Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)
Hülsenmündung. »Die meisten Feuerwerkskörper, die zum Einsatz kommen, wurden von Blacklock’s geliefert, und es wäre sinnvoll, die Qualität zu überprüfen.« Ich schlucke. Habe ich ihn richtig verstanden? Meint er …
»Die Wasserfall-Raketen sind von außergewöhnlicher Güte, und auch etwas, was er gerne Vulkanausbruch nennt«, fährt er fort. »Das Feuerwerk wird von einem Gerüst draußen vor dem Haus abgefeuert, und die private Gesellschaft wird das Spektakel vom Ballsaal aus beobachten, der für diesen Zweck abgedunkelt wird. Es sollte nicht schwierig für uns sein, in den Garten zu gelangen, um die praktische Anwendung unserer Produkte zu beaufsichtigen.«
»Wollen Sie damit sagen, Sir, dass ich mitkomme?«, frage ich und halte die Luft an.
Er hustet in seine Faust. »Kannst du eine größere Wegstrecke zu Fuß gehen?«, fragt er. »Wenn der Abend schön bleibt, sollten wir um acht Uhr aufbrechen.«
Ich drücke meine Hände fest zusammen, damit er das Zittern meiner Finger nicht sehen kann.
»Das kann ich, Sir.«
»Gut, gut.« Er blättert die verstaubten Rechnungen in einer Kiste durch, zieht eine heraus und liest vor: »Zweihundert Ehrenraketen, achtzehn Hermesstäbe, zwanzig Girandelfeuer, fünfundvierzig Garben, Böller mit Brillantfeuer, Wasserfälle, Leuchtkugeln mit verschiedenen Sternen, Fixsterne, Chinesische Feuer, Kanonenschläge und so weiter.« Er wedelt mit der Hand. »Und auch ein roter Feuerregen. Erinnerst du dich daran, wie du ihn hergestellt hast?«
Er hört auf zu lesen und blickt mich über den Rand seiner Brille hinweg an. »Das alles erwartet dich. Mach daraus, was du willst.« Damit legt er das Blatt zurück und äußert sich nicht mehr zu dem Thema, obwohl ich ihm ab und zu eine Frage zu stellen wage.
Der Tag vergeht mit quälender Langsamkeit.
Um sechs gehe ich in die Küche. Sie ist voller Rauch, und Mrs. Blight flucht und wedelt mit den Händen.
»Mach sofort das Fenster auf, Agnes!«, befiehlt sie mir und hustet dramatisch, als wäre es mein Fehler, dass sie das Fleisch hat anbrennen lassen. Gewaltsam kratzt sie den Braten vom Spieß herunter.
»Die Uhr ist kaputt«, sagt Mary Spurren niedergeschlagen. Der verkohlte Rest unseres Abendessens liegt auf dem Herdstein und qualmt traurig vor sich hin.
»Was in Gottes Namen geht hier vor, Frau?«, sagt Mr. Blacklock, als er in die Küche tritt. Überall hängt Brandgeruch.
»Minderwertiges Ding«, jammert Mrs. Blight, verdreht die Augen und zeigt auf die Kaminuhr. »Ein klägliches, nutzloses Stück Mechanik.« Sie klopft gegen das Holzgehäuse der Uhr. »Hätte mich nie darauf verlassen dürfen. Davor hatte ich nie eine Uhr, das lässt das Gefühl fürs Kochen abstumpfen, wirklich, wenn man sich zeitlich auf eine Uhr verlässt. Bestimmt hat sie jemand überdreht oder fallen gelassen, und da ist sie innen kaputt gegangen. Aber niemand will es zugeben, Sir.« Sie zuckt die Schultern, und ihr Doppelkinn schwabbelt voll Bedauern. »Ist niemand hier, der sagt, dass er es war.«
Er deutet auf den Rauch. »Kümmern Sie sich darum«, sagt er kurz angebunden.
»Muss mich wieder auf meine Nase verlassen, wann das Fleisch gar ist«, sagt Mrs. Blight, als er verschwunden ist. »Die Dauer sagt da gar nichts. Wenn es gar ist, ist es gar, und das ist genau genug. Die richtige Zeit ist nur so lang, wie etwas braucht.«
Mary Spurren schnieft. »Diese Uhr war praktisch.«
»Wofür?«, will Mrs. Blight wissen.
»Um zu sehen, wie verspätet Mrs. Nott immer auftaucht, zum Beispiel«, erwidert Mary Spurren mürrisch. »Unpünktlichste Frau, die ich je gekannt habe.«
* * *
Als Mr. Blacklock und ich uns auf den Weg zum St. James’ Square machen, erscheint mir die Welt verändert, weil ich an seiner Seite zu einem Feuerwerk gehe. Wir kommen an der großen St. Paul’s Cathedral vorbei, am Friedhof, an der Synagoge, an Clifton’s Speisehaus und am St. Clements’ Hospital, an dem der Verkehr an beiden Seiten vorbeiströmt. Während ich mich bemühe, mit Mr. Blacklock Schritt zu halten, fühle ich mich befangen und beschwingt zugleich. The Strand mit den Glasfronten der Läden ist hell erleuchtet. Damen in gestreifter Seide kaufen Hüte und Sirup und Sardellen, Herren füllen Tabak in ihre Pfeifen und betrachten Schwerter und Reisekoffer, schlampige, geschminkte Frauen breiten ihre Waren in Hauseingängen aus, Bettlerjungen mit schmutzigen Händen stromern herum, und alle Welt starrt einander an – aus welchen
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