Die Farben des Chaos
es keine Vorschriften, die den Kauf von gestohlenen Waren betrafen – oder von Waren zweifelhaften Ursprungs. Lag es daran, dass man unmöglich den Nachweis erbringen konnte, dass eine Ware gestohlen war? Oder gab es andere Gründe?
Jede Frage warf weitere Fragen auf.
Auf dem Weg zu seinem Zimmer rieb er sich unablässig die Stirn. Wenigstens würde er morgen mit Leyladin zu Abend essen. Vielleicht würde ihm das helfen … auf die eine oder andere Weise. Wenn er nur seine Gedanken ordnen könnte.
XXXVI
E s ist immer ein Erlebnis, hier zu essen.« Cerryl sah Layel an, der links neben ihm saß.
»Du bist zu freundlich, Cerryl.« Leyladin reichte ihm den weißen Porzellanteller mit dem Brot, dann nahm sie sich eine Hähnchenbrust, die in dünne Schinkenstreifen gewickelt, mit Käse überbacken und mit heller Senf-Dill-Soße Übergossen war. Anschließend tat sie Cerryl und sich selbst einige in Butter gedünstete Nussbohnen auf.
»Ich meine es ganz ehrlich.« Cerryl nahm ein Stück Brot und schob den Teller zum glatt rasierten Kommissionär mit dem schütteren Haar hinüber, der schon die Geflügelbrust kostete.
»Danke«, sagte Leyladin.
»Ja, Meridis kocht wirklich gut«, murmelte Layel.
Cerryl nahm sich eine Hähnchenbrust und schnitt eine Scheibe ab. Er biss hinein und musste Layels Einschätzung zustimmen.
»Es ist hervorragend.« Leyladin lächelte. »Und es ist deshalb besonders gut, weil sie wusste, dass Cerryl kommt.«
»Oder eher, weil du wolltest, dass es besonders gut wird«, wandte Cerryl ein.
»Es spielt keine Rolle, warum es gut ist«, meinte Layel.
Cerryl nahm sich noch vom Geflügelfleisch und aß es nickend, dann widmete er sich den Bohnen und dem Brot.
»Aber ich sollte unbedingt Meridis wissen lassen, dass sie gelobt worden ist«, erklärte Leyladin.
»Das wirst du doch sowieso tun«, meinte ihr Vater. »Du sagst es ihr immer, wenn dir etwas besonders gut geschmeckt hat.«
»Oh, sie sagt also immer frei heraus, was sie mag?«, fragte Cerryl, indem er die rötlich blonde Heilerin angrinste.
»Hat sie es Euch noch nicht wissen lassen, junger Magier?«, meinte Layel lachend. »Wenn nicht, dann wird sie es schon noch tun.«
»Die Frage ist nur, ob Seide und Schmuck … oder ob Kräuter und Tränke?«
»Seide?« Leyladin hob die Augenbrauen.
»Sie hat in der letzten Zeit nicht viel Bedarf an Seide gehabt«, warf Layel ein.
Leyladin runzelte die Stirn und Layel lachte leise. »Tochter, was war … nun ja … das war …«
Nach einem kurzem Schweigen ergriff Cerryl als Erster wieder das Wort. »Einmal, ich war noch Magier-Anwärter, habe ich ein paar Tücher aus Druidenseide auf dem Markt gesehen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe den Fehler gemacht, nach dem Preis zu fragen. Jedenfalls war es für einen Anwärter ein Fehler, diese Frage zu stellen.«
»Das wäre für die meisten Leute ein Fehler«, sagte Layel. »Andererseits kommt es mir seltsam vor, dass Druidenseide auf einem ganz gewöhnlichen Markt angeboten wurde.«
»Ich habe es einige Male gesehen, aber nicht sehr oft und inzwischen schon seit Jahren nicht mehr«, erwiderte Cerryl vorsichtig. »Weiß jemand etwas darüber, wie Druidenseide hergestellt wird?« Er trank einen kleinen Schluck Weißwein und wartete.
»Die Druiden in Naclos stellen sie her, wie ich hörte«, antwortete Layel. »Sie verkaufen aber nur nach Recluce und an ein paar Händler aus Sarronnyn. Daher können wir den Stoff nur von dort beziehen.«
»Ihr habt hier aber seidene Tücher an den Wänden hängen …«
»Das ist gewöhnliche Seide, keine Druidenseide«, wandte Leyladin lachend ein. »Die ganze Seide im Haus ist bei weitem nicht so viel wert wie ein einziges Nachthemd aus Druidenseide.«
»Was natürlich nur die Seidentücher an den Wänden einschließt«, fügte Layel hinzu. »Die seidenen Nachtgewänder sind ausdrücklich ausgenommen.« Er lächelte seine Tochter liebevoll und mit funkelnden Augen an.
Leyladin errötete. »Ich trage sie doch gar nicht mehr oft.«
Layel hob die Augenbrauen. »Das stimmt allerdings. Vielleicht sollte ich sie zu Hemden und Hosen umarbeiten lassen.«
»Vielleicht«, meinte Leyladin.
»Oder vielleicht sollte ich sie deiner Nichte schenken, wenn sie alt genug ist.«
»Vater, ich habe den Verdacht, dass du mich wütend machen willst.« Leyladin reichte ihrem Vater lächelnd die Platte mit dem Geflügel. »Nimm doch noch vom Huhn.«
»Wenn Druidenseide so kostbar ist«, grübelte Cerryl weiter,
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