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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Das war die Emma. Ich war ihr seelensgut, das könnt Ihr mir glauben; aber ich ließ es mir nicht merken. Was hatte auch der arme Potschappler, der Luftikus, mit der reichen Obermeisterstochter zu schaffen! Aber wenn ich mir früh das Wasser holte und sie am Brunnen traf, wo ich einen freundlichen Gruß bekam, dann war den ganzen Tag Sonntag, und ich konnte bei der Arbeit singen und pfeifen wie eine Haidelerche.
    So verging ein halbes Jährchen und noch eins. Da Geschäft ging besser und immer besser, so daß wir beinahe einen zweiten Gesellen nöthig hatten, da der Meister nur hier und da einmal zum Vergnügen mit zugriff. Ich konnte mir ein Stück Kleidung und Wäsche nach dem anderen kaufen und fand eine wahre Lust daran, ein netter Kerl zu sein. Meine größte Freude war, wenn ich den Eltern ein Weniges nach Hause schicken konnte, und die Briefe, die ich jetzt von ihnen bekam, lauteten ganz anders als die früheren.
    Da sitze ich eines Sonntags Abends am Tische und lese in der Hauspostille. Ich war noch in kein Wirthshaus oder auf einen Saal gekommen, denn ich hatte meinen Lohn zu nothwendigeren Dingen gebraucht. Da tritt der Meister hinter meinen Stuhl und schlägt mir das Buch vor der Nase zu.
    »Höre Er, Potschappler Franz, kann Er tanzen?«
    »Ja.«
    »So will ich Ihm einmal etwas sagen. Es ist ganz gut, wenn so ein Jungbursche, wie Er, ordentlich ist und gern daheim bleibt. Man bringt dabei etwas für sich. Aber allzuviel ist auch nicht gut, und ein Kerl, wie Er, gehört auch zuweilen unter die Leute. Man hört und sieht und lernt da Manches, was Einem Nutzen macht, und wird für keinen Duckmäuser angesehen. Jetzt zieht Er seinen Rock an und geht hinauf in den ›goldenen Stern‹, da ist Tanz. Und morgen sagt Er mir, wie’s Ihm gefallen hat. Hier ist der Hausschlüssel; vorwärts, marsch!«
    Ich hatte keine rechte Lust; aber eigentlich hatte er Recht, und ich folgte ihm.
    Im »Stern« ging es gar munter her. Die Bursche sahen mich zwar ein wenig fremd an, doch war ich bald mitten unter ihnen und sah mich endlich gar nach einer Tänzerin um. Wißt Ihr, wen ich da bemerkte? Die Emma. Sie saß mit einigen Anderen an einem Tische bei Seite. Ich beobachtete sie und sah, daß sie einige Male das Tanzen abschlug. Wollte sie überhaupt nicht tanzen, oder waren es die Rechten nicht gewesen? Es war ein gar großer Abstand zwischen ihr und mir, aber ich nahm mir das Herz und ging hin. Sie wurde wie eine Kirsche so roth im Gesichte, aber sie stand auf und gab mir ihre Hand.
    »Darf ich wiederkommen?« fragte ich, als wir fertig waren.
    »Ja.«
    Ich hätte für dieses »Ja« ihr sonst etwas zu Liebe thun können, und Ihr mögt Euch nur immer denken, daß ich von jetzt an fast jede Tour mit ihr tanzte. Als es die richtige Zeit für ein ordentliches Mädchen war, ging sie mit den Anderen nach Hause. Aber wir hatten uns noch nicht gar viele Male auf dem Saale wiedergetroffen, so durfte ich an deren Stelle mitgehen.
    Wie es nun weiter kam, das brauche ich Euch nicht zu sagen. Die ganze Stadt erfuhr es, daß wir uns lieb hatten, und endlich ihr Vater auch. Na, das hat einen Heidenspectakel gegeben! Sie durfte nicht mehr fort, und wenn wir uns einmal sehen wollten, so mußten wir uns auf allerlei Schliche legen, wie sie bei solchen Gelegenheiten gebräuchlich sind. Wir trafen uns im Garten oder gingen ein Stückchen zur Stadt hinaus; aber als der Winter kam, da wollte das nicht mehr gehen; es wurde zu kalt dazu. Wir huschten nun in die Brodkammer oder in den Hausflur, und endlich machte sie es gar möglich, daß ich mit in die Wohnstube durfte, wenn Alles schlafen gegangen war. Hört einmal, Ihr Leute, das sind glückliche Zeiten, obgleich man dabei Gefahr läuft, den Rücken durchgebläut zu bekommen und zur Thür hinausgeworfen zu werden. Ich will sie Euch nicht beschreiben; denkt lieber daran, wie’s bei Euch auch gewesen ist!
    Das ging so eine ziemliche Weile, bis uns der Obermeister einmal einen fürchterlichen Strich durch die Rechnung machte. Er mußte etwas gemerkt haben, auf welche Weise, das weiß ich heut’ noch nicht. Kurz und gut, wir saßen eines schönen Sonntags Abends allein beieinander in der Stube und bauten allerlei Luftschlösser, wie sie bei jungen Leuten gebräuchlich sind; da kommt auf einmal Jemand langsam die Treppe herabgestiegen, untersucht die hintere Thür und dann auch die vordere und zieht den Hausschlüssel ab, den die Emma im Schlosse hatte stecken lassen. Wir sind natürlich nicht wenig

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