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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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entdeckt«, sagt er leise.
    »Halte ich mich selbst für einen religiösen Menschen?« Er stützt sich auf seinen Stock und blickt an seinem schmutzigen Priestergewand hinunter. »Ich trage das Gewand noch.« Meine Frage scheint ihn zu verstören. »Ich habe nach Dingen Ausschau gehalten, die mir den Sinn von allem zeigen sollten, junge Dame, nach Ereignissen, die sich durch Gebete oder eine unverwechselbare Stille in meinen Gedanken heraufbeschwören ließen. Nicht Wunder oder Tricks, sondern etwas, das ich früher als religiösen Wandel bezeichnet hätte.«
    Als ich aufstehe, um zu gehen, fällt sein Blick auf meinen Bauch. Er rafft sich auf, zwinkert hinter seinen Brillengläsern, verbeugt sich und tritt zur Seite. »Ich sehe, dass es bald einen Grund geben wird, Ihnen zu gratulieren, Madam. Ich wünsche Ihnen alles Gute.«
    Ich denke an das kleine, undeutliche Zeichen, dort, wo ich durch einen Stellvertreter mein Kreuz in seinem Buch gemacht habe.
    »Das größte Wunder kann aus der winzigsten Veränderung entstehen, Herr Pfarrer«, sage ich. Als ich hinausgehe, lächle ich ihm unwillkürlich zu, denn eine seltsame Zufriedenheit hat von mir Besitz ergriffen.
    »Ich freue mich, das zu hören, Mrs. Blacklock. Es liegt etwas Erquickendes in diesem Gedanken«, sagt er und blickt unwillkürlich wieder auf meinen Bauch. Als er mich verabschiedet, sieht er mich mit einem Ausdruck der Verblüffung an. Ich spüre, dass sein Blick mir folgt, als ich die Straße hinuntergehe.
    * * *
    Ich weiß kaum, wie ich den Weg nach Hause finde. Meine Füße bewegen sich wie von selbst, und mein Herz schwebt darüber, als wäre es ein Vogel, der zu seinem Nest fliegt. Nicht so schwerfällig, lauernd und gierig wie Krähen oder Raben, sondern flügelschlagend und segelnd wie eine Heidelerche.
    Meine Gedanken überschlagen sich: Ich bin eine trauernde Witwe, deren Kind ehelich geboren werden wird. Es gibt keinen Grund, meinen grotesk angeschwollenen Leib zu verstecken, und ich muss mich nicht dafür schämen. Das plötzliche Verschwinden der Scham überrascht mich. Die Erleichterung, die ich empfinde, ist so, wie wenn man sich bemüht, einen schweren Korb hochzuheben, und dann zusammenzuckt, weil er so leicht ist wie ein leerer. Ich bin von einer großen Last befreit, und nun kann jeder neue Tag kommen.
    Ich blicke auf das gute Kleid, das ich trage. Ich muss zum Schuster gehen, denn meine geflickten derben Stiefel sehen unter dem Saum dieses Kleides sonderbar und schmutzig aus.
    * * *
    Als ich zur St. Mary the Virgin Church zu Mr. Blacklocks Beerdigung gehe, beginnt die Glocke zu läuten. Die Totenbahre des Bestatters draußen vor der Kirche ist bereits leer.
    Das Kirchenschiff ist schwarz vor Trauergästen. Als ich sehe, wie viele Leute sich hier wie ein Meer von Krähen versammelt haben, komme ich vor Schreck auf der Schwelle ins Stolpern. Wer kann das alles sein? Ganz hinten entdecke ich Mrs. Spicer in einem schwarzen Krepphut, außerdem den Kaufmann aus der Cannon Street mit seiner Ehefrau. Ich begreife, dass auch viele Kunden anwesend sein müssen, vornehm aussehende Leute, Berufskollegen, Bekannte. Mr. Boxall nimmt mich am Ellbogen und geleitet mich zu einer Bank vorne im Kirchenschiff. Auf dem Weg starren mich die Leute von der Seite an, und während der Predigt, der ich kaum folgen kann, spüre ich ihre scharfen Blicke in meinem Nacken. Sie wissen es bestimmt noch nicht, oder doch? Alles, was ich tun kann, ist, aufrecht zu sitzen, wie meine Mutter es mir geraten hätte. Hinter mir schnieft Mary Spurren in ihr Taschentuch. Ich kann meine Augen nicht von dem glänzenden Sarg abwenden, den vier starke Männer vor dem Altar anheben und durch das große Portal ins Licht hinaustragen.
    Die strahlende Helligkeit ist vom Summen der Insekten und den Schreien der Schwalben angefüllt, die über den ungleichmäßigen Reihen der Grabsteine hin und her sausen. Um das offene Grab herum ist das Gras mit Gänseblümchen und Ehrenpreis gesprenkelt wie eine ungemähte Wiese.
    »Asche zu Asche«, sagt der Priester fest und ruhig, denn er beerdigt jede Woche Menschen. Und John Blacklocks Körper wird der Erde zurückgegeben, aus der alle Dinge kommen. Ich beobachte, wie der alte Kirchendiener bedächtig mit dem Spaten dunkle Erde von dem Haufen schaufelt, die stetig prasselnd auf den Sargdeckel fällt.
    Als die Zeremonie vorüber ist, dreht sich der Mann neben mir um und spricht mich an. Es ist Mr. Torré, den ich ohne seinen Hut kaum

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