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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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zurückgesteckt hatte und die Gefahr vorüber war, überfiel ihn erneut das Zittern.
    »Man kann es nur als Glücksfall bezeichnen, daß ich nicht zuerst geschossen und dann Fragen gestellt habe«, erklärte Montano. Er machte einen tiefen Atemzug und ließ sich dann auf dem Betonboden nieder. »Auf jeden Fall sind wir hier sicher. Es wird noch ungefähr eine halbe Stunde dauern, bevor die Strahlung ihre tödliche Intensität erreicht. Die Wirkungsdauer ist jedoch nur sehr kurz, nur zwölf Minuten. Wenn wir uns hier eine Stunde aufhalten, reicht es. War es schwierig, das Strahlungsmeßgerät außer Betrieb zu setzen?«
    »Nicht besonders«, erwiderte Bart wortkarg.
    In einer halben Stunde würden sie also alle tot sein. Ringg, Rugel, Captain Vorongil. Zwei Dutzend Lhari, alle tot, nur damit Montano sein Lhari-Raumschiff zum Herumspielen bekam.
    Und was dann? Weitere Opfer – noch mehr Morde? Würde Montano jeden umbringen, der ihm das Antriebsgeheimnis zu entreißen versuchte? Die Lhari besaßen die Technologie der interstellaren Raumfahrt; vielleicht hatten sie Anspruch darauf, vielleicht auch nicht; möglicherweise waren auch die Ansprüche der Menschheit gerechtfertigt, aber das hier war nicht der richtige Weg. Vielleicht verdienten sie dieses Wissen auch gar nicht.
    Er drehte sich zu Montano um. Der Mann hatte sich zurückgelehnt und pfiff leise vor sich hin. Sein Gefühl sagte ihm, daß er Montano darüber aufklären mußte, daß er nicht in der Lage war, weiterzumachen. Als er anfangen wollte zu sprechen, hielt er abrupt inne. Das Blut gefror ihm in den Adern.
    Wenn ich versuche, mit ihm zu debattieren, komme ich niemals lebend hier raus. Es bedeutet ihm zuviel.
    Kann ich mein Gewissen denn damit beschwichtigen? Bleibe einfach sitzen und laß sie sterben?
    Mit einem Schock kam Bart zu Bewußtsein, daß er eine Waffe bei sich führte: die Energon-Pistole, Teil seiner routinemäßigen Ausrüstung. Montano hatte diese Tatsache offenbar übersehen. Durfte er Montano töten? Selbst, wenn er dadurch zwei Dutzend Lhari rettete?
    Zögernd griff er nach der Strahlenwaffe, schob den Hebel flink nach unten, bis zur Einstellung »einfache Lähmung«. Erstarrt hielt er inne, die Hand unter seinem Umhang verborgen, als Montano in seine Richtung sah.
    »Wieviel Lhari befinden sich an Bord?«
    »Dreiundzwanzig, und drei Mentorianer.«
    »Besteht die Möglichkeit, daß sich jemand im geschützten Bereich aufhält, zum Beispiel im Kommandoraum?«
    »Nein, ich glaube, sie sind alle draußen.«
    Montano nickte unbeteiligt: »Dann brauchen wir uns ja keine Sorgen zu machen.«
    Bart ließ seine Hand zur Waffe gleiten. Montano, der die Bewegung beobachtet hatte, neigte fragend den Kopf. Als sich Begreifen auf seinem Gesicht zeigte, griff er seinerseits blitzartig zur Waffe, aber Bart hatte bereits den Abzug gedrückt; Montano sackte ohne einen Laut zusammen. Er lag so leblos dort, daß Bart der Atem stockte: war er etwa tot? Hastig suchte er an dem schlaffen Handgelenk nach dem Pulsschlag. Nach einem endlosen Augenblick bemerkte er, wie sich Montanos Brust hob, und es war offensichtlich, daß der Mann flach atmete.
    Nun, Montano war hier im Bunker sicher. Hastig blickte Bart auf die Uhr. In einer weiteren halben Stunde war die tödliche Strahlungsintensität erreicht – für die Lhari. War es für ihn jetzt schon zu spät? Mit zittrigen Fingern öffnete er die Tür. Er rannte hinaus in die blendende Helligkeit, beobachtete im Laufen, wie sich der dunkle Goldton des Indikationsstreifens ständig weiter vertiefte… Montano hatte behauptet, es gäbe einen Sicherheitszeitraum – aber was war, wenn er sich geirrt hatte? Vielleicht war alles, was er noch erreichen konnte, sein eigener Tod! Er hastete die Bunkerzeile entlang; sein Herz klopfte im Takt der eilenden Füße. Zwei Bordkameraden kamen ihm entgegen, junge Weißschöpfe, Leute aus der anderen Schicht. Er japste: »Wo ist der Captain?«
    »Dort hinten! Was ist los, Bartol?« Aber Bart war schon wieder weg. Seine Muskeln schmerzten vor ungewohnter Anstrengung im Schwerkraftbereich, doch er legte noch einmal zu, als er die hochgewachsene, asketische Gestalt des Captains entdeckte, mit seinem betreßten Cape, das sich dunkel gegen das grelle Licht abzeichnete. Durch das Fußgetrappel aufmerksam geworden, blickte sich Vorongil um.
    »Die Kristallwesen haben sich alle verzogen! Bartol – mein lieber junger Freund, was ist denn los?«
    Innerhalb der letzten paar Minuten hatte sich

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