Die Farben des Chaos
Signal aus, als Leyladin Fydel erreichte.
»Herrin Leyladin, seid Ihr wohlauf?«, fragte der bärtige Magier.
»Ich bin müde und hungrig und mache mir Sorgen, aber sonst geht es mir gut.«
Nach einem zweiten dreifachen Signal rief der Bote eine weitere Botschaft zur Festung hinüber. Seine Stimme zitterte leicht. »Vergesst nicht die Macht Fairhavens und wagt nicht noch einmal, sie herauszufordern, denn sonst könnte Euch der Zorn des Erzmagiers treffen. Ihr seid gewarnt.«
Fydel sah sich zu Anya und Cerryl um.
Cerryl spürte die Schweißtropfen auf der Stirn und im Nacken. Langsam bewegten sich die Felsen unter dem Turm. Wieder brach ein Teil der Felsen in sich zusammen, aber der Turm bebte nur leicht.
Cerryl dachte an Wasser …
Was würde passieren, wenn das Chaos auf Wasser traf? Während er das Chaos in die Felsen unter dem Turm strömen ließ, suchte er einen Grundwasserstrom und leitete ihn aus den tieferen Schichten unter die Felsen, in denen er das Chaos aufbaute. Dort zwang er die Ströme fester und fester zusammen.
Direkt unter dem Turm schien die Erde zu explodieren. Dampf wallte herauf, die Hitze war bis zu den Lanzenreitern zu spüren.
»Reitet!«, rief Fydel. »Lasst uns reiten! Wir sind noch zu nahe!«
Der Boden bebte jetzt heftiger. Mit dumpfem Donnern fielen Steine aus den Mauern des Turms, andere schienen zu zerbröckeln und sich aufzulösen.
Heiße Regentropfen prasselten auf die Magier hernieder.
Falls jemand schrie, so ging sein Schrei im Grollen und Tosen der fallenden, knirschenden Steine unter.
Wieder bebte der Boden.
»Das reicht jetzt«, rief Anya. Sie zog das Pferd rasch herum.
Cerryl schüttelte den Kopf.
»Alles in Ordnung?« Leyladin lenkte ihr Pferd zu Cerryl.
»Wir müssen reiten!«, drängte Fydel.
Cerryl nahm Leyladins Hand. »Ist bei dir alles in Ordnung?«
»Mir geht es gut. Ich bin froh, dich zu sehen.«
»Ich muss noch etwas erledigen. Ich komme später nach.« Falls ich kann.
»Fydel, übernehmt seine Gestalt«, rief Anya.
Leyladin sah verwirrt zu, wie Cerryl ihr die Zügel seines Wallachs reichte und aus dem Sattel rutschte.
»Reite mit ihnen, du musst hier verschwinden.«
»Heilerin!«, rief Fydel.
Cerryl taumelte zum Straßenrand. Er konnte selbst nichts mehr erkennen, als er die Lichtschilde aufbaute, um sich vor den Hydlenen zu verbergen. Allerdings würden sie bei all dem Staub sowieso nicht viel sehen.
Hinter ihm wurde das Trommeln der Hufe leiser, als Leyladin und die Weißen Lanzenreiter nach Osten ritten, um nach Fairhaven zurückzukehren.
Ein paar heiße Regentropfen gingen rings um ihn nieder. Er leckte sich die Lippen und bemühte sich, nicht zu husten. Warum schickten sie den Lanzenreitern keine Reiter hinterher?
Er ließ die Sinne zu den schweren Toren wandern und musste lächeln. Anya und er hatten, ohne es zu bemerken, auch eine Verwerfung in der Zufahrt erzeugt, so dass die Tore sich nur ein Stück weit öffnen ließen.
Der staubige und wund gerittene Magier ging langsam zum Tor. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen und ließ sich von seinen Chaos- und Ordnungssinnen leiten.
Als das Grollen des verschobenen Gesteins verstummte, konnte er im Osten, von ihm aus gesehen links, Schreie und Stöhnen hören. War es wirklich nötig gewesen, den Turm umzuwerfen?
Er presste die Lippen zusammen und ging weiter zum Tor.
Ein halbes Dutzend Pferde kamen heraus, wurde aber bald wieder gezügelt.
»Die Bastarde … verschwunden …«
»… keine Lust, sie mit nur einem halben Zug zu scheuchen.«
»… keine mehr hier?«
Cerryl schlich neben der Zufahrt so leise wie möglich weiter. Er wollte nicht mit den Stiefeln Staub aufwirbeln und die Wirkung der Lichtschilde gefährden, aber die Lanzenreiter schauten ohnehin nur nach Norden.
»… Ställe zerstört … eine Menge Pferde … diese Weißen Dämonen!«
Cerryl schob sich um die noch warmen, versengten Tore herum und folgte dem Bogengang hinter den Toren. Ein Dutzend Bewaffnete standen am anderen Ende und bückten teils zu den Lanzenreitern auf der Zufahrt hinaus und teils nach Osten zu den umgestürzten Mauern und den Trümmern des Turms.
Unsichtbar hinter dem Lichtschild, tastete sich der junge Magier weiter zum offenen inneren Tor. Direkt vor dem Tor blieb er stehen und presste sich an die Mauer, als im dunklen Bogengang lautes Hufgeklapper ertönte. Ein weiterer Zug Lanzenreiter ritt an ihm vorbei. Der letzte Reiter kam ihm so nahe, dass er ihn hätte berühren können,
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