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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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Tätowierungen stand. Sein Lächeln wirkte warmherzig und echt. Sie schob ihm die Flaschen zu.
    »Kann ich sonst noch was für dich tun?«, fragte er. Er setzte sich hin und überkreuzte die Arme. Wie angewurzelt saß er da.
     Und plötzlich lächelte er auch nicht mehr. Er stierte sie an.
    Sofort standen April die Nackenhaare zu Berge. »Das ist alles«, sagte sie. Sie versuchte, cool zu klingen, gelassen. Sie schob
     den Geldschein, den Großvater ihr gegeben hatte, über die Theke.
    Der Tankwart musterte ihn, wandte dabei aber kaum den Kopf. Vielleicht ist er ja querschnittsgelähmt oder so, redete sie sich
     ein.
    »Darauf kann ich nicht rausgeben«, sagte er.
    Erst jetzt bemerkte April, dass es ein Hundert-Dollar-Schein war. Mist. Jetzt musste sie zurück zum Auto, ihren Großvater
     fragen, ob er es kleiner hatte, dann wieder zurück und sich noch mal mit diesem Widerling abgeben. Andererseits wusste sie
     irgendwie – ohne den Hauch eines Zweifels, wie ihre Mutter gesagt hätte –, dass in der Kasse genügend Wechselgeld lag.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Kleiner haben wir es nicht.« Sie betonte das »Wir«.
    Der Tankwart schnaubte. »Du und Opi, was?«
    Er stand auf und machte einen Schritt nach rechts, so dass er jetzt direkt vor ihr stand, zwischen ihnen das Wasser und der
     Hundert-Dollar-Schein.
    »Tja, tut mir leid, dass du es nicht kleiner hast, aber wechseln kann ich trotzdem nicht.« Er warf einen Blick auf den Schein.
     »Wir haben selten Leute hier, die mit so viel Geld herumwedeln.« Er lehnte sich vor.
»Unfreundliche Leute.«
    »Ich wedele mit überhaupt nichts.« Irgendwie kam ihr das, was sie gerade gesagt hatte, nicht ganz richtig vor.
    Der Tankwart grinste dreckig.
    Jetzt reichte es April. Es würde ja wohl unterwegs noch mal eine andere Tankstelle oder ein Seven-Eleven kommen – obwohl die
     hier die Erste gewesen war, an der sie nach Ewigkeiten vorbeigekommen waren. Dann würde ihr Großvater sich eben einfach gedulden
     müssen. Selbst schuld. Er wollte ja unbedingt nur auf Nebenstraßen fahren, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht, um aus
     dem Fenster die vorbeihuschenden Bäume anzugucken. Dass er Durst hatte, tat ihr leid, aber auf keinen Fall würde sie sich
     auch nur noch eine Minute länger in der Nähe dieses Irren aufhalten.
    »Ich wollte nur etwas Wasser kaufen. Aber … dann eben nicht.«
    Sie griff nach dem Geldschein. Kaum hatte sie ihn berührt, packte der Tankwart die andere Hälfte. Seine Fingerspitzen berührten
     ihre. April zog die Hand weg.
    »Vielleicht können wir uns ja einigen«, schlug er vor.
    Der Schauer in Aprils Nacken lief nun ihren ganzen Rücken hinunter.
    »Ich meine, es gibt da ja verschiedene Möglichkeiten«, fuhr er fort. »Ich könnte zum Beispiel so tun, als hättest du mir nur
     einen Zehn-Dollar-Schein gegeben. Hab einfach eine Null übersehen. Du würdest dein Wasser bekommen und könntest sogar noch
     ein bisschen Wechselgeld einsacken. Ich meine, wenn dein Großvater solche Scheinchen hat, vermisst er den hier vermutlich
     noch nicht mal.«
    »Kann ich bitte einfach nur mein Geld zurückhaben?«, bat April mit dünnem Stimmchen.
    »Klar kannst du das.« Der Tankwart nahm die Hand allerdings nicht weg. »Hat jemand was anderes behauptet? Ist schließlich
     ein freies Land. Aber dann hast du immer noch kein Wasser, und eine andere Tankstelle oder ein Laden kommt auf dieser Straße
     ewig nicht.«
    Sie wusste, dass er mit diesem
ewig
etwas andeuten wollte. Sie konnte sich nur im Augenblick nicht darauf konzentrieren.
    »Ihr seid sogar die Ersten, die seit sechs Uhr hier haltgemacht haben«, machte er weiter. »Manchmal kommt während meiner ganzen
     Schicht keiner rein.«
    »Schon in Ordnung.« Was war in Ordnung? »Dann müssen wir eben davon absehen.« Noch so ein Satz von ihrer Mutter:
davon absehen
.
    »Halt, halt, nicht so schnell«, sagte der Tankwart. »Wie ich schon sagte, es gibt da verschiedene Möglichkeiten.«
    Er lehnte sich kurz zurück und schaute aus dem Fenster in Richtung Wagen. April folgte seinem Blick. Ihr Großvater saß mit
     dem Kopf an der Seitenscheibe da, wie er es manchmal machte, wenn sie am Steuer saß und er eingenickt war. Der Tankwart grinste
     noch einmal. Er beugte sich noch weiter vor. April roch Tabak. Ihr Magen rumorte wieder.
    »Wenn du was für mich tust«, sagte er langsam und ließ seinenBlick an ihr herabwandern, »kriegst du das Wasser von mir sogar umsonst.«
    Hau ab! ,
hörte April eine Stimme

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