Die Fastnachtsnarren. Humoresken
Spektakel hier!« ruft es barsch grad neben ihm, und eine kräftige Hand reißt ihm das heilige Zeichen und Insignum seines Amtes aus den Fingern. »Da oben wohnt ja der Schuhmachermeister Henneberger, und es ist an einen Uhligbäcker in ganz Breitenfeld gar nicht zu gedenken!«
»Spektakel hier –? Henneberger –? Breitenfeld –? Was fällt Ihm ein! Meine Schnarre her!«
»Das warte Er nur ruhig ab! Also, wer ist Er, und was hat Er hier auf der Hintergasse zu suchen?«
»Auf der Hintergasse? Die haben wir mein Lebtage noch nie in Birkenstein gehabt. Lasse doch Er einmal sehen, wer Er ist!«
Er bückt sich nieder und bringt seine Karfunkelnase grad bis an diejenige seines innerlich triumphirenden Gegners.
»Wa – wa – wa – waaaas? Das ist ja der Grundmann! Da ist der saubere Patron also ausgebrochen, und statt sich schleunigst von dannen zu machen, ist er zum zweiten Male so keck und unverschämt, mich anzuhalten! Das konnte eine schöne Litanei geben, wenn ich Ihn am Morgen auf das Rathhaus bringen sollte. Aber gut, daß ich Ihn wieder habe! Diesmal wird Er angebunden, und Er soll zu Seinem Schreck erfahren, was es heißt, sich einer gesetzmäßigen Gefangenschaft gewaltthätiger Weise zu entziehen. Wir haben hier in Birkenstein schon noch Mittel und Wege, einen lebensgefährlichen Verbrecher zahm und gefüge zu machen!«
»Ich glaube, Er hat geträumt oder ist total betrunken! Wir sind hier in Breitenfeld, und ich möchte wirklich wissen, wie es möglich ist, daß ich heut in Birkenstein ausbrechen konnte. Er ist wohl der Nachtwächter Bergmann? Das ist mir lieb, und ich werde so gut für Sein Unterkommen sorgen, daß Er sich ein Beispiel daran nehmen kann!«
Bergmann weiß, daß er in Birkenstein vorhin ganz genau dieselben Worte zu Grundmann gesagt hat; die Sicherheit des Letzteren macht ihn stutzig, aber sie steigert auch seinen Zorn.
»Ich will Ihn schon bebeispielen, Er Nichtsnutz Er! Denkt Er etwa, weil Sein Mädchen meinen – – –«
Er hält mitten in der Rede inne, denn es schlägt zwei Uhr. Aber das sind nicht die Birkensteiner Glocken, und jetzt schlägt noch eine zweite Uhr; das muß auf dem Breitenfelder Rathsthurm sein. Der Schreck fährt ihm in alle Glieder und färbt sogar die Nase weiß, wie man sehen könnte, wenn es nicht gar so finster wäre.
»Na, geht Ihm bei diesem Klange endlich der richtige Seifensieder auf? Aber sage Er doch nur, wie Er um diese Zeit nach Breitenfeld kommt!«
»Wie ich nach Breitenfeld komme? Das kann nicht anders als mit dem Omnibus geschehen sein. Ich hatte so einen kleinen Käfer und bin hineingekrochen, um mich auszuruhen.«
»Ja, so wird es schon sein! Und wenn man einen Käfer hat, so träumt man allerhand tolles Zeug von Arretiren und Durchbrennen und so weiter. Na, das wird bei Ihm ja gleich in Erfüllung gehen, denn es versteht sich ganz von selbst, daß ich Ihn als nächtlichen Ruhestörer nach Nummer Sicher bringen muß.«
»Das wird Er doch nicht an mir thun!«
»Warum denn nicht?«
»Ich an Seiner Stelle würde Verstand annehmen!«
»Papperlapapp! In solchen Dingen habe ich gar keinen Verstand! Er wird eingesponnen und am Morgen im Triumphe durch die Straßen geführt. Ich werde Ihm zeigen, daß Er Seine Meriten nicht alleine hat! Vorwärts marsch, wenn ich Ihn nicht auch noch wegen Widersetzlichkeit anzeigen soll!«
Bergmann muß sich wohl oder übel in das Unvermeidliche fügen. Der alte Bramarbas ist ganz still und weich geworden und geht gesenkten Hauptes neben seinem Erzfeinde her. Er denkt an die fürchterliche Schande, welche ihn erwartet, an das Gelächter der Straßenjugend und an all die Folgen seiner unglückseligen Omnibusfahrt. Und das Alles hat er vorher im Wagen ganz genau geträumt, nur daß die Rollen umgewechselt waren; denn das sieht er ein, daß er den Grundmann in Wirklichkeit gar nicht arretirt haben kann. Wie so ein Traum doch in Erfüllung gehen kann, und unglücklicher Weise mit ganz verkehrtem Gesichte! Er entschließt sich, gute Worte zu geben, aber sie fruchten Nichts. Grundmann antwortet kaum auf die dringenden Bitten, mit denen ihn Jener bestürmt, und wandert ungewöhnlich raschen Schrittes aus einer Gasse in die andere, bis sie gar an das Ende des Städtchens gelangen, wo sie vor dem letzten Hause stehen bleiben. Der Nachtwächter zieht einen Schlüssel hervor und öffnet die Hausthür.
»Tretet jetzt mit hier ein; das Uebrige wird wohl von Euch selbst abhängen!«
Nachdem er den Eingang wieder
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