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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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eine Menge komische Sachen
     machten. Sie atmete einmal tief durch. Ihre Hände waren schon wieder ruhiger. Sie wollte gerade den Motor anlassen und zu
     ihm hinfahren, als er an den Wagen kam.
    »Mensch, das hat ja vielleicht gedauert«, rief sie ungehalten,aber eigentlich unendlich erleichtert. Sie warf einen raschen Blick hinüber, um zu sehen, ob der Perverse immer noch stierte.
     Ihr Großvater schwitzte wie verrückt.
    »Was ist los, Grandpa?«
    »Ganz schön warm«, japste er außer Atem.
    »So heiß ist es nun auch wieder nicht. Besonders für Juni. Normalerweise ist es da wärmer.«
    »Also, mir reicht’s«, antwortete er gereizt.
    Vielleicht ist das auch wieder typisch für alte Leute, dachte April. Obwohl sie immer gedacht hatte, gerade die hätten es
     gern warm. Warum sonst hätten sie sich alle nach Florida verdünnisieren sollen?
    »Wie du meinst«, sagte sie. Sie drehte den Zündschlüssel. Zum Glück sprang der Motor an.
    »Tust du mir einen Gefallen, Clare?«, fragte ihr Großvater. Er griff in seine Hosentasche, holte einen Geldschein hervor und
     reichte ihn ihr. »Besorg mir doch eine Flasche Wasser. Poland Springs oder was sie sonst so haben.«
    »Ich heiße April«, verbesserte sie ihn nun schon zum ungefähr hundertsten Mal. Sie war nicht wirklich wütend, dass er ihren
     Namen mit dem ihrer Großmutter oder ihrer Kusine verwechselte. Sie wollte einfach nur weg von dieser Tankstelle. »Wie wäre
     es denn mit dem guten alten Leitungswasser?«, fragte sie. Am Anfang ihrer Reise hatte ihr Großvater sich immer über sie lustig
     gemacht, weil sie so oft Wasserflaschen kaufen wollte, und dabei nie unerwähnt gelassen, dass er sein Leben lang nur Leitungswasser
     getrunken hatte, ohne dass es ihm geschadet hätte, ganz zu schweigen von seinem Portemonnaie. »Warum hast du nicht ein bisschen
     gutes altes Leitungswasser getrunken, als du auf dem Klo warst?«
    »Das Wasser da drin war ganz rostig«, antwortete er, immernoch leicht keuchend. »Ich bin nur ein bisschen durstig, mehr nicht. Kannst dir ja auch eine kaufen.«
    Danach zu urteilen, welche Mühe er hatte, wieder zu Atem zu kommen, war ihr Großvater mehr als nur ein bisschen durstig. Kein
     gutes Zeichen. Sie waren noch gar nicht lange unterwegs, und schon wurden ihre schlimmsten Befürchtungen wahr: dass der Alte
     womöglich einen Herzinfarkt bekam oder starb oder sonst was, und dann würden die Bullen kommen und alle möglichen Fragen stellen
     und rausfinden, wer sie war. Und schwuppdiwupp wäre sie wieder zu Hause, und ihre Mutter würde sie nerven bis zum Umfallen,
     wenn sie nicht gerade hysterisch über einen von Hank Johnsons peinlichen, abgeschmackten Witzen lachte. Hank mit seinen Witzen
     kletterte auf Aprils SZK-Liste langsam aber sicher immer weiter nach oben.
    »Wenn’s geht, noch bevor ich ohnmächtig werde«, fügte ihr Großvater hinzu.
    April stellte den Motor wieder ab.
    Die Luft im Laden war kühl, aber abgestanden. Das Radio übertrug lautstark ein Footballspiel.
    »Hi«, sagte der Tankwart.
    April beschloss, sich alles genau merken für den Fall, dass sie die Vorgänge später den Bullen beschreiben musste. Der Typ
     war alt – wahrscheinlich Mitte dreißig. Dürr und dunkle Haare. Keine Brille. Die Augenfarbe würde sie sich später einprägen,
     wenn sie das Wasser bezahlte.
    Sie holte zwei Flaschen aus dem Kühlschrank. Obwohl ihr Herz heftig pochte, versuchte sie, sie trotzdem möglichst lässig auf
     die Theke zu stellen. Der Tankwart rührte sich nicht. Er sah noch nicht einmal von der Zeitung auf, die er vor sich ausgebreitet
     hatte. Das gab April die Gelegenheit, sich noch mehr Einzelheiten zu merken. Sie vergaß aber, ihm in die Augen zu schauen,weil sie von dem Tattoo rechts am Hals abgelenkt wurde, einem Drachen mit massenhaft Zähnen, der in dem verwaschenen blauen
     Arbeitshemd verschwand.
Kein Namensschild, Officer
.
    Ruckartig blätterte er um, sah plötzlich hoch und spielte den Überraschten. »Oh, tut mir leid. Du bist ja noch da.«
    April wusste nicht, ob sie lächeln sollte oder was.
    »Ähm, ja«, sagte sie. Ihr entfuhr ein nervöses Kichern.
    »Ich habe nämlich eben hi gesagt, und du hast nicht geantwortet. Da dachte ich, du bist wieder gegangen.«
    April merkte, wie sie rot wurde. »Oh«, sagte sie. »Hi.«
    »Na also. Das war doch gar nicht so schwer, oder?«
    Keine Zahnlücken, soweit April sehen konnte. Eigentlich sogar ein ganz nett aussehender Mann, musste sie zugeben, wenn man
     auf

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