Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)
Hitze.«
* * *
Als wir an diesem Abend auf dem Drillich lagen und zu schlafen versuchten, streckte Ann die Finger aus und suchte in der Dunkelheit nach meiner Hand. Wie kalt ihre Finger waren! Es kam mir vor, als wäre sie schon weit weg. Selbstsüchtig und weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, zog ich meine Hand zurück und sagte nichts. Meine unausgesprochenen Gedanken schnürten mir den Hals zu. Ich hatte Angst um Ann. Ich hatte Angst um uns alle. Ich hatte Angst, mit niemandem mehr reden zu können, wie ich es mit ihr konnte.
Der dicke weiße Mond schien auf uns herunter. Die Schafe blökten auf den Hügeln, als glaubten sie aufgrund der Helligkeit, es wäre Tag.
Ich konnte keine Ruhe finden.
Später drehte ich mich um und flüsterte, wie leid es mir tue, aber ich wusste, dass sie schon schlief und mich nicht hören konnte. Ihr Atmen war langsam und gleichmäßig, wie ein sanfter Windhauch, der durch das Gras streicht.
* * *
Ich bin froh, am folgenden Morgen in die Werkstatt gehen zu können, um Leuchtkugeln zu zerkleinern und die groben kleinen Würfel zum Trocknen auszulegen. Mr. Blacklock hat sich sein Auftragsbuch in die Westentasche gesteckt und ist zu Mr. Torré gegangen. »Es gibt eine Änderung des Plans für das Feuerwerk am St. James’s Square, und deshalb müssen noch Einzelheiten besprochen werden«, hat er gesagt, bevor er ging.
»Eine Änderung, Sir?«, fragte ich und sah auf.
Er hustete. »In ein paar kleineren Punkten. Eine spezielle Ergänzung«, fügte er geistesabwesend hinzu und suchte nach seinem Hut.
»Eine Ergänzung?«
»Etwas, das über das hinausgeht, was wir vereinbart hatten.« Er setzte sich den Hut auf. »Man könnte es … Fortschritt nennen.«
Als die Tür hinter ihm zufiel, lächelte ich unwillkürlich vor Begeisterung. Er musste den roten Regen gemeint haben, den er vor Kurzem beiläufig erwähnt hatte! Vielleicht plant er, seine Weiterentwicklung der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Fast vergesse ich den Schmerz darüber, dass er seinen Erfolg nicht mit mir geteilt hat. Die Leuchtkugeln auf dem Trockengestell vor mir gewinnen eine andere Bedeutung als gestern, als ich sie hergestellt habe – sie scheinen nun Teil von etwas Größerem zu sein. Sie sind ein Teil von Mr. Blacklocks Bestreben.
* * *
Mrs. Blight war beim Frühstück in guter Stimmung gewesen. Sie hatte gerade die neueste Ausgabe des Ordinary of Newgate ausgelesen, in der der Gefängnisgeistliche über die letzten Worte jener berichtet, die in Tyburn ihrem Schicksal gegenübertreten. Genüsslich hatte sie mir die abschließende Feststellung laut vorgelesen: »Es kommt selten vor, dass ein Mensch, der es wagt, Böses zu tun, davonkommt, auch wenn die Strafe vielleicht nicht gleich auf dem Fuße folgt.«
»Leih es dir aus«, hatte sie gesagt und mich aufmerksam beobachtet. »Los, nimm es schon.« Und dann drängte sie es mir auf, als ich in die Werkstatt ging.
Mr. Blacklock ist ausgegangen.
Als Cornelius Soul seine Lieferung bringt, bietet sich uns die erste Gelegenheit, nach seiner folgenlosen Festnahme allein miteinander zu sprechen. Er stellt die Kiste mit dem Schwarzpulver ab und reicht mir die Rechnung. Dabei zwinkert er mir zu, als wären wir neuerdings Partner in einer Verschwörung.
»Dieser Mann hegte einen tiefen Groll Ihnen gegenüber«, sage ich leise, falls uns doch jemand belauschen sollte.
»Jim Smith hat so viel Temperament wie fünf Männer zusammen«, gibt Cornelius Soul unbekümmert zurück.
»Was haben Sie getan, um ihn derart zu reizen?«
»Er hasst es, meinen wachsenden Erfolg zu sehen«, sagt Cornelius Soul mit einem Schulterzucken. »Ich kenne ihn seit Jahren.« Er geht zum Fenster und blickt die Straße hinauf und hinunter. »Die Selbstgefälligkeit eines wohlhabenden Kaufmannes ist mir ebenso zuwider wie jedem anderen auch. Aber sollte ich mich durch Jim Smiths Abneigung gegen meinen zunehmenden Wohlstand einfach aufhalten lassen? Wir müssen nach allen Regeln der Kunst vorgehen, um weiterzukommen.«
»Dann sind Sie einer von denen, die Sie eigentlich verabscheuen«, sage ich und fahre mit meiner Arbeit fort.
»Ich bin noch kein wohlhabender Kaufmann, und ich werde die Vorstellungen dieser Leute über Recht und Gesetz nicht übernehmen, die nur dazu da sind, das Eigentum besser zu schützen als das menschliche Wohlergehen.« Der Ofen im hinteren Bereich der Werkstatt knackt, und mein Stößel zerreibt sanft die Mischung im Mörser. »Und ich
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