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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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hörte, blickte er auf.
    Weilt stand in der Tür. »Ser?«
    »Ja, Weilt … komm nur herein.« Cerryl deutete zum Stuhl. »Setz dich, deine Füße müssen ja ganz wund sein.«
    Der blonde Bote sah sich ängstlich in der Wachstube um, beugte sich vor und murmelte: »Ser … Ihr müsst vorsichtig sein.«
    Cerryl runzelte die Stirn. »Ich versuche eigentlich immer, vorsichtig zu sein.« Auch er sprach leise.
    »Es ist nicht im Südwestviertel, Ser«, flüsterte Weilt. Dann richtete er sich wieder auf und sagte lauter: »Wäre das dann alles, Ser Magier?«
    Cerryl schluckte, ehe er antworten konnte. »Äh …« Auch er sprach jetzt lauter. »Ja, das wäre alles, Weilt.«
    »Danke, Ser.« Weilt ging rasch hinaus.
    »Ich soll vorsichtig sein …«, murmelte Cerryl. Und es ist nicht im südwestlichen Viertel … Was hatte das zu bedeuten? War es ein Hinweis, der mit seinen Nachforschungen über die Druidenseide zusammenhing? Aber warum sollten deshalb irgendwelche Leute schlecht auf ihn zu sprechen sein? Andererseits hatte auch Isork zur Vorsicht gemahnt. Wo hatte Weilt nur aufgeschnappt, was er flüsternd weitergetragen hatte? Cerryl lächelte. Er konnte sich gut vorstellen, dass Botenjungen häufig vertrauliche Bemerkungen aufschnappten.
    Dann runzelte er die Stirn.
    Wie bei so vielen Dingen in Fairhaven steckte auch hier mehr dahinter, als auf den ersten Blick offenbar wurde. Er musste so bald wie möglich mit Leyladin sprechen, denn abgesehen von Myral und Kinowin war sie die Einzige, der er traute. Myral war jedoch hinfällig und Kinowin war Isorks Vorgesetzter. Also blieb nur Leyladin. Und doch … er hatte Angst, sie zu sehr in die Intrigen hineinzuziehen.

 
XXXIX
     
    C erryl trat aus dem Vorraum und stieg die Treppe zum gepflasterten Gehweg neben der Hauptstraße hinunter. Im kalten Regen, der mit jedem Schritt heftiger zu fallen schien, ging er nach Norden. Er wollte all die Warnungen, die er erhalten hatte, nicht unbedingt in den Hallen der Magier diskutieren, wo allzu viele Ohren mithören konnten, und hatte Leyladin am vergangenen Abend gefragt, ob er nach seiner Schicht bei ihr vorbeischauen dürfe. Sie hatte es ihm lächelnd erlaubt.
    »Du hast völlig übersehen, dass es regnen würde«, murmelte er zu sich selbst. Vor ihm standen die bunten Marktkarren der kleinen Händler, halb vom Regen verschleiert und halb von den Dunstschwaden eingehüllt, die vom warmen Pflaster aufstiegen. Er sah sich aufmerksam um und bemühte sich, trotz der Kopfschmerzen, die ihm der Herbstregen bescherte, in seiner Konzentration nicht nachzulassen. Südlich des Platzes bog er nach Westen ab. Irgendjemand beobachtete ihn – nicht mit einem Spähglas, doch auf sehr ähnliche Weise. Cerryl spürte die Aufmerksamkeit, die auf ihn gerichtet wurde, während er die Mauer neben dem Haus zu seiner Rechten betrachtete.
    Eine verschwommene Gestalt, halb von einem Baumstamm verborgen, stand weniger als dreißig Ellen entfernt an der Ecke. Die Gestalt hielt etwas in den Händen … einen Bogen?
    Unvermittelt und so schnell wie möglich ließ Cerryl rings um sich einen Schutzwall aus Chaos-Feuer wachsen – oder versuchte es wenigstens – und wollte näher zur Mauer hinüberspringen, wo ihn der Bogenschütze hoffentlich nicht so genau ins Visier nehmen konnte. Doch er stolperte und fiel auf die Knie.
    Dann zuckte ein Schmerz durch seine linke Schulter.
    Immer noch ein halbes Dutzend Ellen von der Mauer entfernt auf den Knien hockend, versuchte er, das Brennen des schweren Pfeils im Arm zu unterdrücken. Er konzentrierte sich auf die blau gekleidete Gestalt, die gerade den nächsten Pfeil einlegte.
    Wut brandete in Cerryl auf und auf die Wut folgte Chaos.
    Zischend verwandelte sich der Bogenschütze in eine Flammensäule, weiße Ascheflocken stoben auf und wurden vom Regen niedergeschlagen.
    Cerryl zwang sich erneut, sich zu konzentrieren, bündelte irgendwie das mit der Ordnung gebändigte Chaos um das Eisen und setzte die geballte Kraft beider Energien ein, um den Pfeil herauszudrücken oder zu zerstören. Weiße Sterne blitzten vor seinen Augen auf, so dass er sie einen Moment schließen musste.
    Doch gleich darauf öffnete er sie schon wieder, schob das Stechen im Arm beiseite und kam taumelnd auf die Beine. Aus der Wunde spritzte das Blut in einem Schwall und besudelte das weiße Hemd und die Hose. Er presste die rechte Hand auf die Wunde und hoffte, den Blutstrom aufzuhalten.
    Er setzte einen Fuß vor den anderen und schlurfte weiter,

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