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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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sondern aus zwei gekreuzten Raketen, die in der Mitte miteinander verbunden sind. Zusammen haben sie eine Form wie der Buchstabe X.«
    Gelber Flachs ist fest um die beiden Stäbe gewunden und bildet eine stabile, mit Wachs überzogene Verbindung.
    »Beim Vorwärtstrieb der Raketen drängen sie in verschiedene Richtungen, und dadurch wird eine erhebliche Spannung aufgebaut. Das Ganze dreht sich heftig und windet sich in einer wunderschönen Feuerschraube am Himmel.
    »Dies ist in keinerlei Hinsicht eine einfache Rakete – weder in der Herstellung noch beim Abfeuern, noch in der Bewegung. An keinem Punkt ihres Flugbogens kann sie sanft in ihrer eigenen Geschwindigkeit dahingleiten. Es ist immer mühevoll und anstrengend. Wie bei zwei Noten, die ein harmonisches Gegeneinander von Tönen erklingen lassen, ist das Gleichgewicht perfekt, nie schwach oder ungleichmäßig.«
    Schließlich stellt Mr. Blacklock den Hermesstab auf den Kopf, um mir den Fuß der Hülsen zu zeigen. »Er wird durch verbundene Stoppine gezündet, die in das Ende beider Raketen hineingeschoben wird.«
    »Wenn Sie sagen, dass das Feuer weiß sein muss«, frage ich neugierig, »was meinen Sie damit? Glauben Sie, dass es möglich ist, farbige Funken und Flammen zu erzeugen?«
    Mr. Blacklock scheint zu erstarren. Er wendet sich ab und macht eine abweisende Handbewegung. »Das ist ein Thema für einen anderen Tag«, sagt er.
    Ich möchte sichergehen, dass ich seine Andeutung voll erfasst habe, und so versuche ich, mein Wissen, so gut ich eben kann, zusammenzufassen. »Sie haben mich gelehrt, wie man goldene, silberne, hell leuchtende und rötliche Feuer herstellt, mit Abstufungen in der Wärme oder Kälte oder Stärke, wobei die Schattierungen von Weiß bis Orange reichen können, Sir. Aber Farben haben Sie noch nie erwähnt. Farben sind Grün, Purpurrot, Violett – Regenbogenfarben. Sie haben mit keinem Wort von farbigem Feuer gesprochen.«
    »Das habe ich wohl nicht«, sagt er knapp.
    »Aber ist es möglich?«, frage ich zaghaft. Ich würde es so gerne wissen.
    »Genug geredet, habe ich gesagt!«, knurrt er, legt die Rakete hin und verlässt mit großen Schritten den Raum. Meine Frage hat ihn verärgert.
    »Stell dir das vor!«, flüstere ich Joe Thomazin zu, als ich höre, wie die Tür des Studierzimmers laut zuschlägt. »Wenn es Feuer in den Farben des Regenbogens gäbe!«
    Vielleicht habe ich ihn nicht richtig verstanden.
    * * *
    Die nahende Dämmerung färbt das Licht draußen im Hof bläulich. Als Mr. Blacklock zurückkommt, sprechen wir über andere Dinge. Er nimmt ein Blatt aus seiner Weste und bittet mich, zwei Dutzend Raketenbatterien für eine kleine private Bestellung vorzubereiten, die er gerne in etwa einem Tag fertiggestellt hätte. Er tritt näher und stellt sich neben mich. Seine neun Finger sind gespreizt, als er sich auf die Werkbank stützt. Ich bemerke neben meinen Werkzeugen ein ordentliches Päckchen, das – wie mir jetzt erst bewusst wird – schon seit Tagen dort liegt. Was immer es ist, er muss vergessen haben, es wegzuräumen. Er erklärt mir, welche Art von Raketen er braucht und welche Antriebskraft erforderlich ist. »Du hast noch viel zu lernen«, sagt er. »Und das Gleiche gilt, wie es aussieht, für mich. Das Leben tischt einem die Dinge auf, wenn man am wenigsten darauf vorbereitet ist.« Er sieht mich an, und dann, als könnte er es nicht einen Augenblick länger für sich behalten, beginnt er mir etwas völlig Unerwartetes zu erzählen.
    »Gestern Abend war ich zufällig in der Mitre Tavern in der Nähe der Gelehrtengesellschaft Royal Society am Crane Court«, fängt er an. »Und eine Gruppe von Gelehrten strömte herein, noch ganz aufgeblasen von ihrem Vortrag.« Er schnaubt verächtlich. »Das lautstarke Verkünden ihrer überragenden Kenntnisse übertönte alles andere, während sie den Raum mit Tabakrauch und Meinungen füllten. In dem Gedränge bekam ich einen Stoß in die Rippen und schwor mir, gleich wieder zu gehen, doch als ich den letzten Schluck aus meinem Glas nahm, fing ich ein paar Gesprächsbrocken auf, die mich sogleich aufmerken ließen.« Er beugt sich vor. »Als ich die Worte ›künstliches Feuerwerk‹ hörte, drehte ich mich um und sah einen Mann mit einem großen Hut, der angeberisch über etwas berichtete, das er mit eigenen Augen gesehen hatte. Ich hörte ihn sagen ›bei meiner Rückkehr aus Moskau‹. Dann sprach er eindeutig von einem ›leuchtend grünen Feuer‹.«
    »Grünes

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