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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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Agnes hat jetzt auch schon gelbe Haut. Schau dir das an!« Sie greift mit ihren feuchten Fingern nach meiner Hand und zieht sie in die Höhe. »Teufelszeug, diese Knallkörper und Raketen! Widernatürlich ist das. Aber du scheinst ja großen Gefallen daran zu finden.«
    Mary knallt die Tür zu, als sie zum Brunnen am Mallow Square geht, aber ich weiß nicht, warum. Ohne nachzudenken, presse ich mir voller Unbehagen die Hand auf den Magen.
    »Schon wieder Verdauungsstörungen, Agnes?«, fragt Mrs. Blight, aber ich antworte nicht.
    »Übrigens, die hab ich dir mitgebracht«, fügt sie hinzu und nickt in Richtung der Anrichte, auf der ein Stapel von Broschüren liegt.
    »Danke.« Ich bezweifle, dass ich sie lesen werde.

19

    Der Frühling ist nicht mehr fern, nicht einmal in London. Die Linde im Hof hat neue Knospen bekommen, und das mildere Wetter sorgt abwechselnd für starke Regengüsse und Sonnenschein. Die Wolken wälzen sich über den Dächern heran.
    Zu Hause in Sussex wird jetzt die Kohlmeise ihr endloses, unmelodisches Lied vom Apfelbaum zwitschern. Aus Blumenzwiebeln werden Krokusblüten und fedrige Anemonen hervorbrechen. Das Keckern der Eichhörnchen ist in den trockenen Zweigen zu hören, und die Erde riecht nach Frühling, unverkennbar wie der Geruch eines kleinen Kindes. Es ist ein Geruch, der den Schritt beschleunigt und Lieder aus der Kehle dringen lässt. Elstern, Eichelhäher und Dohlen fliegen mit Zweigen oder Fetzen gelblicher Schafwolle im Schnabel durch die Gegend. Die Kleinen spielen draußen im Matsch und tauchen ihre schmutzigen Fingerchen in den Wassertrog. Es gibt wieder Eier zum Kochen, und die Aussicht auf frische Butter ist nicht mehr fern. Das Wasser im Eimer gefriert nicht mehr, und es muss kein Eis mehr zerschlagen werden, damit das Schwein saufen kann. Aber es kann trotzdem noch Frost geben.
    Und dann fällt mir ein, dass es in diesem Jahr kein Schwein gibt. Wieder mache ich mir Sorgen. Ich sehne mich so sehr nach einer Nachricht von meiner Familie, von Ann und Lil, von dem kleinen William, der gewachsen und schon bald ein großer Junge sein wird.
    * * *
    »Zu Hause benutzen wir Salpeter, um Schweinefleisch zu pökeln, Sir«, erkläre ich, als Mr. Blacklock ein dunkles Glasgefäß vor mich hinstellt. »Ein Löffel voll davon, der unter einen halben Viertelscheffel gewöhnliches Salz gemischt wird, ist genug, um das Fleisch vor dem Verderben zu schützen.«
    »In der Tat ist Salpeter kein gewöhnliches Salz und hat viele besondere Eigenschaften«, sagt Mr. Blacklock. »Es gibt viele verschiedene Salzarten, zum Beispiel Kochsalz, Hirschhornsalz, Wermutsalz, Glaubersalz, Bittersalz, Ambersalz, Bleisalz.« Er unterbricht sich, um zu husten.
    »Salpeter ist eigentlich Kaliumnitrat, im Handel ist aber die Bezeichnung Salpeter gebräuchlicher.«
    Ich denke daran, wie wund meine Hände immer geworden sind, wenn ich das Salz in die fleischigen Speckseiten gerieben habe. Das Salz unter meinen Handflächen war feucht und körnig und löste sich allmählich am Boden des Trogs zu einer salzigen, blutigen Flüssigkeit auf. Die Kimmelling-Bütte nannte meine Großmutter ihn, warum, habe ich nie erfahren. Die Bütte muss viermal so alt sein wie ich.
    Die übermäßige Zugabe von Salpeter lässt das Pökelsalz grün werden, und das Fleisch wird dunkel und hart.
    * * *
    Der Mann mit Hut namens Mr. Torré kommt, um übers Geschäft zu reden. Nach einer Stunde tauchen sie wieder aus Mr. Blacklocks Studierzimmer auf, als ich gerade mit einer Nachricht von einem anderen Kunden den Flur entlanggehe. In dem leeren Studierzimmer riecht es nach Kaffee. An der Haustür dreht Mr. Torré sich um.
    »Übrigens, Blacklock«, sagt er, als wäre es ihm nachträglich eingefallen, »diese Römischen Lichter, die Sie letzte Woche geliefert haben, waren von bemerkenswert guter Qualität. Bemerkenswert.«
    Mr. Blacklock sieht mich im Hausflur stehen, wo ich darauf warte, mit ihm zu sprechen, und nickt in meine Richtung. »Diesen Posten hat meine neue Assistentin von Anfang bis Ende hergestellt«, sagt er.
    Mr. Torrés Augen weiten sich, und er betrachtet mich genau. »Das war gute Arbeit, Blacklock, gute Arbeit.« Ich senke rasch die Augen und sehe auf meine Stiefel, um das kleine Aufflackern von Stolz zu verbergen. Wie schmutzig die Stiefel sind!
    Der Wind lässt die Tür laut zuschlagen, als er geht.
    »Ich habe Mitleid mit ihm«, bemerkt Mr. Blacklock, als er weg ist. »Es ist schwierig, sich nicht von

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