Die Farben der Zeit
wobei die Hinweiszettel nach allen Seiten stoben.
»Ich werde nach Oxford zurückkommen und Dunworthy Bericht erstatten, sobald ich die Gelegenheit dazu habe«, flüsterte Verity, sobald sich das Portal hinter uns geschlossen hatte. »Wo finde ich Sie?«
»Ich weiß nicht genau«, sagte ich. »Irgendwo auf der Themse. Terence sagte, er wolle nach Henley rudern.«
»Ich werde versuchen, Ihnen eine Nachricht zukommen zu lassen«, sagte sie und ging zum Altarraum vor. »Es kann mehrere Tage dauern.«
»Was soll ich einstweilen tun?«
»Terence von Muchings End fernhalten«, entgegnete sie. »Wahrscheinlich ist es nur eine vorübergehende Vernarrtheit von Tossie, aber ich will kein Risiko eingehen.«
Ich nickte.
»Und machen Sie sich keine Sorgen. Der Schlupfverlust beträgt nur drei Tage, und Dunworthy hätte Sie nicht geschickt, wenn Prinzessin Arjumand nicht längst sicher zurückgekehrt wäre. Ich bin überzeugt, daß alles in Ordnung ist.« Sie tätschelte meinen Arm. »Sehen Sie zu, daß Sie etwas Schlaf bekommen. Schließlich sollen Sie sich hier von der Zeitkrankheit erholen.«
»Ich versuche es«, sagte ich.
Verity zog den Sonnenschirm unter dem Altargitter hervor und wollte gerade zum Portal gehen, als sie noch einmal lächelnd innehielt. »Und falls Sie jemanden mit Namen Chaucer oder Churchill treffen, schicken Sie ihn in Muchings End vorbei…«
»Die Kutsche, Miss«, sagte Baine, der plötzlich in der Tür stand.
»Danke, Baine«, sagte Verity frostig und schritt an ihm vorbei.
Terence half Tossie gerade in die Kutsche. »Ich hoffe, wir sehen uns wieder, Mr. St. Trewes«, sagte Tossie, jetzt wieder ohne Schmollmund. »Wir fahren heute abend mit dem Zug nach Muchings End zurück. Kennen Sie es? Es liegt am Fluß, unterhalb von Streatley.«
Terence nahm den Hut ab und preßte ihn ans Herz. »Bis dann, auf Wiedersehen, Schöne, adieu!«
Die Kutsche fuhr mit einem Ruck an. »Baine!« protestierte Tossie.
»Entschuldigung, Miss«, sagte Baine und ließ die Zügel schnalzen.
»Auf Wiedersehen!« rief Tossie uns zu. Ein Taschentuch flatterte, und alles Übrige an ihr auch. »Auf Wiedersehen, Mr. St. Trewes!« Der Landauer rollte davon. Terence sah ihm nach, bis er außer Sicht war.
»Wir müssen jetzt gehen«, sagte ich. »Professor Peddick wird bereits warten.« Er seufzte, den Blick sehnsüchtig auf die Staubwolke geheftet, welche die Kutsche hinterließ. »Ist sie nicht wundervoll?«
»Ja«, sagte ich.
»Wir müssen uns sofort auf den Weg nach Muchings End machen«, sagte Terence, schon dabei, den Hügel hinunterzugehen.
»Das können wir nicht.« Ich trabte hinter ihm her. »Wir müssen Professor Peddick nach Oxford zurückbringen. Und was ist mit seiner antiken Verwandtschaft? Falls sie mit dem Nachmittagszug angekommen ist, muß sie abgeholt werden.«
»Ich werde Trotters bitten, das zu erledigen. Er schuldet mir noch etwas für die Lucretiusübersetzung, die ich für ihn gemacht habe«, sagte Terence, ohne stehenzubleiben. »Professor Peddick zurückzurudern dauert höchstens eine Stunde. Wir könnten ihn um fünf Uhr am Magdalen College abliefern. Dann bleiben uns noch vier Stunden bis Einbruch der Dunkelheit. In dieser Zeit müßten wir es eigentlich bis hinter die Culhamschleuse schaffen. Wir könnten morgen mittag in Muchings End sein.«
So viel also zu meinem leichtfertigen Versprechen gegenüber Verity, daß ich Terence von Tossie fernhalten würde, dachte ich, während ich ihm zum Boot hinunter folgte.
Doch es war nicht mehr da.
»Das ist die Katze, welche die Maus gefressen, die das Malz gegessen, das lag vor dem Haus, gebaut von Klaus.«
Kinderreim
7. Kapitel
Die Wichtigkeit von Schleusen im victorianischen Zeitalter • »Achtung, Feind hört mit!« • Tristan und Isolde • Die Französische Revolution • Einwände gegen Trinkgelder • Eine traumatisierte Katze • Ruß • Der Bathaanische Todesmarsch • Schlaf • Das Boot wird endlich gefunden • Eine unerwartete Entwicklung • Die Wichtigkeit von Begegnungen für den Lauf der Geschichte • Lennon und McCartney • Ich suche nach einem Dosenöffner • Ein Fund
Cyril lag, den Kopf untröstlich auf die Pfoten gepreßt, in der gleichen Haltung da, wie wir ihn verlassen hatten. Sein Blick war vorwurfsvoll.
»Cyril!« rief Terence. »Wo ist das Boot?«
Cyril erhob sich und blickte verwundert um sich.
»Du solltest das Boot bewachen«, sagte Terence streng. »Wer hat es genommen,
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