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Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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zusammengerollten, versiegelten
Brief aus. Julia entrollte ihn und las ihn, wofür sie sich
unverschämt viel Zeit ließ.
    »Und?«,
sagte ich schließlich ärgerlich, als ich mit meiner
Geduld am Ende war. »Worum geht es?«
    »Dräng mich
nicht, Liebster, du weißt doch, dass ich das nicht
mag.«
    Also schnippte ich mit
den Fingern einem Sklaven zu, und der gut ausgebildete Mann
füllte mir sofort Wein nach. Es war, wie ich mich erinnere,
ein exzellenter Massiker.
    »Der Brief
beginnt mit den üblichen Höflichkeitsfloskeln. Sie nennt
mich ihre Schwester und schreibt, dass ich sie viel zu lange nicht
besucht und sie meine Gesellschaft furchtbar vermisst habe, obwohl
sie es mit diesen Formalitäten nicht so übertreibt, wie
es viele Frauen zu tun pflegen. Sie ist eine Frau von erlesenstem
Geschmack.«
    »Das kann man
wohl sagen«, murmelte ich.
    »Sie lädt
uns für übermorgen Abend zu einem geselligen
Gesprächskreis ein und entschuldigt sich für die
kurzfristige Einladung.«
    »Aha!«,
entgegnete ich und spitzte die Ohren.
    »Aha
was?«
    »Einfach nur
aha. Fahre fort.«
    »Sie sagt, dass
einige der mit ihr bekannten Astronomen ebenfalls da sein
werden.«
    »Das klingt
vielversprechend. Vielleicht hat sie etwas für uns
herausgefunden.«
    »Aber jetzt
kommt das Interessanteste. Sie sagt, dass die ganze Gruppe bei
Sonnenuntergang zu einem kleinen Bankett in Kleopatras Haus gehen
wird.«
    »Das ist ja
interessant. Was führt die Frau im
Schilde?« 

Kapitel 12
    Als ich am
nächsten Morgen aufwachte, wusste ich, was ich am Vorabend
übersehen hatte. Es war dieser Bote, der in der Art von Merkur
gekleidet gewesen war. Ich hätte viel früher darauf
kommen sollen, aber wie ich feststellen musste, schienen sich
manche Denkprozesse mit zunehmendem Alter zu verlangsamen. Das war
zweifelsohne auf den unheilvollen Einfluss eines feindseligen
Gottes zurückzuführen.
    Ich ließ Hermes
herbeirufen. Bei seinem Eintreffen war ich gerade bei meiner
Morgentoilette.
    »Hermes, wir
gehen heute Morgen zum Sitz des Collegiums der Boten.« Ich
tauchte mein Gesicht in die Schale mit kaltem Wasser und blies eine
Weile Fontänen wie ein gestrandeter Wal. Schließlich
richtete ich mich auf und griff nach einem Handtuch, das Hermes mir
in die Hand drückte. Während ich mir das Gesicht
abtrocknete, schienen sich die Spinnengewebe und der Rauch in
meinem Kopf zu verflüchtigen.
    »Da hätte
ich auch selber drauf kommen können«, sagte
Hermes.
    »Du denkst also,
was ich auch denke. Was wäre logischer, als dass unser
schnellfüßiger Flüchtiger als Bote arbeitet? Auf
die Weise bleibt er in Übung und wird obendrein noch
dafür bezahlt.«
    »Aber die
Mitglieder des Collegiums der Boten sind größtenteils
Sklaven«, gab Hermes zu bedenken. »Er könnte auch
als Bote in einem der bedeutenden Häuser arbeiten, anstatt im
Dienste des
Staates.«         
    »Das ist
durchaus möglich«, stimmte ich ihm zu. Ich wusste, dass
Männer, die wie Cicero eine umfangreiche Korrespondenz führten, fest
angestellte Boten beschäftigten. Manche Geschäftsleute
beschäftigten sogar Dutzende. »Aber es ist ein Ort, an
dem wir anfangen können; außerdem muss unter den Boten
ein reger Informationsaustausch herrschen. Es ist schließlich
keine große Gruppe, nicht einmal in Rom.«
    Nach ein paar Happen
ölgetränkten Brots traten wir hinaus. Die Sonne strahlte
bereits die Dächer der niedrigsten Häuser an. Wir gingen,
wie an den meisten Vormittagen, in Richtung Forum. Der Sitz des
Collegiums der Boten befand sich in der Nähe der Curia, weil
die Boten einen Großteil ihrer Aufträge von den
Senatoren erhielten.
    Es war ein
bescheidenes Gebäude; die Schnitzerei über dem Eingang
verkündete logischerweise, dass es sich um die Bruderschaft
des Merkur handelte. Vor dem Gebäude stand eine ziemlich fein
gearbeitete Statue des Gottes, und etliche Mitglieder des
Collegiums lungerten auf der Treppe herum. Normalerweise
saßen noch weitaus mehr Boten in der Schenke auf der
gegenüberliegenden Seite der engen Straße, aber zu
dieser frühen Morgenstunde war sie so gut wie leer. Wir
stiegen die kurze Treppe hinauf und betraten das
Gebäude.
    Da es sich um eine
Vereinigung handelte, deren Kapital ausschließlich aus ihren
Mitgliedern bestand, waren weder eine aufwendige Ausstattung noch
Lagerflächen erforderlich. Es gab einen großen Raum,
dessen Wände mit geschmackvollen Fresken dekoriert waren und
in dessen Mitte ein Marmortisch stand. In der hinteren

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