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Die fetten Jahre

Die fetten Jahre

Titel: Die fetten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koonchung Chan
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hartes Auftreten der Regierung – es musste der Weg bereitet werden für eine völlig neue Politik!«

Das chinesische Modell
    Die Repressionskampagne war das zweite Kettenglied von Feuer, Eis und Gold; das dritte war der zeitgleiche Erlass von fünf ineinandergreifenden politischen Maßnahmen.
    Die erste betraf das Privatvermögen: Alle bei Banken im Inland angelegten Ersparnisse der Bürger wurden zu fünfundzwanzig Prozent in Konsumgutscheine umgewandelt. Ein Drittel davon war innerhalb von neunzig Tagen auszugeben, die restlichen zwei Drittel innerhalb von sechs Monaten; danach verloren sie ihre Gültigkeit.
    Die Sparfreudigkeit der Chinesen war mit ein Grund für die ungenügende Inlandsnachfrage. Wenn das äußere Wirtschaftsumfeld sich verschlechtert und alle sich an ihr Erspartes klammern, anstatt es auszugeben, ist es nicht weiter verwunderlich, wenn die Wirtschaft in eine Rezession rutscht. Wenn Zinssenkungen und Appelle an die Kaufmoral der Leute nicht mehr ausreichen, um die Massen zum Konsum zu bewegen, helfen nur derartige Zwangsmaßnahmen. Im Westen würde man sich nicht einmal trauen, an so etwas auch nur zu denken.
    Dieser Erlass hatte zum einen den Vorteil, dass er sich relativ leicht umsetzen ließ; alle Banken sind ja seit Jahren computerisiert. Zum anderen betraf er lediglich diejenigen, die auch etwas hatten, in erster Linie also die urbane Mittelschicht und die gut situierte Vorhut der Wohlstandsgesellschaft. Wenn man sie dazu verpflichtete, sich von einem Viertel ihres Ersparten etwas Schönes zu kaufen und damit gleichzeitig der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen, dann war das durchaus vertretbar, fand He Dongsheng. Wenn die Verbraucher wieder Geld ausgaben, würden auch die Unternehmen nachziehen, so der Plan. Und nicht zuletzt brauchte der Staat kein Geld auszugeben, um auf keynesianische Weise für einen Konjunkturaufschwung zu sorgen. Schätzungsweise ließen sich so mindestens fünf Prozentpunkte BIP-Wachstum erreichen.
    Mit dem Grübeln darüber, wofür sie ihr Geld denn nun ausgeben wollte, war die Stadtbevölkerung fürs Erste beschäftigt. Die einen entschieden sich für Warenkonsum, die anderen gaben ihr Geld für zusätzliche Dienstleistungen aus.
    Das führt direkt zur zweiten Maßnahme: Wo Nachfrage ist, darf das Angebot nicht fehlen. So wurden die produzierende Industrie und der Dienstleistungssektor von mehr als sage und schreibe dreitausend Restriktionen befreit, sodass privates Kapital frei in alle Branchen fließen konnte. Dabei wurde es Unternehmen, die für den heimischen Markt produzierten, erleichtert, Kredite aufzunehmen, und die Neugründung von Betrieben wurde unterstützt, während die Regierung ihre Kompetenzen neu ausrichtete und in immer mehr Bereichen privaten Unternehmern das Feld überließ.
    Bis auf einige sicherheitsrelevante Sektoren und solche, in denen der Staat ein Monopol besaß, wurden nunmehr fast alle ehemals mit Beschränkungen belegten Branchen für den Wettbewerb geöffnet.
    »Jeder kann heute einen Verlag gründen und Bücher auch ohne Registriernummer herausbringen«, sagte He Dongsheng an Chen gewandt.
    »Trotzdem müssen alle Bücher weiter eingereicht werden und es gibt immer noch eine Menge Themen, über die nicht geschrieben werden darf.«
    »Aber wenigstens gibt es jetzt in ganz China private und sogar ausländische Verlage – ganz wie von der WTO gewünscht.«
    Der Erlass verfehlte seine Wirkung nicht. Es war, als bestünde das Volk nur noch aus Kaufleuten; alle machten Geschäfte, völlig unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und Beruf, konzentrierten sich aufs Geldverdienen, stellten Leute ein oder wurden selbst eingestellt, suchten nach Ressourcen oder nach Mitarbeitern, um diese Ressourcen zu nutzen.
    Man braucht den Chinesen nur einen kleinen Spalt zu geben, dann stemmen sie den ganzen Himmel auf.
    Es war wie ein Wunder: Die stillstehenden Produktionsanlagen in Guangdong, Jiangsu und Zhejiang, ehemals nur auf Export getrimmt, wurden im Handumdrehen umgebaut und begannen, die Inlandsnachfrage zu bedienen. Die leer stehenden Bürogebäude und Fabrikhallen waren im Nu mit neuem Leben erfüllt. Es brauchte einen knappen Monat, und der Markt war übersät mit neuen Produkten und Dienstleistungen. Nach einem halben Jahr hatte sich China von einer Exportnation in eine auf Binnenkonsum ausgerichtete Volkswirtschaft verwandelt.
    Im ersten Schritt hatte man sich zum Ziel gesetzt, wieder das Niveau der achtziger Jahre zu

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