Die Farben der Zeit
gegeben haben«, vollendete Verity. »Das ist der Hinweis, daß doch eine Inkonsequenz eingetreten ist.«
»Nicht unbedingt. Ich hatte es ziemlich eilig.« Ich erklärte ihr die Sache mit Lady Schrapnell vor der Tür des Labors. »Vielleicht hatte Miss Warder die Koordinaten noch nicht vollständig eingegeben. Oder ihr ist ein Fehler unterlaufen. Sie hatte bereits siebzehn Sprünge programmiert.«
»Möglich«, sagte Verity zweifelnd. »Wo landeten Sie? An der Follybrücke? Trafen Sie dort auf Terence?«
»Nein, am Bahnhof. Er war dort, um die Verwandtschaft seines Tutors abzuholen, aber sie kam nicht an.« Ich erklärte, daß er von mir hatte wissen wollen, ob ich wohl eine Bootsfahrt plane und mir von seinen finanziellen Problemen erzählt hatte. »Und so bezahlte ich den Rest für das Boot.«
»Und wenn Sie nicht am Bahnhof gestanden hätten, wäre er jetzt nicht hier.« Veritys Gesichtsausdruck wurde noch besorgter. »Hätte er sich das Boot mieten können, wenn Sie ihm nicht das Geld geliehen hätten?«
»Kaum.« Ich dachte an Jabez’ Miene. »Obwohl er meinte, er könne sich vielleicht in der ›Mitra‹ noch ein paar Schilling von einer gewissen Mag leihen. Er war fest entschlossen, Tossie wiederzusehen. Wenn ich ihm das Geld nicht geliehen hätte, wäre er wahrscheinlich zu Fuß nach Iffley marschiert.«
»Wahrscheinlich«, sagte sie. »Wer weiß? Wenn er sie hier nicht getroffen hätte, wäre er ihr vielleicht in Muchings End begegnet. Er sagte gestern, daß er eine Bootsfahrt flußabwärts plane. Und drei Tage Schlupfverlust sind auch nicht übermäßig viel.« Sie runzelte die Stirn. »Trotzdem recht viel für eine Vergnügungsreise. Sobald ich wieder in Muchings End bin, springe ich am besten zurück und melde Dunworthy…«
»Bestimmt bringen uns die Geister eine Nachricht von Prinzessin Arjumand«, tönte Tossie Stimme, und schon kam sie mit Terence herbeigeflattert, der seinen Hut in der Hand trug. »Madame Iritosky ist berühmt dafür, Verlorengegangenes aufzuspüren. Sie sagte der Herzogin von Derby, wo ihre verlorene Brosche sei, und die Herzogin belohnte sie mit tausend Pfund. Papa meinte, für Madame Iritosky sei das nicht schwierig gewesen, weil sie die Brosche selbst dort hingelegt habe, doch Mama«, sie betonte die letzte Silbe, »ist sich sicher, daß die Geister es bewirkt haben.«
Verity erhob sich und glättete ihre Röcke. »Was sagte der Kirchenvorsteher?« Ich war erstaunt über ihre Haltung. Wieder wirkte sie ganz wie das heitere, gelassene englische Mädchen jenes Jahrhunderts. »Spukt es in der Kirche von Iffley?«
»Nein«, erwiderte Terence.
»Ja«, sagte Tossie und schaute zum Deckengewölbe hoch. »Egal, was der alte Brummbär sagt. Sie sind hier, die Geister aus einer anderen Welt und einer anderen Zeit, jetzt gerade im Augenblick. Ich fühle ihre Gegenwart.«
»Der Kirchenvorsteher sagte, es spuke nicht, aber er wünschte sich, es wäre so«, erklärte Terence, »weil Geister nicht so viel Schmutz auf dem Boden hinterlassen und auch seine Notizen nicht abreißen würden. Oder den Kirchenvorsteher beim Fünfuhrtee stören.«
»Tee!« sagte Tossie. »Was für eine wunderbare Idee! Cousine, geh und sage Baine, er soll Tee servieren.«
»Dazu haben wir keine Zeit mehr.« Verity zog sich die Handschuhe an. »Madame Iritosky erwartet uns bereits.«
»Aber Mr. St. Trewes und Mr. Henry haben die Mühle noch gar nicht besichtigt«, protestierte Tossie.
»Das werden sie ohne uns tun müssen«, sagte Verity und rauschte zur Kirchentür hinaus. »Wir wollen unseren Zug nach Muchings End nicht verpassen.« Sie hielt am Kirchhoftor inne. »Mr. St. Trewes, würden Sie unserem Butler sagen, er soll die Kutsche holen?«
»Mit Vergnügen.« Terence tippte sich an den Hut und machte sich auf den Weg zu dem Baum, unter dem Baine lesend saß.
Ich hatte gehofft, Tossie würde mit ihm gehen, damit ich mit Verity allein sein konnte, aber sie blieb am Tor stehen, zog einen Schmollmund und machte ihren Sonnenschirm auf und zu. Mit welcher Entschuldigung konnten wir ein paar Augenblicke allein herausschinden? Ich konnte schlecht vorschlagen, daß sie mit Terence gehen sollte, angesichts der Anziehungskraft, die sie auf ihn bereits ausübte, und sie war der Typ Mädchen, der Befehle erteilte, nicht entgegennahm…
»Mein Sonnenschirm«, sagte Verity. »Ich muß ihn in der Kirche vergessen haben.«
»Ich helfe Ihnen suchen«, bot ich mich an und öffnete schwungvoll das Kirchenportal,
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