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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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weniger kann ich wissen, wer von ihnen grad heut Abend bei Euch eingekehrt ist. War es denn wirklich so etwas Außergewöhnliches?«
    »Ganz und gar. Der Vater ist vor Freude und Seligkeit geradezu aus dem Häuschen. Denke Dir nur, er hat heut mit keinem einzigen Worte von Euerem Proceß gesprochen. Das ist doch viel!«
    »So, vor Freud’ und Seligkeit gradezu aus dem Häuschen? Ist denn etwa der Kaiser dagewesen oder gar der Bismark?«
    »Wahrhaftig«, staunte sie, »Du hast es errathen! Oder hast Du schon davon gehört?«
    »Keine Sylbe! Ich habe seit zehn Uhr dort am Zaune gestanden und auf Dich gewartet. Ich darf mich hier doch gar nicht sehen lassen; wie kann ich also mit irgend Jemandem verkehrt haben! Aber das mit dem Errathen ist natürlich nur Dein Spaß!«
    »Spaß? Nein, es ist mein vollständiger Ernst. Der Bismark und der Moltke sind da und bleiben bei uns über Nacht.«
    »Papperlappapp!«
    »Natürlich! Da droben in den beiden Stuben schlafen sie!«
    »Papperlappapp!«
    »Sie wollen unsere Gegend aufnehmen, weil hier die Russen und Franzosen geschlagen werden!«
    »Papperlappapp!«
    »Und der Vater soll ihnen helfen, den Plan zu machen. Er geht mit ihnen hinaus und führt sie überall herum!«
    »Papperlappapp!«
    »Ach laß doch nur Dein Papperlappapp! Ich werde Dir doch nichts weiß machen! Sie sind gegen Abend gekommen, jeder in einer vierspännigen Karrosse, erst der Moltke und dann der Bismark!«
    »So! haben sie Euch denn ihre Geburtszeugnisse und Taufscheine vorgezeigt?«
    »Nein. Solche Herren kann man natürlich gar nicht nach dem Passe fragen; aber wir haben sie gleich erkannt, weil wir die Bilder haben.«
    »Also wirklich? da ist es doch wahr, was heute im Blatte gestanden hat!« meinte er. Hätte sie mehr auf den Ton seiner Stimme geachtet, so wäre sie vielleicht auf den Gedanken gekommen, daß er von den beiden hohen Gästen mehr wisse als er sich merken lassen wollte. »Der Redakteur war gestern bei uns zu Biere und hat die Neuigkeit von dem Uhlewald erfahren, der sie in einer Berliner Zeitung gelesen hat.«
    »Uhlewald? Ist das der Theaterdirector, der mit seiner Gesellschaft vor zwei Jahren bei Euch spielte?«
    »Ja; er ist jetzt wieder da. Kennst Du ihn?«
    »Nein. Es ist von hier zu weit nach Limberg, um Abends in das Theater zu gehen. Aber ich möchte gern wieder einmal so etwas sehen!«
    »Das kannst Du haben. Er weiß, daß Du meine Geliebte bist und hat mir für Dich so viele Freibillets versprochen, als Du nur immer haben willst. Du sollst sie Dir morgen holen, wenn Du nach Limberg zu Markte kommst.«
    »Die können mir nichts nutzen, denn wenn es auch nicht so weit wäre, ich dürfte doch nicht gehen!«
    »Warum nicht?«
    »Nun, Du denkst wohl gar nicht an den Proceß!«
    »O doch; aber der Uhlewald ist ein gewaltig kluger Kopf, der schon Manches fertig gebracht hat, was keinem Anderen gelungen wäre. Er behauptet, daß die Feindschaft ein Ende hat, wenn Du morgen, oder vielmehr heut, denn es ist schon Zwölf vorüber, zu ihm in die ›drei Schwanen‹ kommst. Willst Du, Lisbeth?«
    »Ach, das sagt er nur so, weil er mich vielleicht gern einmal sehen will. Mein Vater würde zwar nichts davon erfahren, wenn ich einmal zu Dir käme, aber der Deinige, der jagte mich doch gleich wieder zur Thür hinaus!«
    »Was das betrifft, so wollen wir es erst einmal versuchen. Du kommst doch wie gewöhnlich zum Wochenmarkte?«
    »Ja.«
    »Gut, so werde ich Dich treffen, und das Uebrige wird sich finden. Der Zank und Aerger muß endlich ein Ende nehmen, sonst gehe ich aus dem Hause!«
    Er legte den Arm liebevoll um das hübsche Mädchen und zog es näher an sich. Sie hatten sich so viel zu sagen, und dabei verging die Zeit so schnell, daß Lisbeth fast erschrak, als es auf dem Dorfkirchthurme drei Uhr schlug. Sie stand auf.
    »So spät schon! Jetzt muß ich schlafen gehen, denn um vier Uhr weckt mich Vater wieder auf.«
    »So bleibst Du lieber gleich wach. Die eine Stunde Schlaf nützt Dir nun auch nicht viel. Wir gehen hinein in die Stube; da kannst Du immer schon dafür sorgen, daß der Kaffee zur rechter Zeit fertig ist, und ich, nun, ich trinke auch eine Tasse.«
    »Aber wenn der Vater es merkt?«
    »Sobald der oben lebendig wird, reiße ich aus.«
    »So komm mit. Ich verschließe die Hausthür nicht wieder und riegle auch die Hofthür auf, damit Du zu allen Seiten hinauskommst, wenn er unvermuthet kommen sollte.«
    Sie schlichen sich in das Innere des Hauses. Während das Mädchen sich

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