Die Farben des Chaos
würde sich die Lage entspannen und Jeslek braucht Zeit, um Goldstücke einzutreiben.«
»Falls es mir überhaupt gelingt, Ferobar zu beseitigen.«
Kinowin lachte. »Das dürfte wirklich nicht schwer sein. Ihr müsst ihn einfach nur beseitigen, nachdem Ihr Hydolar verlassen habt.«
»Nachdem ich Hydolar verlassen habe?«
»Ihr wollt doch sicher nicht, dass die Magier in Eurer Begleitung oder Leyladin angegriffen werden, nicht wahr?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Außerdem … nachdem drei Weiße Magier Hydolar wieder verlassen haben, wird niemand mehr mit Schwierigkeiten rechnen.«
Cerryl nickte. »Eine Illusion?«
»Ja. Anya ist ganz gut darin und sie wird Jeslek gern einen Gefallen tun. Außerdem müsst Ihr dafür sorgen, dass von Ferobar buchstäblich nichts übrig bleibt außer ein paar Ascheflocken.«
»Um Verwirrung zu stiften?«
»Wenn niemand sicher ist, wann er gestorben ist und ob überhaupt, wird Eure Flucht einfacher. Es gibt genug innere Konflikte in Hydlen, so dass niemand so einfach seine Position übernehmen wird. Und schließlich«, fügte Kinowin achselzuckend hinzu, »ist das spurlose Verschwinden eines Vorgängers für jetzige und kommende Herrscher viel beunruhigender als der Tod, denn mit dem Tod rechnen sie ohnehin.«
Cerryl nickte. Der Obermagier hatte durchaus Recht.
»Wann brecht Ihr auf? Morgen?«
»In der Dämmerung.«
»Dann solltet Ihr jetzt Eure Vorbereitungen für die Reise treffen.« Kinowin stand auf. »Da bald der Winter kommt, solltet Ihr eine warme Jacke mitnehmen.«
Cerryl stand auf. »Vielen Dank.«
»Danken könnt Ihr mir, wenn Ihr wohlbehalten zurückgekehrt seid.«
LX
A nya und Fydel, die schon aufgesessen waren, sahen sich im orangefarbenen Licht der Morgendämmerung zu Cerryl um. Cerryl betrachtete seinerseits den großen kastanienbraunen Wallach und das rote und weiße Zaumzeug. Schließlich schluckte er und schwang sich in den Sattel. Er rutschte noch etwas hin und her, aber der Sattel blieb so unbequem und hart, wie er ihn in Erinnerung hatte.
Fydel nickte dem Lanzenreiter zu, der neben ihm auf seinem Rotbraunen wartete. »Lasst uns aufbrechen, Hauptmann Reaz. Wir haben einen langen Ritt vor uns.«
Ein kalter Nordwind fuhr Cerryl in den Rücken, als er den Wallach herumzog, um den beiden Weißen zu folgen. Kinowin hatte Recht gehabt, der Winter stand vor der Tür. Hinter sich hörte er die Lanzenreiter fast im Gleichschritt reiten. Als der Marschzug die Stallungen verlassen hatte, bog er südlich der Halle der Magier auf die Hauptstraße ein.
Cerryl ritt nun neben Anya.
Sie hatten fast schon das Südtor der Stadt erreicht, bevor wieder jemand das Wort ergriff.
»Was auch immer Ihr für Jeslek erledigen sollt«, meinte Anya leise, »ich würde vorschlagen, dass Ihr dabei äußerst erfolgreich und gründlich seid.«
»Das ist meine Absicht«, gab Cerryl ebenso leise zurück.
»Und ich an Eurer Stelle würde mich nicht von meinen Gefühlen für Leyladin beeinflussen lassen, denn schließlich kann es zwischen einer Schwarzen und einem Weißen keine dauerhafte Verbindung geben.«
»Das habe ich auch schon gehört«, erwiderte Cerryl.
»Im Augenblick ist sie nichts weiter als eine gute Freundin.« Weil sie nicht mehr zulassen will.
»Schwarze können als Freunde durchaus nützlich sein, solange man ihnen nicht zu lange den Rücken kehrt. Schwarze, die mit einflussreichen Kommissionären in Verbindung stehen, können sogar noch nützlicher sein, wenn man den Kopf und nicht das Herz sprechen lässt.«
Die Hufschläge hallten auf der Straße, als der Marschzug durchs Südtor ritt. Es war das Tor, an dem Cerryl viel zu lange Dienst getan hatte. Nachdem er in seiner Anwärterzeit Karten von Candar gezeichnet hatte – eine Zeit, die unendlich weit zurück zu liegen schien –, kam es ihm seltsam vor, zunächst nach Westen zu reiten, um nach Hydolar zu gelangen. Doch sie mussten sich auf der Weißen Hauptstraße tatsächlich eine Weile nach Westen bewegen, ehe sie auf einer Nebenstraße in südwestlicher Richtung zum Fluss Ohyde und damit nach Hydolar abbiegen konnten.
»Habt Ihr schon über Myrals große Visionen nachgedacht?«, fragte Anya, nun nicht mehr flüsternd. »Ihr könnt jetzt sehen, wohin sie ihn geführt haben.«
»Ich kenne niemanden, der seinem Tod entgangen wäre«, gab Cerryl zu bedenken. »Myral hat länger gelebt als die meisten anderen Magier und in dieser Hinsicht war ihm sein Wissen zweifellos von Nutzen.«
»Ein paar
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