Die Festung der Titanen
mich durch den Eingang duckte, saß Elsine am Tisch und stützte ihren Kopf mit beiden Händen auf, während sie trübselig auf den Tarn starrte, der in Teilen vor ihr lag. Anstelle der Hüterin sah ich eine weiße Wölfin, die sich in einer Ecke zusammengerollt hatte und missmutig ein Auge öffnete, um zu schauen, wer da kam, und es dann wieder schloss. Von Delgere war keine Spur zu finden. Die Kerzen auf dem Tisch waren fast zur Gänze abgebrannt, und Elsine trug noch immer das Kleid, das sie auf Arkins »Festmahl« getragen hatte, offenbar war sie noch nicht zu Bett gewesen.
»Spart es Euch, Ser Roderik«, begrüßte sie mich müde, bevor ich noch einen Ton sagen konnte. »Die Zeltwände sind dünn genug, ich habe jedes Wort gehört, und ich gebe den beiden recht.« Sie tat eine Geste zu der hinteren Kammer. »Delgere schläft jetzt endlich, doch Ihr könnt Ma’tar ausrichten, dass wir am Mittag vor die Stammesführer treten werden.« Sie schob mit einer entnervten Geste die Stücke des Tarn zur Seite und sah auf. »Ich bin nur verärgert darüber, dass es mir nicht gelang, den Tarn zusammenzusetzen, und es fällt mir schwer einzugestehen, dass ich am Ende meiner Weisheit bin.« Sie wies auf einen Stuhl »Setzt Euch«, bat sie mich. »Bevor ich noch einen Krampf im Nacken kriege, Ihr seid einfach zu groß.«
Gehorsam setzte ich mich.
Sie schaute auf die Stücke des Tarn herab und schob sie dann zu mir hinüber. »Habt Ihr schon versucht, ihn zusammenzusetzen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Nur zu«, forderte sie mich auf. »Versucht Euer Glück.«
Ich musterte die Stücke aus Jade. Es war unschwer zu erkennen, dass sie einen dünnen Reif ergaben. So dünn, dass ich mich fragte, wie es sein konnte, dass er nicht schon längst zerbrochen war. Ich sagte etwas dergleichen, und Elsine zuckte mit den Schultern. »Es wird die Magie in ihnen sein, jemand hat sich mit dem Tarn sehr viel Mühe gegeben, wahrscheinlich zu viel, als dass er Gefahr laufen wollte, dass der Reif leicht bricht.« Sie schob eines der Stücke vor sich hin und her. »Wahrscheinlich könntet Ihr mit einem Hammer auf sie schlagen, ohne dass etwas geschehen würde. Kommt, Ser Roderik, versucht es. Der Tarn wird Euch nicht beißen.«
Es war, wie die alte Enke sagte, die ersten vier Stücke setzten sich fast von alleine zusammen, nur das fünfte Stück wollte nicht halten, es sprang immer wieder aus dem Kreis heraus.
Ich versuchte es zweimal, dann ließ ich es sein. Schließlich wusste ich, warum es so nicht gelingen konnte.
»Die Magie muss noch vorhanden sein«, sagte ich nachdenklich. »Jedes Stück setzt sich an jedes andere an, vielleicht liegt es nicht an Euch oder dem Tarn, und er tut, was er tun soll. Vielleicht sind die Umstände nicht die richtigen. Zokora ist der Meinung, die Stücke ließen sich nur in der Stadt der Seher zusammensetzen.«
Es mochte auch daran liegen, dass Asela zwei der Stücke gegen Fälschungen ausgetauscht hatte, die es ihr erlaubten, auf magischem Wege jeden zu beobachten, der diese Stücke berührte. Das war auch der Grund, weshalb sie im Lager der Legion zurückgeblieben war, von dort aus konnte sie alles besser unter Beobachtung halten, ohne zu befürchten, selbst dabei ertappt zu werden. Ich hätte es Elsine gerne erklärt, doch hier im Lager konnten wir nicht sicher sein, ob wir nicht auf magischem Wege beobachtet oder belauscht wurden. Dass Asela jede Bewegung Arkins oder des Verschlingers beobachten konnte, war ein Vorteil, den ich nicht leichtfertig aufgeben wollte. Bis wir die Elfenstadt fanden, dachte ich, war sicher noch Zeit genug, Elsine die beiden letzten Stücke des Tarn zukommen zu lassen.
Elsine sah auf den Tarn herab und nickte nachdenklich. »Das ergibt Sinn. Es sollte möglich sein, herauszufinden, wo die Ruinen von Tir’na’coer zu finden
Weitere Kostenlose Bücher