Die Fastnachtsnarren. Humoresken
gemeint. Er sah auch damals schäbig genug aus; jetzt aber weiß ich, daß Er ein fleißiger und tüchtiger Bäcker ist. Ich bitte es Ihm ab!«
»Gut, so gebt mir die Emma! Ich übernehme die Bäckerei und Ihr den Getreidehandel, und ich sage Euch, Ihr macht kein schlechtes Geschäft dabei! Die Brautschau morgen bringt Euch kein Heil!«
Jetzt mengt sich auch der Jakob in die Sache; die Meisterin steht ihm getreulich bei, und die Emma legt sich mit mir aufs Bitten. Er ist im Grunde kein harter Mann, springt endlich auf und ruft:
»Na, da nehmt Euch meinetwegen, wenn Er mir sagt, wo das Geld ist!«
»Gut, Herr Obermeister! Eingeschlagen!«
»Topp!«
»Und zu Ostern ist die Hochzeit?«
»Ja, ja; meinetwegen schon am Charfreitage!«
»Da brennt Euch rasch ein paar Laternen an!«
Das geschieht, und nun steigen wir die zwei Treppen hinan, Eins hinter dem Anderen: erst ich, hinter mir der Obermeister, dem der Bäckerjakob folgt, dann kommt Mutter und Tochter, nachher der Geselle, endlich die Magd und ganz zu allerletzt der Lehrjunge. So geht es hinauf bis auf den Hahnebalkenboden, wo ich an die Mauer leuchte.
»Da sind wir. Nun sucht einmal, ob Ihr ‘was findet!«
Natürlich finden sie nichts, und so zeige ich denn auf die Wand.
»Seht einmal her! Das habt Ihr für die Brandmauer zwischen Euch und dem Nachbar Schwalbe gehalten; es ist aber nur eine dünne Ziegelwand, die der Ludwig hergestellt hat, um sein Geld zu verstecken.«
Ich stoße mit dem Fuße die aufs Hohe gestellten Lehmziegel ein; der Zwischenraum wird sichtbar, und wie die Spinne auf die Fliege, so fährt der Obermeister nach den Töpfen. Jedes will zuerst hineingucken; er aber drängt sie Alle fort und sagt:
»Hier nicht. Kommt hinunter in die Stube; da ist’s bequemer!«
Die Töpfe werden gepackt, er einen, ich einen und der Jakob einen. Als wir in den Flur kommen, klopft der Gerichtsdiener an die Hausthür und will wegen dem Einbrecher herein. Hilbert fertigt ihn kurz ab, und nun geht es in die Wohnstube. Da hängt der Himmel voll Baßgeigen; zum Aufräumen ist keine Zeit; wir haben mehr zu thun; es wird gegessen und getrunken, geschwatzt und gelacht, gejubelt und – Geld gezählt, und als ich endlich aufbrach, da haben sich die beiden Teigpanzermänner umärmelt, und der Obermeister hat gemeint:
»Potschappler Franz, ich habe mich sehr in Ihm geirrt; ich glaub’, es muß da hinten doch recht wackere Leute geben! Was meinst Du, Jakob?«
»Hm, bin ja auch dort gewesen und habe zwei volle Jahre da in der Gegend von Potschappel in Arbeit gestanden. War eine schöne Zeit und hab’ sie nie vergessen. Jetzt aber komme Er, Franz; meine Alte muß auch erfahren, wie Er zu der Emma und der Obermeister zu seinen Laubthalern gekommen ist!«
Die Universalerben
Eine rachgierige Geschichte von Karl Hohenthal
I.
Es gibt Aehnlichkeiten, die wirklich ganz erstaunlich sind. Wiesenburg, Wiesenthal und Wiesenberg, diese drei beinahe gleichlautenden Namen stehen in ganz gleichen Intervallen auf der Karte, da die betreffenden Städte in vollständig gleichen Entfernungen von einander liegen.
Wiesenthal ist Bahnstation. Fährt man von hier nach Westen, so gelangt man an einen kleinen Halteort, von welchem aus die zwei Stunden lange Poststraße nach Wiesenburg führt. Und fährt man nach Osten, so kommt man an eine Haltestelle, von welcher aus man Wiesenberg in ganz derselben Zeit erreicht.
Einige Minuten vor Wiesenburg liegt seitwärts von der Straße und mitten unter schattigen Bäumen, die von einem eisernen Stakete umgeben sind, ein allerliebstes Häuschen von sechs Fenstern Front und im gothischen Stile erbaut. Auf dem Ziegeldache ist in abstechenden Farben ein »A – 1860 – H« eingedeckt. Und einige Minuten vor Wiesenberg steht, mehrere hundert Schritte von der Straße gelegen und rings von Bäumen umgeben, um welche sich ein eiserner Zaun zieht, ein kleines, nettes, gothisches Häuschen von sechs Fenstern Breite mit ganz genau derselben Inschrift auf dem Dache.
Das Wiesenburger Häuschen bewohnt Herr Rentier August Hildebrandt, ein Junggeselle, und das Wiesenberger die Rentière Fräulein Auguste Hildebrandt.
Herr Hildebrandt weiß nicht mehr ganz genau, wie alt er ist; er hat keine Zeit, auf die Zeit zu merken, denn das anderthalb Dutzend Hunde, welches er besitzt, macht ihm genug zu schaffen, und außerdem muß er täglich einige Stunden auf seinen Kassenschrank verwenden, um die Nummern der darin aufgestapelten Banknoten immer von Neuem
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