Die Farben des Chaos
durch den Ratssaal wandern. »Ich möchte zwei Angelegenheiten zur Sprache bringen. Die erste ist eine Ehrenbezeugung. Ich möchte hiermit erklären, dass mein Vorgänger Sterol für die Dienste, die er Fairhaven und der Gilde erwiesen hat, geehrt werden soll, indem sein Bild zu jenen hinzugefügt wird, die den Turm schmücken. Das sind wir einem großen Magier wie ihm schuldig.«
Cerryl und Heralt standen auf der Nordseite in der dritten Reihe und lauschten aufmerksam.
»Zweitens ist dies eine Zeit, in der die Gilde großen Gefahren ausgesetzt ist«, fuhr Jeslek fort. »Die Gefahren mögen manch einem unbedeutend erscheinen. Und doch wurde ein Mitglied unserer Gilde angegriffen – und zwar in Fairhaven und keine zwei Straßen von der Halle der Magier entfernt.«
Cerryl fragte sich, ob Jeslek ihn zum Podium rufen oder seinen Namen verschweigen würde, um den Eindruck zu erwecken, dass es jeden hätte treffen können.
»Einige von Euch wissen bereits, wer angegriffen wurde, einige wissen es nicht. Aber Namen spielen keine Rolle, wenn ein Magier aus unserer Mitte in Fairhaven mit einem Eisenpfeil angegriffen wird. Denn es hätte jeden treffen können …«
Cerryl hätte beinahe laut geschnaubt, aber er hielt sich zurück und ließ sich nichts anmerken, sondern konzentrierte sich auf die zweite Reihe, wo Anya und Fydel saßen. Dort hätte auch Faltar gesessen, wäre er nicht wegen seiner Abendschicht am Tor einer der wenigen, die nicht an der Sitzung teilnehmen konnten.
Myral saß jetzt in der vordersten Reihe, etwas rechts von Anya. Trotz Leyladins Befürchtungen wirkte er recht munter. Am anderen Ende der ersten Reihe, fast direkt vor Cerryl, saß Sterol, der mit kaltem, ironischem Lächeln Jeslek beobachtete.
»Warum nennt er nicht deinen Namen?«, fragte Heralt.
»Es ist wirkungsvoller, wenn er es nicht tut«, antwortete Cerryl.
»Warum ist dies geschehen?«, fragte der neue Erzmagier. »Es ist geschehen, weil Recluce Fairhaven nicht respektieren will und weil die Händler in Spidlar lieber auf die Schwarzen Engel hören und darauf hoffen, ihre Börsen mit Gold zu füllen, das ihnen nicht zusteht.«
»Woher wissen wir, dass dies überhaupt etwas mit Spidlar zu tun hat?«, fragte Disarj.
Cerryl sah sich unauffällig um, bis sein Blick auf Isork fiel, der leicht nickte, nachdem er die Frage des Magiers mit dem zotteligen Haar vernommen hatte.
»Nichts ist sicher«, erwiderte Anya, indem sie sich langsam erhob. »Aber es wurde nicht nur ein Stück blaues Tuch gefunden, sondern auch ein Bogen, wie er von spidlarischen Söldnern gebraucht wird. Einer dieser Söldner hat nicht lange, bevor Cerryl angegriffen wurde, die Stadt betreten. Daher …« Sie zuckte mit den Achseln.
»… war es Cerryl, der …«
»… warum gerade er?«
Jeslek schien einen Augenblick verärgert, aber der Gesichtsausdruck verflog sofort wieder. Cerryl fragte sich, warum Anya seinen Namen genannt hatte, dann nickte er. Sie wollte ihn mit einem Angriff aus Spidlar in Verbindung bringen und den Eindruck verstärken, dass der Anschlag aus jener Richtung gekommen sei, obwohl Cerryl genau wusste, dass dies nicht der Fall war, auch wenn er dafür keine Beweise hatte.
»Das sollten wir nicht auf die leichte Schulter nehmen«, sagte Fydel, der sich jetzt direkt neben Anya erhob, nachdem die Magierin sich wieder gesetzt hatte.
»Wir brauchen weitere Beweise«, rief jemand von hinten, den Cerryl nicht erkannte.
»Was für Beweise verlangt Ihr denn?« Anya drehte sich zum Sprecher herum. »Achttag für Achttag kommen Schwarze Schiffe mit Schwarzen Waren nach Spidlar herein. Achttag für Achttag sträubt sich der Präfekt von Gallos mehr und mehr, die Zölle zu entrichten. Wollt Ihr etwa warten, bis die Lanzenkämpfer von Gallos die Straße der Magier besetzen? Oder bis die Gilde Euer Gehalt nicht mehr zahlen kann?«, erwiderte die rothaarige Frau höhnisch.
»Wie sollen wir mit Spidlar verfahren?«, fragte Disarj.
»Wie wollen wir mit Recluce verfahren?«, fragte etwas weiter vorn ein weiterer Magier, den Cerryl nicht kannte.
»Die Sondersteuer aufheben«, rief ein weiterer anonymer Magier aus der Mitte der Versammlung.
Cerryl hielt sich die Hand vor den Mund, als müsse er husten, doch in Wirklichkeit verbarg er ein Lächeln.
Jeslek fuhr aufgebracht herum. »Wer war das?«
Er erhielt keine Antwort.
»Wenn Ihr verhindert, dass die Spidlarer oder die Schwarzen eine Menge Goldstücke verdienen, so macht Ihr zwangsläufig die Hamoraner
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