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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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gebrandmarkt wie ein zugelaufenes Schaf, das mit Farbe markiert wurde, oder als würde ich den Beweis eines fahrlässigen, gemeinen Mordes zur Schau tragen, den ich irgendwo begangen habe. Ich brauche viel Seife und muss lange schrubben, um die Salbe zu entfernen. Selbst dann bleiben noch schwache rote Flecken wie winzige blutige Sommersprossen in meinen Poren zurück.
    * * *
    Mrs. Blights Laune bessert sich, sobald sie zwanzig Tropfen von dem geschluckt hat, was ich ihr besorgt habe, und eine Zeit lang erzählt sie weitschweifig und lebhaft.
    »Mein Gatte hat Nadeln hergestellt.« Sie lehnt sich schwankend an die Teigschüssel und vergewissert sich, dass ich ihr auch zuhöre.
    »Drei Kinder hab ich ihm geboren. Sind alle mit vier oder fünf gestorben.« Das Huhn brutzelt am Spieß. »Nach dem letzten Todesfall dachte ich mir, dass es nun genug sei, und dann erlitt Mr. Blight einen Schlaganfall und fiel um, wo er stand. Und wieder war mir jemand weggestorben. Mein Vater gab mir die Schuld, weil ich einen Mann mit ungesundem Blut geheiratet hätte, und sagte, der Name Blight bedeute in der Natur Braunfäule.« Sie wirkt seltsam klein, als sie ihre fleischigen Hände so zusammenpresst.
    »Also hab ich die Vergütung von der Zunft der Nadelhersteller angenommen, wo Mr. Blight siebenundzwanzig Jahre die Aufsicht geführt hatte. Er hätte über siebenmal rund um die Welt fahren können, wenn man diese Nadeln aneinandergelegt hätte, aber vielleicht habe ich die falsche Zahl im Kopf.« Sie schüttelt den Kopf und hickst traurig. »Er war ganz versessen auf den Schokoladenladen in der Lombard Street. Dann hat ein Kerzenmacher namens Thomas Veare – oder war es Veasey? – ein Auge auf mich geworfen. Damals war ich schon daran gewöhnt, in den Häusern anderer Leute für Ordnung, Sauberkeit und gute Verpflegung zu sorgen und hatte keinen Grund, zwischen meinen stummen Möbeln herumzusitzen – ich wusste ja, wie trostlos das sein kann. Er war tief erschüttert über meine Zurückweisung. Dann ist sein Gesicht in einem harten Lächeln erstarrt, und er ist weggegangen. Mein Vater meinte, ich sei eine verschrobene Närrin. Eine Woche danach hat er auf dem Nachhauseweg einen heftigen Schlag in den Nacken bekommen und ist gestorben, er konnte nichts mehr zu dieser Sache sagen. An meinem Geburtstag war das, am 11. Mai.«
    »Und dabei heißt es doch immer, der Dreizehnte bringt Unglück«, bemerkt Mary Spurren.
    »Aber ich selbst werde auch nicht an Altersschwäche sterben«, fügt Mrs. Blight hinzu. »Ich hab mir vorgenommen, so viele Pasteten zu essen, bis ich auf angenehme Weise daran sterbe, dass ich so dick bin.« Sie reißt den Mund weit auf und lacht laut mit zurückgeworfenem Kopf. »Hört nicht auf meine Geschichten, nicht, ohne sie mit eurem gesunden Menschenverstand zu würzen.« Sie wirft einen Blick auf die kleine Uhr auf dem Sims über der Feuerstelle, lässt das Huhn mit Schwung vom Spieß gleiten und legt es auf eine vorgewärmte Platte. Dann klatscht sie in die Hände. »Messer, Mary, Messer, Messer!« Sauber zerlegt Mrs. Blight den Vogel, bis nur noch ein öliger Haufen gekochtes Fleisch übrig bleibt.
    »Das Leben ist kurz, Agnes Trussel, und ich würd es klug verbringen«, sagt sie. Ich nicke und schlucke. Warum fühle ich mich so, als hätte ich mein Leben bereits verpfuscht? Das tickende Geräusch der Uhr über dem Herd erinnert an ein Tier, das in einer Falle gefangen ist.
    Aber ich stimme ihr zu, weil ich sie bei Laune halten muss, dessen bin ich mir sicher. Ich weiß, dass sie mir einfach nur aus einer Laune heraus Schaden zufügen könnte.
    * * *
    Am Nachmittag kehre ich in die Werkstatt zurück, um Raketen zu füllen, und stelle fest, dass Mr. Blacklock in meiner Abwesenheit etwas hergestellt hat. Weder er noch Joe Thomazin sind im Raum. Aber auf seiner Werkbank finde ich verschüttetes Pulver und chemische Substanzen. Es sieht aus, als hätte jemand das, was sich im Mittelpunkt der Tätigkeit befunden hat, weggeschnappt, als es fertig war. Das Ganze erinnert mich an etwas, und zwar an den Habicht, der einen Vogel geschlagen hat: Der perfekte Ring aus gerupften, blutigen Federn und Daunen schwebt vor meinem inneren Auge. Was hat Mr. Blacklock da getan?
    An der Rückseite der Werkstatt steht eine Apparatur auf einem Tisch. Einige neue bauchige und glänzende Glasgefäße sind zusammengebunden, und daneben steht ein sauberer Topf. Alles ist noch nicht benutzt worden.
    Ich richte den Dorn aus

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