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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Blick fiel auf die Kontobücher auf ihrem Schreibtisch.
    Sie hatte noch keine Gelegenheit gehabt, sie gründlich durchzusehen, aber bei einer flüchtigen Inspektion hatte sie sich gewundert. Per Saldo schienen die Zahlen zu stimmen, doch es gab Unregelmäßigkeiten bei den einzeln verbuchten Zahlungen und unerklärliche Lohnerhöhungen in mehreren Fällen, zu denen sie nicht befragt worden war. Wenn Kane Böses im Schilde führte, wäre dies die perfekte Munition, um ihn abzuschießen.
    Nachdenklich nahm Edith noch ein Schlückchen Champagner. Sie würde die Bücher heute Abend mit nach Hause nehmen und gründlich durcharbeiten. Wenn sich ihr Verdacht bestätigte und Kane Gewinne abgezweigt hatte, würde sie mit ihrer Entdeckung zu Dimitri gehen. Dann wäre sie Kane, die Zigeunerin und ihre Göre auf einen Streich los. Sie stellte das Glas auf den Schreibtisch, nahm die Bücher und schloss sie in den Wandtresor. Dann hakte sie den Schlüssel wieder an die Kette, die sie um die schmale Taille trug, trank den Champagner aus und verließ das Büro.
    Die Party ging zu Ende. Der Regen trommelte gegen die Fensterscheiben und prasselte auf den Kies der Zufahrt. Viele der Gäste waren aus Cairns heraufgekommen, und sie hasteten jetzt mit Schirmen und Regenmänteln zu ihren Autos. Unter denen, die noch übernachteten, beratschlagte man murmelnd, ob mannicht morgen abreisen solle. Das Wetter hier oben in den Tablelands konnte tückisch sein; Straßen wurden weggeschwemmt, und Erdrutsche machten das Fortkommen unmöglich, und niemand wollte riskieren, vielleicht wochenlang hier oben festzusitzen. Die Feststimmung verflog, und Edith hatte an der Rezeption alle Hände voll zu tun: Sie schrieb Rechnungen und kassierte, damit der morgige Exodus reibungslos vonstatten gehen konnte.
    Als die Gäste in ihre Zimmer verschwunden waren und die Mädchen mit dem Aufräumen fertig waren, wanderte Edith durch die Gänge und Salons, um noch einmal nach dem Rechten zu sehen. Zimmermädchen und Schuhputzjungen, Kellner und Gepäckträger wohnten allesamt außerhalb, und weil Dimitri ein so großzügiger Arbeitgeber war, gab es einen kleinen Bus, der sie nach Hause brachte. Die Köchin hatte ein eigenes kleines Auto – um das Edith sie sehr beneidete, denn sie selbst besaß nur ein Fahrrad –, und sie hatte das Hotel gleich nach dem Dinner verlassen. Die Köchin wohnte mit ihrem Mann und sechs Kindern in Kuranda und verbrachte keinen Augenblick länger als nötig im Hotel; die warme Behaglichkeit des eigenen Hauses war ihr lieber.
    Als die Lichter erloschen und es still wurde im Hotel, kehrte Edith in die Küche zurück. Dimitri würde Hunger haben; also würde sie ihm einen Teller zurechtmachen und in die Wohnung stellen, bevor sie ginge. Während sie kalten Braten auf den Teller legte und Brot abschnitt, fragte sie sich, warum er nicht zur Party erschienen war. Es war merkwürdig, denn er hatte den Zigeunerfratz offenbar gern – auch wenn sie nicht begriff, warum. Sie schob die Gedanken beiseite und ging mit einem Tablett durch die Halle. Sie klopfte leise an und öffnete die Tür.
    Die Wohnräume waren dunkel und still, und die Vorhänge waren noch nicht zugezogen. Vielleicht schlief er. Sie stellte das Tablett auf den Tisch und ging auf Zehenspitzen zur Schlafzimmertür. Dimitri schnarchte meist so laut, dass die Fensterlädenklapperten, aber heute Abend hörte sie nichts. Stirnrunzelnd drückte sie die Tür auf und spähte hinein. Das Bett war unberührt. Mit besorgtem Schnalzen nahm sie das Tablett vom Tisch und kehrte in die Halle zurück. Wahrscheinlich war er in seinem Schuppen eingeschlafen, und es war jetzt zu nass und zu dunkel für den Weg hinüber. Sie stellte den Teller in die Speisekammer und holte die Kontobücher und ihren Regenmantel aus dem Büro. Sie stülpte sich einen wasserfesten Hut auf, zog Galoschen an und wickelte die Bücher in einen alten Regenmantel, den sie im Spind der Köchin fand. Dann trat sie hinaus in den strömenden Regen. Sie legte die Bücher in den Fahrradkorb und machte sich mit gesenktem Kopf auf die lange Fahrt durch das Unwetter nach Hause.

    Am nächsten Morgen wollte es kaum hell werden. Tiefhängende, dunkle Wolken verdeckten die Sonne. Frierend erreichte Edith das Hotel und lehnte ihr Fahrrad an die Wand. Sie war erschöpft, denn am vergangenen Abend war sie völlig durchfroren zu Hause angekommen, und sie hatte die ganze Nacht über den Büchern gesessen. Aber obwohl sie müde und ein

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