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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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Knochen spürte?
    In einem nur selten unterbrochenen Schweigen essen wir das kalte Fleisch. Mr. Blacklocks Husten hat sich mit dem kalten Wetter verschlimmert. Mary Spurren hat den Herd wieder angezündet, und aus dem Anmachholz schlagen gelbe Flammen.
    »Weißt du, was heute für ein Tag ist?«, flüstert Mary Spurren mir zu, als Mr. Blacklock die Küche verlassen hat. »Am Dreikönigstag ist sie gestorben. Schwer zu sagen, ob er dieses Jahr dran gedacht hat. Letztes Jahr hat er mörderisch viel Brandy getrunken und in seinem Studierzimmer geschlafen, weil er nicht mehr gehen konnte. Der Schnee da draußen erinnert mich daran.« Sie nimmt den Kohleeimer und schüttet größere Kohlen auf das Feuer.
    »Er hat immer noch all ihre Kleider und Unterröcke.« Ihre Stimme ist heiser.
    »Sagt, er weiß nicht, was er damit tun soll, aber ich glaube, er behält sie, um nicht so allein zu sein. Ab und an höre ich, wie der Truhendeckel zuschlägt, als wäre er in dem Zimmer gewesen und hätte die Kleider angestarrt. Voll bis zum Rand ist sie, diese Truhe. Jede Art von Kleidung, die man sich vorstellen kann – alles ist noch da, sauber gefaltet, und dazwischen liegen Kräuterbündel, um die Motten fernzuhalten. Ein blauer gesteppter Unterrock. Strümpfe, Hüte, Schürzen, Strumpfhalter. Alles recht hübsch, wirklich.«
    »Armer Mann«, sage ich leise. Dicker Rauch steigt in den Schornstein auf.
    »Ich hab ihm einmal angeboten, alles zusammenzupacken und für wohltätige Zwecke zum Queen Charlotte’s Hospital zu bringen. Jede Menge Leute würden sich auf diese Sachen stürzen, als würden sie für Kleider sterben, gute Kleider wie diese. Aber er wollte nicht. Schüttelte bloß den Kopf, als hätte er mir nur halb zugehört.« Sie zuckt mit ihren gebeugten Schultern. »Geht mich ja auch nichts an. Hab genug zu tun, muss mich nicht auch noch um die Angelegenheiten anderer Leute kümmern.« Sie geht zum Tisch und beginnt, die Knochen und Knorpel von den Tellern in den Suppentopf zu schaben.
    Draußen im Flur zieht Mr. Blacklock seinen Überrock an, tritt hinaus auf die kalte Straße und bleibt für den größten Teil des Nachmittags verschwunden. Ein eisiger Luftzug bläst unter der Werkstatttür hindurch, und die Kohlen im Ofen glühen rot vor Hitze. Cornelius Soul, der mit seiner Mehlpulverlieferung kommt, ist anscheinend nicht gewillt, wieder zu gehen. Er wärmt sich die Hände, dann lehnt er sich neben mir an den Arbeitstisch und fingert an den Werkzeugen herum.
    »Ich hab Blacklock draußen auf der Straße getroffen«, sagt er und lacht leise. »War schlechter Laune, oder? Hat kaum die Hand gehoben, obwohl er mich eindeutig gesehen hat!«
    »Vielleicht war ihm nicht danach, sich zu unterhalten«, erwidere ich. »Oder er hat gerade an etwas anderes gedacht.«
    »Sieht eher so aus, als läge ihm der Missmut im Blut liegen. Ich hab noch nie einen Mann gesehen, der so sehr in seiner eigenen Verdrießlichkeit gefangen ist.«
    »Er ist kein schlechter Mensch«, sage ich.
    »Reizbar, unhöflich …«
    »Heute vor vier Jahren ist Mrs. Blacklock gestorben«, sage ich, damit er aufhört.
    »Ach!«
    Er geht zum Fenster und sieht hinaus auf die Straße, als wollte er etwas überprüfen.
    »Wie lange ist es her, dass Sie Ihren Vater verloren haben? Sie haben gesagt, er war ein Weber«, frage ich. Wenn mein Plan gelingen soll, muss ich an allem, was er sagt, Interesse zeigen.
    Er sieht sich um. »Oh nein, er lebt noch«, antwortet er nach einer kurzen Pause. »Es ist nur so, dass ihn der Stolz auf seine Kunstfertigkeit verlassen hat. Er arbeitet jetzt unten am Hafen und schaufelt Kohle. Sein langjähriges Geschick mit Kette und Schuss war anscheinend nicht mehr gefragt. Er nahm an Arbeit an, was er konnte, und am Ende hat er den Webstuhl verkauft, um seine überfällige Miete zu bezahlen.«
    Er hält das Werkzeug ruhig in seiner Hand und fügt beinahe bitter hinzu: »Preislich unterboten von Weber-Kapitänen, die ausgelaufen waren, um selbst noch mehr Geld zu verdienen.«    
    Er fährt sich über seine feinen silbernen Haare, die weich wie Federn sein müssen, und schüttelt den Kopf. »Mir gefällt das nicht. Es gefällt mir nicht, dass der Wind in der letzten Zeit für die Geldmacher so günstig weht.«
    Seine Miene hellt sich wieder auf.
    »Deshalb«, sagt er und reibt sich seine Händlerhände, »werde ich genau diese Methode anwenden. Ich werde Leute anstellen und die Leiter zum Gipfel erklimmen. Und wenn ich dabei das

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