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Die Feenflöte

Die Feenflöte

Titel: Die Feenflöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Rose
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bot.
    Gebot folgte auf Gebot, nun wieder langsamer, fast ausschließlich zwischen den beiden Kontrahenten von vorhin. Sean verfolgte den Wettkampf mit wachsender Besorgnis. Nach Lage der Dinge würde er am Ende wirklich an sein äußerstes Limit stoßen. Er befand sich in einem Wechselbad von Hoffnung und Verzweiflung. Ihm entging nicht, daß von van Loenhout kein weiteres Gebot mehr kam. Hatte er aufgegeben? Oder wartete er wie der Mann mit dem Logbuch auf den entscheidenden Augenblick? Und wenn ja, wie würden die beiden anderen sich diesmal verhalten? Der Überraschungseffekt war nicht mehr gegeben.
    Bei 5000 gab Catherine ihr letztes Gebot ab. Dies war das Limit, das Sean ihr genannt hatte. Höher sollte sie auf keinen Fall gehen. Es schien die beiden anderen jedoch überhaupt nicht zu beeindrucken. Madame bot 5100, Monsieur zog kurz vor dem Zuschlag wieder nach.
    Abermals ließ Monsieur Theberny sich Zeit. Auch dies hier versprach spannend zu werden. Der Händler bot nicht, ob nicht mehr oder nur momentan, das vermochte nicht einmal er einzuschätzen. Die junge Dame hatte nach 5000 nicht mehr erhöht, doch auch das hatte noch nichts zu bedeuten. Wer mochte diesmal auf der Lauer liegen?
    Die Grenze von 6000 wurde überschritten. Anscheinend wollte keiner der beiden nachgeben. Geld genug schienen sie zu haben. Um das Buch ging es ihnen sowieso nicht.
    "6900 zum Ersten. 6900 sind geboten. Wer bietet mehr? Bietet jemand 7000? 6900 zum Zweiten."
    Stille im Saal. Würde einer der beiden Kontrahenten bei dieser Summe aufhören?
    "6900 sind noch immer das letzte Gebot. Und 6900 zum..."
    Catherines Hand schoß in die Luft.
    "7000, 7000 zum Ersten." Ein unmerkliches Lächeln huschte über Monsieur Thebernys Gesicht. Also gab es auch hier jemand mit einem echten Interesse.
    Sean fuhr herum und starrte Catherine an.
    "Was tust du da?"
    Sie sah ihm fest in die Augen.
    "Ich will, daß du dieses Buch bekommst. Du bist der Einzige hier, der es wirklich will, der es braucht."
    Trotz der gewaltigen inneren Anspannung schoß es wie ein heißer Pfeil durch Seans Herz. Wenn es überhaupt eines Beweises bedurft hätte, wie viel ihr an ihm lag, dann hatte sie ihn soeben geführt.
    So oft sie es später versuchte, sie war nie in der Lage zu erklären, was über sie kam. Sie schaute Sean an, sah seinen Gesichtsausdruck, seine Verblüffung und den glücklichen Glanz, der plötzlich aus seinen Augen leuchtete.
    "7100 zum Zweiten. Und 7100 ..."
    Sie hörte es nicht. Mit beiden Händen nahm sie seinen Kopf in ihre Hände und küßte ihn. Völlig überrascht verlor Sean beinahe das Gleichgewicht, als sie ihn zu sich heranzog. Sein rechter Arm ruderte einen Moment in der Luft.
    "Ist das ein Gebot, Monsieur? 7200?"
    Die beiden schauten kurz nach vorne, wo Monsieur Theberny mit einem Lächeln auf sie zeigte. Da Sean nicht augenblicklich widersprach, fuhr er fort.
    "Dann sind 7200 geboten zum Ersten. 7200, 7200 zum Zweiten, und..." er sah kurz in den Saal.
    "7200 zum Dritten! Verkauft an den Herrn mit der Nummer 58 und seine charmante Begleiterin."
     
    Eng aneinander gekuschelt lagen sie in Catherines Bett und studierten das Feenbuch. Obwohl sie die Schrift bisher noch immer nicht entziffern konnten, war es ihnen im Laufe der beiden vergangenen Tage vertrauter geworden. Anfangs hatten sie wahllos darin herumgeblättert, als müßten seine Geheimnisse sich urplötzlich von alleine enthüllen. Inzwischen waren sie immerhin so weit vorgedrungen, daß sie glaubten, einzelne Kapitel voneinander unterscheiden zu können.
    "Wer sagt uns denn, daß Feen ihre Bücher genauso schreiben wie wir?" hatte Sean sie gestern gefragt.
    "Jetzt übertreibst du es mit der Andersartigkeit. Sie schreiben Bücher, sie verwenden kleine Zeichnungen und Symbole darin, das ist doch alles ganz normal."
    "Ich will nur nicht auf eine falsche Fährte geraten." hatte er geantwortet.
    Heute versuchten sie, mehr Aufschluß über die Symbole zu bekommen. Sean hatte seine Flöte mitgebracht, und sie verglichen deren Verzierungen und Symbole mit jenen im Buch. Ihre Identität stand völlig außer Zweifel. In all den Jahren hatte Sean häufig bei der Betrachtung seines Instrumentes gerätselt, was die Symbole bedeuten mochten, welche der feinen Gravuren zu ihnen zählten, und welche ausschließlich schmückendes Beiwerk sein mochten. An Hand des Buches war das jetzt möglich.
    Catherine nutzte die Gelegenheit, die goldene Flöte intensiv zu betrachten. Sein Instrument in Händen

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