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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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die Frühschicht am Nordtor übernehmen. Es kommt etwas früher, als mir lieb ist, aber Bealtur, Heralt und Myredin werden auf der nächsten Ratssitzung zu vollwertigen Magiern bestellt werden – das wird bereits in einem Achttag sein.«
    Heralt und Bealtur kannte Cerryl recht gut, Myredin kannte er nur vom Sehen und aus einigen beiläufigen Gesprächen, die sich in den letzten paar Achttagen ergeben hatten.
    »Heralt übernimmt die Nachmittagsschicht. Er ist der Zuverlässigste.« Der Obermagier sah Cerryl noch einmal scharf an. »Ihr kennt diese Männer. Was meint Ihr?«
    »Myredin kenne ich nicht gut genug. Ich weiß allerdings, dass Heralt zuverlässig und vertrauenswürdig ist.«
    »Und wieder habt Ihr Eure Worte mit Bedacht gewählt.« Kinowin lachte. »Ich würde es aber begrüßen, wenn Ihr mit niemandem darüber reden würdet. Die meisten wissen es schon, aber es wäre mir trotzdem lieb, wenn Ihr schweigen könntet.«
    »Ja, Ser.« Schweigen war sowieso meist das Beste, was man tun konnte, und ganz sicher traf dies zu, wenn man von einem Obermagier darum gebeten wurde. Nein, wenn man von Kinowin darum gebeten wurde, berichtigte Cerryl sich in Gedanken.
    »Seid Ihr immer noch aufgeregt wegen der alten Bäuerin?«
    »Ja.« Cerryl überlegte einen Augenblick und fügte hinzu: »Ich weiß, dass wir uns an die Gesetze halten müssen. Ich wollte sie warnen, dass sie eine Plakette brauchte.« Er hielt inne und räusperte sich. »Was mich so gestört hat, war die Tatsache, dass sie einfach nicht hören wollte. Es ist ja nicht so, dass die Gesetze neu wären. Aber sie wollte einfach nicht hören und hat dann sogar noch einen Wächter mit dem Messer bedroht, also musste ich sie zu Asche verbrennen.«
    »Es gibt überall Gesetze«, sagte Kinowin langsam. »Wir haben Gesetze, Hamor hat Gesetze, sogar Recluce hat Gesetze. Kein Land kann existieren, wenn es keine Gesetze hat und keine Bürger, die sich an die Gesetze halten. Ohne Gesetze gäbe es Raub und Mord und Unrat auf den Straßen. Aber in jedem Land finden sich Menschen, die glauben, die Gesetze würden für sie nicht gelten. Manche haben so viel Geld, dass sie versuchen, sich einen Ausweg zu erkaufen, damit sie die Gesetze nicht befolgen müssen. Manche haben Bewaffnete und manche sind wie die alte Frau.« Der große Obermagier stand unvermittelt auf und ging zum Fenster, ohne ein weiteres Wort zu sagen, als müsse er sich überlegen, wie er fortfahren wollte.
    Die Luft draußen war frisch und klar. Cerryl konnte hinter Kinowins Profil das tiefe Purpur des frühen Abendhimmels sehen.
    »Auch die Gilde hat ihre Gesetze. Wir sind der Weiße Orden und doch … auch hier sind manche nicht bereit, sich an die Gesetze zu halten.« Kinowin drehte sich wieder um. »Sterol hat Euch erklärt, wie schwer es für einen Außenstehenden ist, ein Weißer Magier zu werden. In gewisser Weise könnt Ihr – genau wie ich und aus den gleichen Gründen und viel besser als jene, die in unserer Krippe aufgewachsen sind – verstehen, warum die Ordnung so wichtig ist. Aber weil in Recluce die Schwarzen herrschen, genießt die Ordnung hier in Fairhaven einen schlechten Ruf.«
    Cerryl wartete fast atemlos darauf, dass Kinowin weitersprach. Er fürchtete, der ältere Magier würde seine Gedanken für sich behalten, wenn er ihn unterbrach. Er musste immer noch an die alte Frau denken, auch wenn ihm klar war, dass er sich in seiner Position als junger Magier im Wachdienst am Stadttor nicht anders hätte verhalten können.
    »Es gibt viele Wege, die Ordnung zu hintertreiben. Die Verlockungen von Sex oder Macht oder der verzweifelte Wunsch, geachtet zu werden … all dies kann einen Menschen korrumpieren. Wer von uns wünscht sich nicht, geliebt und geachtet zu werden und Macht zu besitzen?« Der Obermagier lachte. »Wenn jemand Euch erzählt, dies alles kümmere ihn nicht … dann behaltet ihn sehr genau im Auge.«
    »Äh … ja, Ser.«
    Kinowin drehte sich wieder herum. »Elsinot wird an dem Tag, an dem die neuen Magier bestellt werden, Eure Schicht am Tor übernehmen. Ich werde Euch nach vorn rufen, damit Ihr erzählen könnt, was Ihr mit der alten Frau erlebt habt. Zieht es nicht in die Länge. Erzählt es knapp, aber bleibt bei der Wahrheit. Habt Ihr verstanden?«
    »Ich werde da sein, Ser. Auch wenn ich den Grund nicht verstehe.«
    Ein hämisches Lächeln breitete sich in Kinowins Gesicht aus. »Lasst uns einfach sagen, dass ich es für notwendig erachte, einigen unserer Brüder zu

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