Die Farm am Eukalyptushain
und noch einen und noch einen – bis ihr das Zurücksenden zu lästig wird. Und vielleicht wird sie aus Neugier lesen, was ich ihr schreibe.«
Das Telefonklingeln riss Catriona aus ihren Gedanken. Sie nahm den Hörer ab, und entsetzt vernahm sie, was Fred von Poppy zu berichten hatte.
»Behalten Sie die Kinder bei sich«, sagte sie. »Ich komme.«
Catriona kam am Vorabend der Beerdigung an. Es war spät, aber im Farmhaus brannte noch Licht. »Wo sind die Kinder?«, war ihre erste Frage.
Fred war blass, und seine Augen blickten traurig. »Rosa haben wir im Gästezimmer ins Bett gelegt. Billys Frau Maggie hat ihr etwas Heißes zu trinken gegeben und eine ihrer Arzneien hineingemischt, die sie beruhigen und ihr beim Einschlafen helfen soll. Sie sitzt noch bei ihr und behält sie im Auge.«
»Und Connor? Wie geht es ihm?«
Fred strich über die grauen Bartstoppeln an seinem Kinn. »Er ist mit Billy draußen. Für den Jungen war es ein schwerer Schlag. Aber er hält sich tapfer. Ist zäher, als man glauben möchte, und redet schon davon, hier zu arbeiten, damit er sich und seine Schwester ernähren kann.«
Catriona schwieg, aber innerlich kochte sie vor Zorn. Es war so unfair, dass Connor sich stark und mannhaft benehmen musste, obwohl er noch ein Junge war. Anscheinend hatte sich Poppys Kraft und Entschlossenheit über die Generationen auf ihren Enkel vererbt, und auch wenn es ihr anders lieber gewesen wäre – sie wusste, dass Connor tun würde, was er für richtig hielt, was immer sie ihm raten würde.
Sie ging ins Haus und legte den Pelzmantel ab. Es war zu still hier, und es roch nach Tod. Sie wünschte, die Kinder wären hier; dann könnte sie die beiden in die Arme nehmen und ihnen zeigen, dass sie nicht allein waren. Aber auch für sich selbst brauchte sie ihre Nähe jetzt, denn mit Poppy hatte sie die letzte Verbindung zu ihrer Vergangenheit verloren – den letzten Faden, aus dem das Tuch ihrer Kindheit gewebt war.
Sie warf einen Blick zu Rosa ins Zimmer und widerstand dem Drang, sie in den Arm zu nehmen. Die Kleine trug ihren geliebten Snoopy-Pyjama; sie schlief zusammengerollt, und eine kleine Hand lag auf der rosigen Wange. Maggie saß auf einem Stuhl neben dem Bett. Ihr Kopf hing müde auf die Brust, und ihre dunkle Hand lag schützend auf dem Arm des Kindes. Ohne die beiden zu stören, schloss Catriona leise die Tür und ging durch die schmale Diele. Sie holte tief Luft, warf Fred einen Blick zu und öffnete die Tür zum Wohnzimmer, wo man Poppy aufgebahrt hatte.
Das Zimmer war von Dutzenden Kerzen erleuchtet. Poppy sah aus, als schlafe sie. Die Sorgenfalten hatten sich geglättet. Man hatte ihr das Haar gebürstet und die Hände auf der Brustgefaltet, und ein Rosenkranz war um die leblosen Finger geschlungen. Sie trug ein Kleid, das Catriona ihr vor Jahren geschenkt hatte. Es war ihr Lieblingskleid gewesen, leuchtend gelb mit lauter großen roten Blumen.
Catriona schaute sie an, und Tränen hingen an ihren Wimpern. Der Schreiner hatte einen Sarg aus heimischem Holz gemacht und ihn gewachst und poliert, bis er glänzte. Die Tragegriffe waren aus Messing, und er war mit fliederfarbener Seide ausgeschlagen. »Wie haben Sie das alles in so kurzer Zeit hinbekommen?«, fragte sie unter Tränen.
Fred räusperte sich. »Er hat immer ein paar Särge auf Lager«, sagte er düster. »Es würde zu lange dauern, einen zimmern zu lassen und einzufliegen; wir haben ja immer nur höchstens vierundzwanzig Stunden Zeit für die Beerdigung.« Er stand auf. »Maggie und die anderen Lubras haben Poppy zurechtgemacht. Ich hoffe, es ist alles in Ordnung?«
Catriona antwortete nicht; sie schaute Poppy an und hatte alle Mühe, nicht laut zu weinen. Das Kleid passte nicht zu den Ohrringen und den Armreifen, und das Ganze war ein schrecklicher Kontrast zu der blasslila Seide – aber das war Poppy. Bunt und schwatzhaft wie die Rosellas, mutwillig wie die Opossums, die sie auf dem Dach rascheln hörte. »Hoffentlich hat sie nicht leiden müssen«, sagte sie.
»Der Doc sagt, es war ein Herzinfarkt. Es ist offenbar ganz schnell gegangen.«
Catriona nickte. »Ich werde heute Nacht bei ihr sitzen.«
Fred ging hinaus, und sie zog sich einen Stuhl heran und legte die Hand auf Poppys Hände. Sie waren kalt und reglos – ganz anders als bei der Poppy, die sie gekannt hatte. Als Catriona so in den flackernden Schatten des Kerzenlichts saß, dachte sie an das Knarren und Rumpeln der Wagen, mit denen sie durch das Outback
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