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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Schimmer, Beta war in der Dunkelheit versunken, genau wie Gamma, Prokyon erschien als verlöschender, schwebender Funke. Und mit einemmal, ganz unvermittelt, hatte Barts Gehirn die Belastung verkraftet, seine neuen Gewohnheiten waren fest verankert; Essen, Schlafen, Arbeiten – das alles war zur Routine geworden.
    Erst jetzt gehörte er zur Swiftwing.
    Prokyon war beinahe aus dem Sichtfenster verschwunden, als das Schiff von einer Art fiebriger Aufregung erfaßt wurde, die sich unterschwellig als gesteigerte Aktivität bemerkbar machte. Die Ladung wurde überprüft, registriert und festgezurrt. Ringg wurden vier zusätzliche Leute zugeteilt, mit denen er das gesamte Schiff nochmals untersuchte. Wie eine aufgescheuchte Heuschrecke kam er zurück. Barts Computer zeigten an, daß sie sich unaufhaltsam der Sternenzone näherten, die für die erste Delta-Phase vorgesehen war. In dieser Phase würden sie etwa fünfzehn Lichtjahre in Richtung Aldebaran überwinden.
    Während der letzten Dienstperiode vor der Delta-Phase machte der Bordarzt seine Runde und entband die Mentorianer vom Dienst. Bart sah ihnen mit einem seltsam unangenehmen Vorgefühl nach. Sogar die Mentorianer als Vertraute der Lhari wurden in Kälteschlaf versetzt! Furcht machte sich in seinem Innern breit. Kein menschliches Wesen hatte jemals den Übergang in die Delta-Phase überlebt, behaupteten die Lhari. Briscoe, sein Vater und Raynor Drei meinten jedoch den Beweis dafür erbracht zu haben, daß die Lhari logen. Falls das zutraf, falls es sich lediglich um einen Trick handelte, um ihren eisernen Zugriff auf die menschlichen Welten zu verstärken und das Geheimnis des Delta-Antriebs für sich zu behalten, dann hatte Bart nichts zu befürchten. Aber ihn schüttelte die Angst.
    Er dachte an Meta, die junge Dame, die er seit der ersten Beschleunigungsphase nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Die Mentorianer verfügten über eigene Freizeiträume und hielten sich von den Lhari fern. Bart dachte dabei an seine Mutter, so ganz allein auf einem Lhari-Raumschiff. Warum sie es wohl taten?
    Was hatte Raynor gesagt? Weil ich im All zu Hause bin; weil ich niemals irgendwoanders glücklich sein kann. Bart blickte durch das Sichtfenster hinaus auf die leuchtenden Farbenwirbel. Auf gewisse Weise schienen sie das zu symbolisieren, wofür er keine Worte fand: weshalb er diese Reise unternahm. Damit jeder davon etwas hat – nicht nur die lhari.
    Dieser Gedanke hielt die Furcht zurück.
    Der alte Rugel beobachtete stirnrunzelnd den Weggang der Mentorianer. »Hoffentlich findet die Medizin bald Mittel und Wege, um sie während des Delta-Antriebs am Leben zu erhalten«, meinte er. »Mein mentorianischer Assistent wäre in der Lage, die Veränderung der Wellenfrequenzen gegen Ende des Bogens festzustellen; ich gehe jede Wette ein, daß er sie sehen könnte. Sie stellen Intensitätsveränderungen auf optische Weise schneller fest, als ich sie mit dem Photometer berechnen kann!«
    Bart spürte, wie ihn eine Gänsehaut überzog. Obwohl Rugel annehmen mußte, daß nur Lhari anwesend waren, drückte er sich so aus, als sei der Tod menschlicher Wesen – von Mentorianern – während der Delta-Phase eine Tatsache! Ob die Lhari vielleicht selbst nicht wußten, daß es eine Farce war? Oder hatte man ihn hinters Licht geführt?
    Vorongil übernahm selbst das Kommando zum Eintritt in die zweite Beschleunigungsphase, während der sie den L-Punkt überschreiten würden, den Punkt, an dem der geheimnisvolle Katalysator mit der Erzeugung seiner Antriebsfrequenzen einsetzte. Bei der Beobachtung seiner Instrumente, um Zeit- und Positionsangaben zu überprüfen, bemerkte Bart, wie sich die Farben jedes einzelnen Gestirns von einem Augenblick zum anderen eigenartig verzerrten. Die roten Sterne schienen nicht mehr so gut sichtbar zu sein. Die orange-gelben loderten auf einmal flammenhell, grüne leuchteten golden, blaue beinahe grün… Vage erinnerte er sich an die alte Geschichte über eine »Rotverschiebung« im Licht herannahender Gestirne, aber hier hatte er das Phänomen direkt vor sich – ein Schauspiel, das wahrscheinlich noch nie ein Menschenauge erblickt hatte. Ein Schauspiel, das überhaupt noch niemand erblickt hatte, Mensch oder nicht – denn die Lhari konnten es ja nicht wahrnehmen…
    »Zeit«, meldete er Vorongil knapp, »fünfzehn Sekunden.« Rugel sah von seinem Sitz aus mit freundlich prüfendem Gesichtsausdruck zu ihm herüber. Bart spürte, daß das alte Narbengesicht

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