Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
sie in eine Predigt ein, um zu illustrieren, dass Satan unermüdlich am Werk war und Elend und Kummer auf der Welt verbreitete. Ich war ausnahmsweise wach und hörte genau zu, und als er den Teil mit dem gebrochenen Hals ausließ, dachte ich, dass auch er übertrieb.
    Aber ich war entschlossen, nicht zu ertrinken. Die Fische bissen an, kleine Brassen, die ich vom Haken nahm und zurück ins Wasser warf. Ich setzte mich auf einen Baumstumpf nahe der Lagune und angelte einen Fisch nach dem anderen. Es machte fast so viel Spaß wie Baseballspielen. Der Nachmittag verging langsam, und ich war dankbar für die Einsamkeit. Auf unserer Farm waren viele Fremde. Die Felder warteten mit dem Versprechen äußerst anstrengender Arbeit. Ich hatte mit angesehen, wie ein Mann umgebracht worden war, und irgendwie war ich jetzt in diese Sache verwickelt.

Das leise Rauschen des seichten Wassers war beruhigend.
    Warum konnte ich nicht den ganzen Tag angeln? Im Schatten am Fluss sitzen? Alles, nur nicht Baumwolle pflücken. Ich würde kein Farmer werden. Ich brauchte es nicht zu üben.
    »Luke«, rief mein Vater vom Ufer. Ich zog Angel, Haken und Wurm ein und ging zu ihnen.
    »Ja, Sir«, sagte ich.
    »Setz dich«, sagte er. »Lass uns miteinander reden.«

    Ich setzte mich auf den Rand des Quilts, so weit wie möglich von ihnen weg. Sie schienen nicht böse zu sein; die Miene meiner Mutter war ausgesprochen freundlich.
    Aber die Stimme meines Vaters klang streng genug, um mich zu beunruhigen. »Warum hast du uns nicht von der Schlägerei erzählt?«, fragte er.
    Die Schlägerei, die nicht aus meinem Leben verschwinden wollte.
    Ich war von dieser Frage nicht wirklich überrascht. »Ich glaube, ich hatte Angst.«
    »Angst wovor?«
    »Angst davor, erwischt zu werden, dass ich hinter dem Co-op zugeschaut habe.«

    »Weil ich dir gesagt habe, dass du das nicht tun sollst?«, fragte meine Mutter.
    »Ja, Ma’am. Und es tut mir Leid.«
    Bei einer Schlägerei zuzuschauen war kein größerer Akt des Ungehorsams, und das wussten wir alle drei. Was sollten Jungen an einem Samstagnachmittag schon tun, wenn die Stadt voll aufgeregter Menschen war? Sie lächelte, weil ich gesagt hatte, dass es mir Leid täte. Ich versuchte so zerknirscht wie möglich dreinzublicken.
    »Es ist nicht so schlimm, dass du bei einer Schlägerei zugesehen hast«, sagte mein Vater. »Aber Geheimnisse können dich in Schwierigkeiten bringen. Du hättest mir erzählen sollen, was du gesehen hast.«
    »Ich habe einen Kampf gesehen. Ich wusste ja nicht, dass Jerry Sisco sterben würde.«
    Meine Logik ließ ihn einen Moment zögern.
    Dann sagte er: »Hast du Stick Powers die Wahrheit gesagt?«

    »Ja, Sir.«
    »Hatte einer der Siscos das Stück Holz aufgehoben? Oder war es Hank Spruill?«
    Wenn ich die Wahrheit sagte, würde ich zugeben, dass ich in meiner früheren Version gelogen hatte. Die Wahrheit sagen oder lügen, das war die Frage, die sich immer wieder stellte. Ich beschloss, die Dinge im Unklaren zu lassen. »Also, ehrlich gesagt, Dad, es ging alles so schnell. Überall fielen und flogen die Leute. Hank hat sie rumgeworfen wie Spielsachen. Und die Leute standen nicht still und haben gebrüllt. Dann hab ich das Holz gesehen.«
    Überraschenderweise stellte ihn das zufrieden. Schließlich war ich erst sieben Jahre alt, umzingelt von Gaffern, die hinter dem Co-op eine schreckliche Rauferei mit ansahen.
    Wer konnte es mir übel nehmen, wenn ich nicht genau wusste, was passiert war?

    »Sprich mit niemandem darüber, ja? Mit keiner Menschenseele.«
    »Ja, Sir.«
    »Kleine Jungs, die vor ihren Eltern Geheimnisse haben, können in große Schwierigkeiten geraten«, sagte meine Mutter. »Du kannst uns immer alles erzählen.«
    »Ja, Ma’am.«
    »Jetzt geh wieder angeln«, sagte mein Vater, und ich lief zurück zu meinem Platz.

    D ie Woche begann im Halbdunkel des Montagmorgens. Wir trafen uns beim Anhänger für die Fahrt auf die Felder, eine Fahrt, die jeden Tag etwas kürzer wurde, weil wir immer weiter vom Fluss entfernt und näher am Haus pflückten.
    Niemand sprach ein Wort. Vor uns lagen fünf endlose Tage überwältigender Arbeit und Hitze, dann käme der Samstag, der am Montag so weit in der Zukunft zu liegen schien wie Weihnachten.
    Ich blickte von meinem Sitz auf dem Traktor herunter und betete um den Tag, an dem die Spruills unsere Farm wieder verlassen würden. Sie saßen beieinander, so benommen und müde wie ich. Trot war nicht dabei, er würde nicht

Weitere Kostenlose Bücher