Die Festung der Titanen: Die Götterkriege 4 (German Edition)
Momente, in denen die gesamte Weltscheibe stillstand.
»Ja«, sagte ich rau. Diesmal glaubte ich fast, den Ruck zu spüren, als sich die Scheibe wieder drehte.
Es war leicht. Um so vieles leichter, als ich gedacht hatte. So sehr hatte ich mich gequält, dagegen gesträubt, dass es mich fast enttäuschte, dass nichts von dem, was ich befürchtet hatte, eintrat.
Der Kampf, vor dem ich mich so sehr gefürchtet hatte, war schon lange ausgefochten. Jedes Mal, wenn Seelenreißer eine Seele zu den Göttern schickte und mir die ungelebten Jahre meiner Opfer übertrug, hatte er mir mehr gegeben, als ich hatte einsehen wollen. Jedes Mal hatte ich dagegen angekämpft, es nicht sehen, es nicht wissen wollen, mich dagegen verwahrt, all das zurückgeschoben, beiseitegeräumt und vor mir selbst versteckt.
Jetzt musste ich nichts weiter tun, als mir einzugestehen, dass es schon immer so gewesen war, dass all diese Schatten, Erinnerungen und Talente nur geduldig darauf gewartet hatten, dass ich sie anerkannte, akzeptierte, dass ich der war, der ich nie sein wollte und schon immer war. Verflucht von den Göttern, ein Schicksal anzunehmen, das niemand tragen sollte.
In der eisigen Kammer unter dem Gasthof zum Hammerkopf war ich mit den Göttern einen Handel eingegangen. Sie hatten ihren Teil erfüllt … dies war jetzt der Preis, den ich zu zahlen hatte.
Eine seltsame Ruhe kam über mich, als ich mich den Schatten öffnete, die ich in mir trug.
Es war nicht so, als ob sie mich übernehmen würden, die Geister meiner Vergangenheit. Vielmehr war es, als ob sie geduldig warten würden, bis ich sie fragte, was sie mich lehren konnten. Vor allem aber war es nicht notwendig, lange zu lernen, ihren Geschichten zu lauschen, ihr Leben zu leben. All die Gesichter, die ich hatte vergessen wollen, ihre Geschichten, ihr Leben, ihre Talente und Fähigkeiten, ich hatte sie nicht vergessen. Was sie mich lehren konnten, hatten sie mir schon beigebracht, auch wenn ich es vorher nie hatte wahrhaben wollen.
Vielleicht war es nur meine Einbildung, mein Wahn, aber oft kam es mir vor, als würden sie lächeln, hätten mir verziehen, dass ich sie aus ihrem Leben gerissen hatte. Vielleicht wollte ich es einfach auch nur glauben. Also tat ich es und hoffte, dass es so war. Das, dachte ich, als ich tief einatmete und meine Augen öffnete und meine Gefährten vor mir stehen sah, war nicht so schwer gewesen.
Was jetzt kam, war umso vieles schwerer. Dabei war das Lager der Priester noch das kleinste Problem, es wurde mir gelöst, noch während ich hier gestanden und mit den Göttern gehadert hatte. »Ich habe mich immer gefragt, warum die Göttin mich hat leben lassen«, sagte Ordun in meinen Gedanken, und ich hörte ihn dabei noch lachen. »Jetzt habe ich es verstanden … es ist, damit nichts von dem, was ich gestohlen habe, verloren geht. Dein Problem ist, dass es in Wahrheit doch ein Nagel ist und tatsächlich einen Hammer braucht.« Und damit und mit einer ironischen Verbeugung trat sein Schatten zurück ins Dunkle. »Was mich angeht …«, hörte ich ihn noch flüstern, »kann ich nicht bereuen …«
»Hat jemand ein Honigküchlein?«, hörte ich mich fragen, und als sie mich alle erstaunt anschauten, konnte ich nur verlegen mit den Schultern zucken, während in der Ferne ein Lachen zu hören war. »Ein Gedanke … nichts weiter …«
»Havald?«, fragte Serafine besorgt. »Ist alles gut mit dir?«
Ich nickte langsam.
»Wahrhaftig?«, fragte sie ängstlich.
Ich zog sie an mich heran. »Wahrhaftig«, sagte ich und gab ihr einen Kuss, den sie mit verzweifelter Leidenschaft erwiderte.
O Götter, dachte ich verzweifelt, warum muss ich auch sie aufgeben? Reicht es denn nicht, dass ich Leandra gehen lassen musste? Ich zog Serafine fester an mich und vergrub mein Gesicht in ihren Haaren, musste ich jetzt wahrhaftig auch noch sie verlieren? Doch es führte kein Weg daran vorbei, dies war das Schicksal, das die Götter mir zugedacht hatten, wollte ich nicht, dass sie mein Schicksal teilten, musste ich mich von ihnen lösen. Von Serafine und ihrer Liebe, von Zokora und Varosch, die mir mit ihrer Weisheit so oft den Weg gewiesen hatten, selbst von der alten Enke, deren Augen zu viel sahen.
»Ich weiß, dass man nicht stören sollte«, hörte ich Zokora sagen und öffnete die Augen, um sie vor mir stehen zu sehen, Hände in die Hüfte gestützt, beinahe, als ob sie sogleich ungeduldig mit dem Fuß wippen würde, nur dass sie so etwas ja
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