Die fetten Jahre
drücken und alles geht auf Sendung.«
»Sehr gut«, sagte Chen. »Ich nehme an, ihr habt jede Menge Fragen an ihn.« Fang Caodi und Xiaoxi nickten.
»Gut. Wir stehen, wo wir stehen. Versuchen wir, das Beste daraus zu machen. Gleich werdet ihr euch erst mal zurückhalten und auf meinen Startschuss warten. Sobald ich euch grünes Licht gebe, könnt ihr ihn alles fragen, was euch unter den Nägeln brennt. Abgemacht?«
»Abgemacht!«, antworteten die drei.
»Ihr müsst mir vertrauen und euch an meine Vorgaben halten – auch dann, wenn sie euch missfallen. Seid ihr damit einverstanden?«
»Ja doch!«, kam die Antwort.
»Dann gehen wir jetzt rüber und fangen an!«
»Aber das ist nicht nötig, wir können ihn von hier aus befragen.«
»So bekommen wir nie Klarheit. Von Angesicht zu Angesicht – anders geht es nicht.«
»Dann gehe ich für Sie hinein und stelle ihm die Fragen«, bot Fang an.
»Nein, das muss ich selber machen«, erwiderte Chen.
»Dann gehen Sie wenigstens maskiert rein!«
»Fang, was macht es für einen Unterschied, ob ich eine Maske trage oder nicht? In dem Moment, in dem ihr He Dongsheng entführt habt, habt ihr mich mit auf einen Weg genommen, auf dem es kein Zurück gibt. Ich gehe jetzt zu ihm hinüber und ihr könnt euch überlegen, ob ihr nicht lieber hierbleiben und euch raushalten wollt.«
Damit stand er auf und ging voran. Xiaoxi legte die Maske beiseite, die sie in die Hand genommen hatte, und folgte ihm. Fang Caodi und Zhang Dou taten es ihr gleich und betraten hinter Chen das Verhörzimmer.
***
He Dongsheng verfügte über eine scharfe Auffassungsgabe. Kaum war er zu sich gekommen, hatte er die pochenden Kopfschmerzen unterdrückt und begonnen, fieberhaft nachzudenken. Ihm war sofort klar gewesen, dass nur seine Sekretärin, Jian Lin oder Chen hinter der Sache stecken konnten, doch durfte er sich nichts anmerken lassen; seine Kidnapper durften nicht ahnen, dass er sie durchschaut hatte, sonst war er so gut wie tot. Als er daher Chen unvermummt und festen Schrittes den Raum betreten sah, reagierte er nicht mit Erstaunen, sondern mit Resignation. Der schlimmste Fall war eingetreten: Chen gab seine Identität offen zu erkennen und auch die beiden Männer und die Frau, die hinter ihm den Raum betraten, waren unmaskiert. Es bedeutete, dass die Entführer bereits beschlossen hatten, ihn nicht mit dem Leben davonkommen zu lassen. Was er nicht verstand war: Warum? Was wollten sie von ihm?
Chen sagte: »Mein lieber Dongsheng, wie wäre es mit einem Schluck Wasser und ein paar Kopfschmerztabletten?« Zhang Dou hielt ihm einen Becher und zwei Pillen hin, aber He Dong-sheng reagierte nicht darauf.
Chen sagte: »Mein lieber Dongsheng, wenn wir dir etwas tun wollten, müssten wir dich wohl nicht erst zum Trinken überreden, oder?«
Ohne aufzublicken sagte He Dongsheng: »Habt ihr Importwasser?«
Chen sah die anderen an – sie schüttelten den Kopf.
He Dongsheng seufzte, dann bedeutete er Zhang Dou, ihm das Wasser zu geben, und leerte den Becher in einem Zug; die Tabletten lehnte er ab.
Chen wartete, bis er ausgetrunken hatte, und sagte dann: »Mein lieber Dongsheng, du bist ein kluger Mann, lass uns die Karten auf den Tisch legen und gleich zur Sache kommen, in Ordnung?«
»Warum?«, presste He Dongsheng zwischen den Zähnen hervor.
»Du meinst, warum wir dich entführt haben? Nun – wir wollen ein paar Auskünfte von dir.«
He Dongsheng stieß ein verächtliches Lachen aus.
Chen kam sich vor wie der Held in seinem eigenen Roman, fuhr aber nichtsdestotrotz in aller Seelenruhe fort: »Wirklich, so einfach ist das. Schwer zu glauben, oder? Und wenn du unsere Fragen beantwortet hast, kannst du gehen.«
»Spar dir den Unsinn!«, blaffte He Dongsheng wütend, aber matt, und mehr zu sich selbst.
»Ich weiß, was du denkst«, sagte Chen. »Du denkst, dass wir dich sowieso nicht am Leben lassen werden, weil du weißt, wer wir sind. Selbst wenn wir uns nicht gezeigt hätten, wären für dich nur ein paar wenige Leute in Betracht gekommen, ich zum Beispiel. Und natürlich weißt du auch, dass man mich in die Mangel nehmen wird, falls dir etwas zustößt, und dass ich früher oder später zusammenbrechen und alles gestehen würde, womit auch das Schicksal meiner Freunde hier besiegelt wäre.«
Nun wurde He Dongsheng doch ein wenig neugierig. Chen fuhr fort: »Wir wollen leben, genau wie du. Nur wenn du am Leben bleibst, kommen auch wir lebend aus der Sache raus.«
»Stimmt schon. Aber
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