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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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hindurchschieben.
    »Nein«, sage ich. »Ich werde nicht nach Sussex zurückkehren, um dort zu leben.« Und dann lache ich laut auf und sage: »Inzwischen mag ich das Wasser von der Pumpe am Mallow Square zu sehr!« Darüber lächelt sie, und auf ihrem großen, blassen Gesicht breitet sich bei dem Gedanken ein breites Grinsen aus.
    »Und was wirst du jetzt tun?«, frage ich sie. »Du weißt, dass du hierbleiben kannst, unter denselben Bedingungen wie bisher.«
    Sie nickt. »Immer noch jede Menge Dreck hier«, sagt sie. »Aber was ist Dreck anders als Arbeit, und wo Dreck ist, gibt es Arbeit für mich oder jemand anderen.« Sie nimmt ihre Schale, bringt sie in die Spülküche und rumort dort im Schrank herum. »Vom Reden bekomme ich Kopfschmerzen«, murmelt sie und reibt sich den Kopf. An der Tür bleibt sie stehen.
    »Hat mich rausgedrängt, das hat sie«, sagt sie.
    »Wie bitte?«
    »Alice Ebbs. Die Frau, die mein Vater geheiratet hat, nachdem meine Mutter gestorben ist. Ich hab mal gehört, wie sie vor meinem Vater in seiner eigenen Küche rumgekeift hat: ›Dieses große Mädchen, es isst und isst.‹ Ich musste gehen.«
    »Wohin bist du gegangen?«, frage ich neugierig und denke an meine eigene Flucht.
    »Bin direkt hier gelandet. Ich bin nie woanders gewesen, nur hier und in meinem Elternhaus. Schmutzig war es damals. Bis ich gekommen bin.« Und sie sieht sich mit einem Anflug von Stolz um.
    »Ich mach jetzt weiter«, sagt sie und verschwindet mit ihrem Besen und ihrer Kehrschaufel im Flur.
    In der Küche ist es still, nachdem sie gegangen ist. Eine Fliege fliegt durch die offene Tür herein und lässt sich auf meinem leeren Teller nieder. Ich höre den Besen gegen die Stufen stoßen, während Mary Spurren kehrt. Dann schiebe ich meinen Stuhl zurück und gehe zum ersten Mal seit einer Woche in die Werkstatt.
    * * *
    Joe Thomazin sieht überrascht auf, als ich hereinkomme.
    »Guten Morgen«, grüße ich ihn, und er nickt schüchtern, sieht mich jedoch nicht an. Er kauert auf einem Hocker vor dem angezündeten Ofen, trotz des warmen Tages. Ich nehme schwerfällig vor dem Füllgestell Platz und sehe mich um. Ich lege die Hand auf meinen Bauch – das Kind schläft. Sonnenschein flutet durch die Fenster auf die Werkbänke, und als Joe Thomazin aufsteht und unter den Tischen zu kehren beginnt, wirbelt Staub in den Lichtstrahlen. Gleichmäßig fegt der Besen über die Bodendielen.
    »Joe Thomazin«, sage ich. »Du wirst bei mir bleiben.« Das Kehrgeräusch hört kurz auf und wird dann fortgesetzt, als gehörte es sich so. Ich denke, dass er sich mit der Zeit sich mehr als nützlich erweisen wird. Er hat John Blacklock jahrelang bei der Arbeit zugesehen.
    Wie heiß der Sonnenschein ist, der durch die Fenster dringt und sich auf die Werkbänke legt! Kleine Schweißperlen rollen mir das Gesicht hinunter. Es ist beinahe Hochsommer. Sollte dieses Kind nicht vor dem Hochsommer geboren werden? Der Sommer macht es träge. Wie warm es ist! Ich sollte die Tür zum Hof aufmachen, denke ich und stehe mit dem Rücken zur Sonne langsam auf.
    Die Explosion lässt das Fenster zersplittern.
    Ein schneidendes Pfeifen zerreißt die Luft, überall sind Glasscherben, und ich habe einen seltsamen Geschmack im Mund … und beißender blutroter Qualm steigt von der Werkbank auf. Der Boden vibriert. Ich würge und schnappe panisch nach Luft, während weißglühende Explosionen die Luft erschüttern. Ein roter Strom fließt über die Werkbank, die Hocker sind umgestürzt … es ist ein heftiger, pulsierender Feuerbogen.
    »Um Gottes willen! Hilfe, Hilfe!«, schreie ich.
    Von würgendem Husten geschüttelt wate ich nach vorne gekrümmt durch Funken, farbiges Feuer und Qualm, und dann entdecke ich die eine Hälfte des Hermesstabs, meines nicht fertiggestellten Hermesstabs. Er ist in der Ecke gefangen und zischt auf dem Boden herum wie ein sterbendes, wütendes Tier.
    »Joe!«, schreie ich. »Joe Thomazin!«
    Der zweite Raketenkopf explodiert, schießt in die Höhe und fällt unter die Bank. Dort sitzt auch er wie durch ein Wunder in der Falle, schießt heftig hin und her und spuckt einen Funkenschwarm mitten in den Raum. Ich bin verblüfft. Es ist rot, ein Rot der Leidenschaft, der Wut, der Furcht. Es ist wie ein Nebel aus knisternden Insekten. Der Geruch des Rots ist überall. Und Joe Thomazin liegt auf den Holzdielen.
    Auf einmal ist es vorbei. Die zischenden Funken verglühen, und nach einem letzten Aufflackern ist es zu Ende. Die

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