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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Heilerin lächelte.
    »Setz dich doch einen Augenblick. Ich weiß ja, dass das Heilen harte Arbeit ist.«
    »Nur einen Augenblick. Ich muss noch einmal nach Myral sehen.« Leyladin setzte sich auf den Stuhl mit der geraden Lehne.
    »Wie geht es ihm?«
    Die Heilerin schüttelte den Kopf. »Nicht so gut, wie ich es gern hätte. Der Husten wird jeden Tag schlimmer und er wird schwächer, aber er ist nicht krank. Das Chaos fordert seinen Tribut.« Sie zuckte mit den Achseln. »Er war in den letzten Jahren vorsichtiger als die meisten anderen, aber Weiße Magier leben nicht lange.« Sie sah Cerryl forschend an.
    »Ich versuche es. Ich halte mich an seine Ratschläge.«
    »Du bist neben Kinowin wohl der Einzige, der es tut.«
    »Jeslek geht verschwenderisch mit seiner Kraft um. Dabei hat er es gar nicht nötig; jeder weiß doch, dass er der Stärkste ist.«
    »Männer sind eben so«, meinte Leyladin, doch zugleich hob sie eine Augenbraue und sah Cerryl fragend an.
    »Du …« Cerryl hielt inne und fragte sich, ob sie wusste, dass er es möglichst vermied, seine eigenen Fähigkeiten zur Schau zu stellen.
    »Es ist schwer, einer Heilerin etwas zu verheimlichen.«
    »Das wird mir allmählich klar.« Und außerdem noch einige andere Dinge.
    »Weißt du«, meinte sie leise, »eigentlich bist du gar kein richtiger Weißer Magier.«
    Cerryl runzelte die Stirn.
    »Den meisten Leuten kommst du vor wie ein Weißer, aber du bist es nicht. In dir ist kein Kern von Chaos. Deshalb hat dich die Pfeilspitze aus Eisen auch nicht getötet.« Leyladin lächelte. »Du kannst mit dem Chaos umgehen, aber du kommst auch mit der Ordnung zurecht. Du bist ein Grauer Magier.«
    Cerryl zuckte zusammen. »Sag das bloß niemandem. Du weißt, was Jeslek und Sterol mit mir machen würden, wenn es herauskäme. Ich habe auch so schon genug Schwierigkeiten.«
    »Myral und Kinowin wissen es bereits. Sie werden aber nichts sagen, weil sie dich mögen. Warum glaubst du, geben sie auf dich Acht?«
    »Weil ich nicht ständig versuche, allen möglichen Leuten zu beweisen, dass ich der Meister des Chaos bin.«
    »Das ist sehr vernünftig.« Leyladin streckte sich und stand auf. »Ich fühle mich jetzt besser. Ich muss zu Myral.« Sie kam zum Bett, bückte sich und gab ihm einen Kuss auf den Mund. »Pass nur auf dich auf.«
    »Das werde ich machen.«
    Als die Tür wieder geschlossen war, lehnte Cerryl sich in die Kissen zurück. Eine große Pfeilspitze aus Eisen, ein Angriff auf einen Magier. Er nickte langsam. Wenn so ein Angriff erfolgreich verlief, würde niemand den Bogenschützen ausfindig machen können. Wenn er fehlschlug, blieb vom Bogenschützen nicht mehr genug übrig, um festzustellen, wer ihn bestellt hatte. Das bedeutete, dass ein Magier, den Cerryl wahrscheinlich kannte, dahinter steckte. Cerryl war sich sogar ziemlich sicher, dass er den Namen wusste. Nur den Grund verstand er noch nicht.
    Er holte noch einmal Luft und nahm Über den Stadtfrieden wieder in die Hand. Bisher hatte er noch nicht einmal versteckte Andeutungen auf geschmuggelte und gestohlene Waren gefunden. Da er das Buch inzwischen zum dritten Mal durchlas, würde er wahrscheinlich auch nichts mehr finden, aber es konnte sicher nicht schaden, möglichst viel über die Arbeit der Stadtwache zu erfahren. Außerdem hatte er Schuldgefühle, weil jemand anders seine Schicht übernehmen musste, aber Leyladin und Kinowin hatten darauf bestanden, dass es für alle besser wäre, wenn er sich ein paar Tage erholte.

 
XLI
     
    D er erste Tagesordnungspunkt ist die Ernennung Jesleks zum Erzmagier«, verkündete Kinowin. Er stand allein auf dem mit Goldfäden gemaserten Podium im Ratssaal. »Gibt es irgendein Mitglied der Gilde, das jemand anders für das Amt des Erzmagiers vorschlagen möchte?«
    Während des Schweigens, das darauf folgte, musterte Kinowin die versammelten Magier, die golden schimmernden Eichentische, die mit roten Polstern bedeckten Sitzplätze weiter vorn, die polierten weißen Granitsäulen links und rechts, wo unter roten Wandbehängen noch einige Magier einen Stehplatz gefunden hatten. Schließlich verkündete er: »Da kein anderer Kandidat vorgeschlagen wurde, erkläre ich als Obermagier und Sprecher des Rates den ehrenwerten Jeslek zum neuen Erzmagier.« Der große blonde Magier deutete zur vordersten Reihe und winkte Jeslek zum Podium hinauf.
    Jeslek verneigte sich und richtete sich stolz auf. »Ich danke Euch allen für die Unterstützung.« Auch er ließ jetzt den Blick

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