Die Festung der Titanen
verwüsteten Platz hinweg, und für einen kurzen Augenblick sah ich ihn, wie er einst gewesen war, glänzend, leuchtend, voller Hoffnung auf eine strahlende Zukunft. Noch immer verstand ich nicht, wie es nun mit mir und all diesen fremden Erinnerungen war, die der Verschlinger mir gegeben hatte, doch jetzt musste ich lächeln, als ich ein kleines Mädchen vor mir sah, das mit ihrem Haustier spielte, einer Katze mit sechs Beinen und glänzenden Panzerplatten, die das Mädchen mit bunten Mustern angemalt hatte.
»Was ist?«, fragte mich Serafine, als sie ihr Pferd zu dem Dickicht führte, das den Eingang zu den Tunneln verbarg. »Du schaust so seltsam.«
»Nichts«, sagte ich leise, während ich mich fragte, wie lange es wohl her sein mochte, dass dieses Mädchen mit ihrer Katze gespielt hatte. Wie lange, wie viele Leben waren Leandra, Serafine und ich jetzt schon verbunden? Das war es, was Omagor uns nehmen wollte, und in meinen Augen war jedes Opfer angemessen, um ihn daran zu hindern. Wieder lagerten wir an diesem wundersamen Ort, diesem Garten in der Dunkelheit. Unseren neuen Freunden missfiel es dort, es war zu hell für sie und zwang sie dazu, erneut ihren Augenschutz zu tragen, aber mir war dieser Ort willkommen und erlaubte mir eine kurze Zeit der Besinnung.
Serafine fand mich an diesem Teich sitzend, wo ich einer dieser großen Bienen zusah, wie sie fleißig ihre Arbeit tat. Eine Erinnerung daran, wie ich jetzt verstand, dass es doch kein Paradies war, das uns hier so freundlich aufnahm. Denn hielten wir uns zu lange hier auf, würde das, was die Bienen hatte wachsen lassen, uns töten. In etwa eine Kerzenlänge, so hoffte ich, würde uns allerdings nicht schaden.
»Wie geht es dir, Havald?«, fragte sie leise, als sie sich neben mich setzte. »Seitdem du den Verschlinger bezwungen hast, kommt es mir vor, als ob du dich von uns zurückgezogen hast.«
»Ich brauche Zeit«, antwortete ich ihr und pflückte einen der Grashalme, um mit ihm zu spielen. »Ich muss mich erst noch wiederfinden.«
»Wie meinst du das?«, fragte sie vorsichtig. »Sind es wieder diese … Bücher, die dich bedrängen?«
Ich schüttelte leicht den Kopf.
»Nein. Nicht mehr, ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich … ich nehme mir nur das, was ich für den Moment brauche, und nur das, was unbedingt nötig ist. So verhindere ich, dass es mich überwältigt.«
»Was beschäftigt dich dann?«
»Was es alles für mich bedeutet«, sagte ich zögernd. »Schau … Ich war immer schon größer und stärker als die meisten. In mancher Hinsicht ein Vorteil … in anderer Hinsicht …« Ich lächelte schwach. »Du weißt, was ich meine, du trägst genügend blaue Flecken, die entstanden, als ich nicht achtsam mit dir umging.«
»Ich bin nicht zerbrechlich, Havald«, lachte sie. »Ich habe mich auch nie darüber beschwert.«
Ich nickte. »Du hast mir einst erzählt, dass der Kaiser, obwohl eher zierlich denn kräftig gebaut, mit einer Hand einen Stein zerdrücken konnte.«
Sie nickte und sah mich fragend an.
»Ich weiß jetzt, wie er es tat«, seufzte ich. »Ob ich es so wollte oder nicht, ich besitze jetzt mehr Macht und Wissen, als ein Mensch besitzen sollte. Wie der Kaiser auch, muss ich mich nun fragen, was ich damit tue.« Ich zog sie an mich heran, und sie legte ihren Kopf auf meine Schulter, während wir gemeinsam einem Wasserläufer zusahen, der über die Oberfläche rannte, um im Schilf auf der anderen Seite zu verschwinden. »Ich fühle mich, als ob ich betrogen hätte. Ich habe es mir nicht verdient. Schau Asela an oder Desina, wie hart sie dafür arbeiten mussten, die zu sein, die sie sind. All die Jahre der Studien, Versuche und Fehlschläge … sie blieben mir erspart. Hier …« Ich streckte die Hand aus und ließ darüber eine kleine Kugel aus Wasser entstehen,
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