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Die Farben des Alls

Die Farben des Alls

Titel: Die Farben des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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vorüberziehender Stern in der Sichtluke. Er verglühte in grüner Finsternis, verschwand, und Bart versank in der unendlichen Tiefe einer Sternenlosen Nacht.
    Als er erwachte, spürte er die erdrückende Kraft der Beschleunigung auf seiner Brust. Er versuchte, sich zu bewegen, wobei er entdeckte, daß er fest in eine Koje geschnallt war. Und wieder umfing ihn die Ohnmacht.
    Plötzlich war der Druck weg; er lag entspannt in den weichen Laken einer Koje des Schiffslazaretts. Seine Augen waren von einem leichten Verband bedeckt, und in seinem linken Arm fühlte er einen scharfen Schmerz. Bei dem Versuch, ihn zu bewegen, mußte er feststellen, daß er angebunden war.
    »Ich glaube, er wacht auf.« Das war Vorongils Stimme.
    »Ja, und viel zu früh, wenn ihr mich fragt«, war eine bittere Stimme zu vernehmen, die Bart als die des Schiffsarztes identifizierte. »Mißgeburt!«
    »Hör zu, Kahlkopf,« sagte Vorongil, »wer er auch sein mag – er hätte sein Augenlicht verlieren oder umgebracht werden können. Du würdest ohne diese Mißgeburt, wie du ihn bezeichnest, gar nicht mehr am Leben sein. Bartol, kannst du mich verstehen? Kannst du – wieviel Licht können deine Augen vertragen?«
    »Soviel wie die der Mentorianer«, erwiderte Bart. Er bemerkte, daß sein rechter Arm Bewegungsfreiheit hatte, und schob den Verband zur Seite. Vorongil und der Arzt standen über ihn gebeugt; in der anderen Koje lag eine Gestalt, die von einem weißen Laken bedeckt war. Widerwillig fragte sich Bart, ob sie wohl Montano gefunden hatten. Vorongil folgte seiner Blickrichtung.
    »Ja«, meinte er, mit gramerfüllter Stimme, »der arme alte Rugel ist tot. Er hat nicht viel von der Strahlung erwischt, aber sein Herz hat es nicht ausgehalten.« Er beugte den Kopf. »Er hat schon im Dienst all seine Haare verloren, als ich noch einen kräftigen Haarschopf besaß«, erzählte er in tiefer Trauer. »Er war Offizier auf meinem allerersten Raumschiff.«
    Bart ahnte, wie nahe es ihm ging – obwohl ihn seine eigene Angst gefesselt hielt. Er sah an seinem linken Arm hinunter. Der Arm wurde von einer Schiene gehalten, und eine Flüssigkeit tropfte langsam in die Vene. Vorongil nickte mit dem Kopf. »Ich schätze, du fühlst dich ziemlich miserabel«, meinte er. »Du hast eine gehörige Strahlendosis erwischt, aber wir haben dir mehrere Bluttransfusionen gegeben; glücklicherweise hatte einer der Mentorianer deine Blutgruppe. Du bist gerade noch davongekommen.«
    Der Arzt blickte mit kaum verhohlener Neugier auf ihn herab. »Phantastisch«, erklärte er. »Wahrscheinlich hast du nicht die Absicht, mir zu verraten, wer dein Aussehen verändert hat. Ich gebe zu, daß ich es nicht glauben konnte, bis ich mir deine Fußknochen unter dem Fluoroskop angesehen hatte.«
    Vorongil sagte leise: »Bartol – ich nehme an, das ist nicht dein richtiger Name –, warum hast du es getan?«
    »Ich konnte doch nicht einfach zuschauen, wie Sie alle sterben, Sir«, antwortete Bart; aber er erwartete nicht, daß man ihm glaubte. »Weiter nichts.«
    Der Arzt mischte sich in hartem Ton ein: »Es ist nur ein Trick, Sir. Ein Trick, um unser Vertrauen zu erschleichen!«
    »Weshalb sollte er sonst sein eigenes Leben aufs Spiel setzen?« fragte Vorongil. »Nein, es ist mehr als das.« Er zögerte. »Wir haben vor unserem Aufbruch die Bunker durchsucht, in Strahlenschutzanzügen. In einem fanden wir einen Mann.«
    »Habe ich – war er tot?« flüsterte Bart.
    »Nein«, sagte Vorongil ruhig.
    »Gott sei Dank!« Die Erleichterung kam von Herzen. Und dann, ahnungsvoll: »Oder – habt ihr ihn getötet?«
    »Wofür hältst du uns?« bemerkte Vorongil ungläubig. »Für blutrünstig? Aber nein. Inzwischen haben ihn sicherlich seine eigenen Leute entdeckt. Ich glaube nicht, daß er auch nur die Hälfte von deiner Strahlendosis erwischt hat.«
    Bart betrachtete die Nadel an seinem Arm. »Warum geben Sie sich solche Mühe, wenn ich sowieso aus dem Weg geschafft werden soll?«
    »Du mußt ja eine eigenartige Vorstellung von uns haben«, meinte Vorongil kopfschüttelnd. »Das wäre wirklich eine reizende Art, uns dafür zu bedanken, daß du uns allen das Leben gerettet hast. Nein, wir werden dich nicht umbringen.«
    »Wenn ich was zu sagen hätte – « begann der alte Bordarzt, worauf Vorongil ganz unvermittelt die Beherrschung verlor. »Das ist mein Schiff, und hier befehle immer noch ich! Es hängt mir zum Hals heraus, mir ständig anhören zu müssen, was Sie mit ihm machen würden!

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