuten, durch die es Verity zu just dem Moment schickte, an dem sie die Katze rettete, während fünf Minuten gereicht hätten, um sie davon abzuhalten. Es war, als hätte das Kontinuum einen Blick auf die Inkonsequenz geworfen und wäre ohnmächtig geworden, wie Mrs. Mering.
Verity hatte gesagt, ich solle nach der winzigen Tatsache Ausschau halten, die nicht paßte, aber nichts paßte zusammen: Warum hatte das Kontinuum, wenn es sich selbst korrigieren wollte, mich nicht nach Muchings End befördert, damit ich die Katze zurückbringen konnte, bevor Mrs. Mering aufbrach, um Madame Iritosky zu konsultieren? Warum hatte es mich drei Tage zu spät durchkommen lassen, genau richtig, um Terence von der Begegnung mit Maud abzuhalten? Und die wichtigste kleine Tatsache war – warum hatte das Netz überhaupt zugelassen, daß die Inkonsequenz passierte, wenn es sich eigentlich dabei automatisch hätte schließen müssen?
»Sehen Sie, das sind alles nur Simulationen«, hatte T. J. gesagt. »In Wirklichkeit würde sich das Netz überhaupt nicht öffnen.«
Niemand konnte Waterloo erreichen. Oder Fords Theater. Oder die Franz-Josef-Straße. Wenn die Katze für den Lauf der Geschichte wirklich ein Dreh- und Angelpunkt war, warum konnte man dann Muchings End so einfach erreichen? Warum war bei Veritys Sprung der Schlupfverlust, obwohl angebracht, nicht erhöht gewesen, dafür aber in Oxford im April 2018? Und wie, wo doch der Schlupfverlust mich hätte abhalten sollen, war ich durchgekommen?
Es wäre schön gewesen, wenn die Antwort dort gelegen hätte, 2018 im Labor, aber es war offenkundig, daß, was immer den Verlust hervorgerufen haben mochte, nichts damit zu tun haben konnte, was Jim Dunworthy oder Shoij Fujisaki getan hatten. Sie hatten keine Sprünge durchgeführt.
Wäre Hercule Poirot an meiner Stelle gewesen, hätte er bestimmt eine
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