Die Farben des Chaos
wahr?«
»Ja.«
»Genau wie alle anderen Magier. Die Weißen Lanzenkämpfer bekommen ihre Kupfer- und Silberstücke, dann die Maurer, die Köche, die Kutscher … und alle geben einen Teil wieder aus. Auf die Ausgaben werden Steuern erhoben und so kommt ein Teil des Goldes wieder herein.«
Cerryl nickte. Das konnte er verstehen.
»Woher beziehen wir also mehr als fünfhundert Goldstücke in einem Achttag?«
»Aus den Steuern auf die Geschäfte der Kommissionäre, Händler und Handwerker?«
»Woher sonst? Es gibt weit mehr Bauern und fliegende Händler, aber wie soll man bei denen die Steuern eintreiben?«
Auch das konnte Cerryl verstehen.
Myral trank einen großen Schluck vom heißen Apfelwein, hielt den Becher direkt unter das Kinn und ließ den Dampf eine Weile über sein Gesicht streichen, ehe er fortfuhr. »Fairhaven ist mehr als eine Stadt, aber doch nicht ganz ein eigenes Land. Das ist seine Stärke und zugleich auch seine Schwäche. Wir treiben nicht von Grundbesitzern den Zehnten ein, wie es der Fürst von Lydiar oder der Vicomte von Certis tun. Wir müssen besteuern, was an Waren in der Stadt verkauft wird, wir müssen uns an denen schadlos halten, die Waren liefern oder wegbefördern. Aber wir dürfen natürlich nicht die Händler vertreiben. Dies muss Sterol oder wer immer seinen Posten innehat, stets berücksichtigen.« Myral zuckte mit den Achseln. »Händler sollen ein Zehntel ihres Reingewinns an Steuern bezahlen, nachdem sie die Einkaufspreise ihrer Waren und die Löhne ihrer Helfer abgezogen haben. Außerdem bezahlen sie für die Plaketten ihrer Wagen …«
»Niemand bezahlt mehr als vier Goldstücke pro Jahr für einen großen Wagen«, wandte Cerryl ein. »Das ist für einen wohlhabenden Händler keine große Summe.«
»Sie sind natürlich anderer Meinung. Sie jammern über jedes Goldstück und verlangen andererseits, die Gilde möge die Straßen für alle Händler sperren, die nicht aus Fairhaven stammen.«
»Vielleicht sollte die Gilde mehr für die Waren verlangen, die von auswärts kommen.«
Myral schüttelte den Kopf. »Das ist nicht möglich und auch nicht notwendig. Viele Händler verkaufen große Mengen Waren an die Kommissionäre in Fairhaven, und die bezahlen ihrerseits Steuern auf die Waren. Wer die Straßen benutzt, ohne nach Fairhaven zu kommen, bezahlt ebenfalls Gebühren, aber das ist nur die Hälfte eines Zehntels und gilt nur für diejenigen, die mehr als zweihundert Goldstücke im Jahr umsetzen. Die kleineren Händler, die auf den Plätzen stehen, müssen Plaketten kaufen, und deren Münzen und Waren bekämen wir sonst hier nie zu sehen.«
Cerryl überlegte. »Und teure Waren wie die Druidenseide werden über die Kommissionäre vertrieben und dort besteuert.«
»Das stimmt, aber sehr oft geschieht es nicht.« Myral rückte die weiße Wolldecke auf seinen Beinen zurecht.
»Wie steht es mit Gold und Schmuck?«
»Hin und wieder kommen Lieferungen, aber die meisten trauen sich nicht, solche kostbaren Waren in Karren zu befördern.« Myral lächelte. »Und nur wenige würden es wagen, Druidenseide zu transportieren, wenn die Tyrannin von Sarronnyn die Ware nicht so teuer machen würde.«
Cerryl hob die Augenbrauen.
»Druidenseide wird an zwei Orten gehandelt – einmal an den Handelsplätzen östlich der Steinhügel und zum anderen in Diehl. Die Hälfte geht nach Sarronnyn, und wer Geld und Schiffe hat, darf sich in Diehl um den Rest streiten. Die Druiden verkaufen an niemanden, der direkt aus Fairhaven kommt.« Myral zuckte mit den Achseln. »Sie wissen, wer die Wahrheit sagt und wer nicht, und treiben mit einem, der sie getäuscht hat, keinen Handel mehr.«
»Dann ist Druidenseide hier also sehr, sehr teuer?«
»Falls man den Stoff überhaupt bekommt, ja. Dies sollte Euch alles über Druidenseide sagen oder sogar mehr als genug.«
Mehr als genug? Was will er mir jetzt zu verstehen geben? Cerryl räusperte sich. Wie immer wurde ihm in Myrals engem Zimmer sehr warm. Für den alternden Magier mochte es natürlich immer noch empfindlich kühl sein. »Fairhaven ist sauber und man kann hier das Wasser gefahrlos trinken. Die Straßen sind sicher. Es ist ein guter Ort, man kann hier gut leben.«
Myral lächelte. »Äh … für wen genau ist es ein guter Ort?«
»Nun … für alle, denke ich«, gab Cerryl stirnrunzelnd zurück.
»Denkt nach, Cerryl. Die Leute, die Geld haben … können die sich nicht kaufen, was sie brauchen, wo auch immer sie leben? Was können sie
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