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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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zu überbringen hatte.
    Der angegebene Treffpunkt lag nicht weit vom Raumhafen entfernt. Es handelte sich um einen großzügigen Besitz am Rande eines Sees, den der Sonnenuntergang in leuchtenden Farben erglänzen ließ – rot, indigo, violett – und der von einer niedrigen, purpurroten, gläsern schimmernden Mauer umgeben war. An einer Art Schilderhäuschen wurde er von einem verhutzelten kleinen Mann angehalten, der ihn argwöhnisch betrachtete. Bart wagte nicht, in seiner eigenen Sprache zu sprechen. In der Raumsprache stellte er sich vor: »Mein Name ist Bartol. Ich glaube, ich werde erwartet.«
    Der Mann betrachtete ihn mit düsterem, skeptischem Blick und drückte auf die Knöpfe einer Gegensprechanlage. Bart konnte nicht verstehen, was er sagte, doch als er aufsah, hatte er einen überraschten Gesichtsausdruck. »Jawohl, Mister Montano«, sprach er in das Gerät, bevor er Bart zunickte. »Gehen Sie hinauf.« Auf einen Knopfdruck öffnete sich die pupurfarbene Wand. Bart trat langsam durch die Öffnung und spürte dabei, wie sein schwer herabfallendes Cape hinter ihm im Rhythmus seiner sonderbar kraftvollen Lhari-Gangart ausschwang, während sich die Blicke des Mannes neugierig in seinen Rücken bohrten. Er zwang sich zu einem würdevollen Schrittempo, obwohl er lieber gerannt wäre.
    Den Gang entlang. Eine schwarze, marmorglänzende Treppe hinauf. Eine Tür ging auf und wieder zu, schloß den roten Sonnenuntergang aus und ließ ihn ein in einen Raum, der ihm nach vielen Monaten unter Lhari-Beleuchtung sehr düster vorkam. Drei Männer befanden sich im Zimmer, doch seine Augen wurden sofort auf den gelenkt, der an einem altmodischen Kamin lehnte.
    Er war sehr groß und sehr dünn, und trotz seines jugendlichen Aussehens trug er schneeweißes Haar. Barts erster absurder Gedanke war, daß er einen besseren Lhari abgeben würde als er selbst. Er hatte feurige, durchdringende Augen, und als er mit forschem, herrischem Schritt auf ihn zutrat, wurde Bart sofort klar, daß dieser Mann die Verantwortung trug; die übrigen waren nur seine Helfer.
    »Du bist Bartol?«
    »Das ist richtig.«
    Urplötzlich stand der Weißhaarige unmittelbar vor ihm und streckte ihm die Hand wie zur Begrüßung entgegen. Bart ergriff sie – und war im Nu in einem Judogriff gefangen, flankiert von den anderen beiden. Mit groben Händen tasteten sie seinen gesamten Körper ab.
    »Keine Waffe«, meinte der eine.
    »Hört mal – « begann Bart.
    »Spar dir das. Wenn du der richtige Mann bist, wirst du uns verstehen«, meinte der Große. »Solltest du aber der falsche sein, dann wirst du nicht sehr viel Zeit haben, das zu bedauern. Wir machen einen überaus simplen kleinen Test. Welche Farbe ist das?« Er deutete auf ein niedriges Sofa.
    »Grün.«
    »Und das?«
    »Ein dunkleres Grün mit einer rotgoldenen Figur.«
    Die Männer gaben ihn frei; der Weißköpfige lächelte. »Du hast es also tatsächlich geschafft, Steele! Ich hatte ganz sicher angenommen, daß die Code-Nachricht sich als Falle herausstellen würde!« Er trat zurück und betrachtete Bart von Kopf bis Fuß, wobei er einen anerkennenden Pfiff hören ließ. »Raynor Drei muß ein wahres Genie sein! Die Klauen und das ganze Drum und Dran! Aber trotz allem: was für ein wahnsinniges Risiko! Ich muß bekennen, daß ich mich nicht darauf eingelassen hätte!«
    »Sie kennen meinen Namen – aber wer sind Sie?«
    In den dunklen Augen keimte wieder Argwohn auf. »Bedeutet dein Mentorianercape, daß sie dich erwischt haben? Haben sie dein Gedächtnis gelöscht?«
    »Nein«, erwiderte Bart, »es ist viel einfacher. Ich bin nicht Rupert Steele. Ich bin – « Seine Stimme versagte einen Moment. »Ich bin sein Sohn.«
    Überraschung und Schock zeichneten sich auf dem Gesicht des Mannes ab. Er sagte leise: »Vermutlich heißt das, daß Rupert tot ist. Tot! Es kam demnach ein wenig früher, als er erwartet hatte. Du bist also Bart.« Er seufzte auf. »Ich heiße Montano. Das ist Hedrick – « Er deutete auf einen untersetzten kleinen Mann, der offensichtlich vom Aldebaran stammte. »Und wahrscheinlich wirst du Raynor Zwei erkennen.«
    Bart kniff die Augen zusammen. Es frappierte ihn, das mürrische Gesicht von Raynor Eins, überlagert vom gleichen, aber doch wieder ganz anderen liebenswürdigen Gesicht von Raynor Drei an einer weiteren Person zu entdecken. Raynor Zwei sah streng und gefährlich aus.
    »Setz dich doch«, meinte Montano mit einer einladenden Geste, »mach es dir

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