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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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anderem träumen. Der Tribut an meine Verzweiflung bestand darin, dass ich jetzt nur noch die Schule hatte, nach der ich mich sehnen konnte.
    Meine Rückkehr in die Schule wäre ruhmreich, da ich meine glänzende neue Cardinals-Baseballjacke tragen würde.
    Versteckt in der Zigarrenschachtel in der obersten Schublade meiner Kommode befand sich die unglaubliche Summe von vierzehn Dollar fünfzig, der Ertrag harter Arbeit und sparsamen Wirtschaftens. Widerwillig spendete ich Geld in der Kirche und investierte es klug in einen Film und Popcorn am Samstagnachmittag, aber der größte Teil meines Lohns lag sicher neben meiner Baseballkarte von Stan Musial und dem Taschenmesser mit dem Perlmuttgriff, das Ricky mir an dem Tag geschenkt hatte, als er nach Korea aufbrach.
    Ich wollte die Jacke bei Sears-Roebuck bestellen, aber meine Mutter bestand darauf, dass ich wartete, bis die Ernte beendet wäre. Darüber verhandelten wir noch. Der Versand dauerte zwei Wochen, und ich war entschlossen, im Rot der Cardinals in die Schule zurückzukehren.
    Stick Powers wartete spät eines Nachmittags auf uns. Ich kam mit Gran und meiner Mutter ein paar Minuten früher als die anderen von den Feldern zurück. Wie immer saß Stick unter einem Baum, und sein verschlafener Blick verriet uns, dass er gedöst hatte. Er tippte sich an den Hut und sagte: »Guten Tag, Ruth, Kathleen.«
    »Hallo, Stick«, sagte Gran. »Was können wir für Sie tun?«
    »Bin auf der Suche nach Eli oder Jesse.« »Die werden gleich kommen. Ist was passiert?« Stick kaute auf einem Grashalm herum, der ihm aus dem Mund ragte, und schaute lange auf die Felder, als trüge er schwer an Neuigkeiten, die vielleicht nicht für Frauenohren geeignet waren.
    »Was ist los, Stick?«, fragte Gran. Mit einem Sohn im Krieg war jeder Besuch eines uniformierten Mannes Furcht erregend.
    1944 hatte ihr einer von Sticks Vorgängern die Nachricht überbracht, dass mein Vater in Anzio verwundet worden war.
    Stick sah zu den Frauen und entschied, dass sie vertrauenswürdig waren. Er sagte: »Der älteste Junge der Siscos, Grady, der im Gefängnis ist, weil er einen Mann in Jonesboro umgebracht hat, ist letzte Woche ausgebrochen. Es heißt, er treibt sich hier in der Gegend rum.«
    Einen Augenblick lang schwiegen die Frauen. Gran war erleichtert, dass Sticks Besuch nichts mit Ricky zu tun hatte.
    Meine Mutter langweilte diese ganze Sisco-Geschichte. »Sie erzählen es besser Eli«, sagte Gran. »Wir müssen das Abendessen machen.«
    Sie entschuldigten sich und gingen ins Haus. Stick sah ihnen nach und dachte dabei zweifellos ans Essen.
    »Wen hat er umgebracht?«, fragte ich Stick, sobald die Frauen im Haus waren. »Weiß ich nicht.«
    »Wie hat er ihn umgebracht?«
    »Hab gehört, dass er ihm mit ‘ner Schaufel den Kopf eingeschlagen hat.«
    »Wow, das muss aber eine Schlägerei gewesen sein.«
    »Vermutlich.«
    »Meinen Sie, dass er hinter Hank her ist?«
    »Hör mal, ich muss mit Eli reden. Wo genau ist er?«
    Ich deutete auf eine Stelle weit in den Feldern. Der Baumwollanhänger war gerade noch zu sehen.
    »Ziemlich weit weg«, murmelte Stick. »Komm ich da mit dem Wagen hin?«
    »Klar«, sagte ich und marschierte zum Streifenwagen. Wir stiegen ein.
    »Rühr bloß nichts an«, sagte Stick, als wir saßen. Ich glotzte auf die Schalter und das Funkgerät, und Stick ließ sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen. »Das hier ist das Funkgerät«, sagte er und nahm das Mikrofon in die Hand.
    »Hiermit schaltet man die Sirene an, der Schalter dort ist fürs Licht.« Er fasste nach einem Griff am Armaturenbrett. »Und der hier ist für den Suchscheinwerfer.«
    »Mit wem sprechen Sie über das Funkgerät?«
    »Meistens mit dem Revier.«
    »Wo ist das Revier?«
    »In Jonesboro.«
    »Können Sie jetzt mit ihnen sprechen?«

    Widerwillig hielt er sich das Mikrofon an den Mund, legte den Kopf schief, runzelte die Stirn und sagte: »Hier Einheit vier, Zentrale bitte melden.«
    Er sprach leiser und schneller als sonst und mit größerem Nachdruck.
    Wir warteten.
    Als sich das Revier nicht meldete, legte er den Kopf auf die andere Seite, drückte auf den Knopf am Mikrofon und wiederholte: »Hier Einheit vier, Zentrale bitte melden.«
    »Sind Sie Einheit vier?«, fragte ich.
    »So ist es.«
    »Wie viele Einheiten gibt es?«
    »Kommt drauf an.«
    Ich starrte auf das Funkgerät und wartete darauf, dass die Zentrale sich meldete. Es erschien mir unmöglich, dass jemand, der in Jonesboro saß, direkt

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