Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)
auf, auf dem Flur nähern sich Schritte, und John Blacklock tritt in die Werkstatt.
»Wie ich sehe, gehen Sie in letzter Zeit deutlich öfter das Risiko ein, Ihre Räumlichkeiten unbeaufsichtigt zu lassen, Blacklock.« Cornelius Soul geht sofort wieder zu dem üblichen Sticheln über.
Mr. Blacklock antwortet erst nicht. Er nimmt den Hut ab und hängt ihn an den Nagel.
»Allerdings«, erwidert er dann kühl.
Als Cornelius Soul sich diesmal verabschiedet, drückt er einen Kuss auf seine Hand und drückt sie mir grob gegen die Wange. Ich sehe mich hastig um, aber Mr. Blacklock hat es nicht gesehen, Gott sei Dank. Es war keine zärtliche Geste, sondern eine Herausforderung, denke ich – es war, als hätten seine Finger mich gebrandmarkt, als Strafe für das, was ich gesagt habe.
Meine Wangen brennen heiß. Ich empfinde plötzlich abgrundtiefe Scham und Entsetzen. Wie anmaßend von mir, mich ausgerechnet über Prinzipien und Moral auszulassen! Ich sitze vor ihm mit den gestohlenen Guineen im Mieder, und die Lügen breiten sich in meinem Herzen aus wie ein Geschwür. Nein, er hat das Recht, seine Chancen zu nutzen. Jeder ist sich selbst der Nächste, obwohl es nicht so sein sollte. Mir schwirrt der Kopf, weil alles so kompliziert ist.
»Wenn dieser Mann dir lästig fällt, solltest du ihn nicht in Gespräche verwickeln«, sagt Mr. Blacklock trocken.
»Er war mir nicht lästig«, erwidere ich.
»Aber ich sehe, dass du heute deinem Soll hinterherhinkst«, fügt er mit einem ärgerlichen Blick auf die nur zur Hälfte mit Raketen gefüllte Kiste neben dem Füllgestell hinzu, und das mit Recht. Meine Schuldgefühle nehmen zu.
23
Die Hintertür der Werkstatt steht offen, und die Morgenluft strömt herein. Die Vögel zwitschern, und es riecht nach Seifenlauge aus der Gosse vor der Spülküche, wo Mrs. Nott ihre Eimer ausgeleert hat. Es ist schon fast Mai.
Mr. Blacklock hat eine Ausgabe der gestrigen London Evening Post auf dem Tisch ausgebreitet und sucht die Seiten ungeduldig nach einem Bericht über die Eröffnung der Feuerwerkssaison mit dem Feuerwerk in den Marylebone Gardens ab.
»Wie ärgerlich!«, ruft er aus, als er ihn gefunden hat. In seiner Stimme klingt Verachtung, als er laut vorliest: »Eine erstaunliche Höhe! Böller, die für stundenlange Taubheit sorgten! Ein prächtiges Feuerwerk, bei dem kaum ein Zentimeter am Himmel nicht mit einem strahlenden Leuchten überzogen war!«
»Warum rufen diese Feuerwerker solche Übertreibungen hervor?«, fragt er. »Warum begünstigen sie das? Es setzt die Kunst der Pyrotechnik zu einem gewöhnlichen Ansturm auf die Sinne herab, wie eine Sprengung in einem Zinnbergwerk. Es gibt keinen Raum für Feinheiten oder Gestaltung, wenn die Erwartungen auf diese Weise vorhersagbar sind.« Eine Fliege kreist über seiner Zeitung. Ungeduldig wedelt er sie fort. »Die Vollkommenheit der Formen sollte immer den Vorrang über Höhe oder Ausdehnung haben. Die Qualität ist es, die beeindrucken sollte.« Er schnaubt ungehalten. »Meinst du nicht auch?«, fragt er.
»Ich kann es nicht beurteilen, Sir«, sage ich überrascht und rufe ihm in Erinnerung, dass ich noch nie ein richtiges Feuerwerk gesehen habe.
Mr. Blacklock sagt nichts dazu, und sein Gesicht ist nachdenklich, als hätte er eine Weile nicht mehr daran gedacht.
Er faltet die Zeitung zusammen, legt sie zur Seite und verlässt seine Werkbank. Abwesend steht er an der Hintertür der Werkstatt und starrt in den Hof hinaus. Mary Spurren hängt die gewaschene Wäsche auf, damit sie in der warmen Luft trocknen kann. Mr. Blacklock schaut hinauf zum Himmel, als wollte er prüfen, wie das Wetter wird, dann kommt er wieder herein. Er räumt seinen Tisch frei und schreibt schnell etwas auf einen Bogen Papier. Er faltet ihn zusammen, versiegelt ihn und übergibt ihn Joe Thomazin, damit er ihn zu einer Adresse am Haymarket im Westen der Stadt bringt.
Als Nächstes holt er ein Bündel Holzstücke, die der Zimmermann in dünne Stöcke geschnitten hat, und beginnt, sie an den Raketen aus der Kiste zu seinen Füßen zu befestigen.
»Das Feuerwerk am St. James’s Square findet heute Abend statt«, sagt er nach einer Weile.
»Heute Abend, Sir?«, wiederhole ich höflich und wähle einen Ladestock aus. Natürlich, die Kisten mit dieser Bestellung waren vergangene Woche ausgeliefert worden.
»Und ich habe eine Nachricht an Mr. Torré geschickt, dass er mit unserer Anwesenheit rechnen darf.« Mein Ladestock schwebt über der
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