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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Semmelteig. Sehen konnte ich das freilich nicht, sondern nur fühlen, und an dem eigenthümlich süßlichen Geruche merkte ich zugleich, daß die Hefe in den Trögen schon zu gähren angefangen hatte.
    Also ich steige hinauf auf den Backofen und will es mir eben so bequem wie möglich machen, da höre ich es neben mir rascheln; es packt mich Jemand bei der Kehle, setzt mir die Kniee auf die Brust und ruft:
    »Heinrich, Fritz, kommt herein; ich hab’ ihn!«
    Das war der Obermeister. Er hatte die Emma oben eingeriegelt, daß sie gar nicht kommen konnte, den Gesellen und den Lehrjungen in den Flur postirt und mich hier erwartet. Ein Glück war es, daß ich die Thür verriegelt hatte; die Gehilfen konnten nicht herein. Aber was nun thun? Reden durfte ich nicht, damit er mir nichts beweisen konnte, wenn die Sache ja eine ungeschickte Wendung nahm; Gewalt wollte ich auch nicht gebrauchen; er war ja der Vater von meinem Mädchen, – und ausreißen? Ja, das war nun so ein Ding! Zu fürchten brauchte ich mich nicht sehr; aber der Spectakel, der Mordspectakel, der dabei entstehen mußte, und dazu waren die Thüren alle verschlossen; ich konnte doch unmöglich den Schlüssel in aller Gemüthsruhe aus der Tasche langen und mir während des Aufschließens den Buckel vollprügeln lassen, worauf es jedenfalls am meisten abgesehen war! Es war wirklich eine bedenkliche Lage.
    Und dabei drückte mir der Obermeister die Gurgel zusammen, als ob er einen Raubmörder unter sich hätte; die Luft wollte mir ausgehen, und weil das Ersticken niemals nach meinem Geschmacke gewesen ist, so faßte ich ihn doch endlich unter den Armen, hob ihn empor und legte ihn zur Seite, so daß ich wieder athmen konnte. Ich hatte dabei meine ganze Kraft nicht aufgewendet, und doch schrie er, daß man es drei Häuser weit hören konnte:
    »Hilfe, Hilfe! So macht doch nur, daß Ihr hereinkommt!«
    »Ja, Meister, wir können doch nicht; die Thür ist ja verriegelt!«
    »So hebt den Schieber aus und kommt durch die Fußgrube!«
    Alle Teufel, das war gefährlich! Wenn sie durch das Loch, durch welches der fertige Teig hinaus in den Backofen gereicht wird, hereinkamen, so war ich verloren. Ich gebe also dem Hilbert einen Klaps, daß er eine Strecke weit fortkugelt, und springe vom Backofen herunter, aber – Prosit die Mahlzeit! – nicht etwa auf die Diele, sondern in den einen Backtrog, der da auf den Stühlen steht. Das alte Möbel kommt natürlich ins Wackeln; ich fahre mit den Händen in der Luft herum, als wolle ich Mücken fangen, kann aber das politische Gleichgewicht nicht wiederfinden, falle also vornüber und schlage wie ein Dampfhammer in den zweiten Backtrog. Der hat sich das Ding auch nicht vermuthet und fährt vor Entsetzen so ganz außer Rand und Band, daß wir im nächsten Augenblicke alle Sieben miteinander und durcheinander unten auf dem Boden liegen, nämlich vier Stühle, die zwei Backtröge und ich.
    Na, so eine Weihnachten! Ihr könnt Euch den Heidenscandal gar nicht vorstellen! Die beiden Kerls in der Fußgrube denken, die Welt geht in der Stube unter, und schreien, was sie nur schreien können; der Obermeister trompetet vor Wuth wie ein Elephant und kommt vom Backofen heruntergeschossen; natürlich will er mich wieder bei der Parabel nehmen, geräth aber mit den Beinen in das umgestürzte Backmagazin und fällt mitten hinein, so daß er wieder gerade auf mich zu liegen kommt. Der Geselle hat unterdessen den Schieber geöffnet und steckt schon mit dem halben Leibe in der Stube; der Lehrjunge schiebt helfend nach; ich muß mich also zu salviren suchen und springe auf. Hilbert aber hat sich an mir festgeklammert, und ich kann ihn wirklich nicht anders los werden, als daß ich ihn oben und unten anfasse und in den dreielligen Semmeltrog einquartiere. Ehe er sich aus dem alten Kasten herausfindet, bin ich im Flur und lange nach dem Hausschlüssel. Aber damit ist’s nichts. Der Nachtwächter hat seinen Umgang gehalten, den Lärm gehört und Succurs geholt. Es donnert vorn und hinten an den Thüren, und von oben kommen nun auch die aus dem Schlafe geweckten Hausleute die Treppe herunter. Sapperlot, wohin soll ich um Tausendwillen nur fahren? In die Küche, weiter giebt es keine Rettung!
    Ich reiße also die alte, morsche Thür auf, daß sie aus den verrosteten Angeln fährt und auf eine hölzerne Stellage fällt, auf der sich eine Menge von allen möglichen thönernen Töpfen, Schüsseln, Torten-und Pfannenkuchenformen befindet. Das giebt ein

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