Die Feuer des Himmels
zu sehen, was sie sah. »Das mag ja alles sein, Thom Merrilin, aber Meister Luca braucht einen Geldgeber, und Elayne und ich werden seine Gönnerinnen. Wir müssen ja trotzdem die Kutsche und das Gespann zurücklassen und durch den Hinterausgang hinausschleichen.« Das tat weh, denn für den Preis der Kutsche und des Gespanns hätten sie zu Hause an den Zwei Flüssen ein gemütliches Haus bauen können. Sie klappte den Deckel des Koffers mit den blattförmigen Scharnieren auf und kramte zwischen Kleidern und Decken und Töpfen und all dem anderen herum, das sie nicht bei dem Wagen mit den Farbstoffen hatte zurücklassen wollen. Sie hatte dafür gesorgt, daß die Männer alles einpackten bis auf das Pferdegeschirr. Dann fand sie die vergoldeten Schatullen und die Geldbörsen. »Thom, Ihr geht mit Juilin zur Hintertür hinaus und sucht uns irgendeinen Wagen und ein Gespann. Kauft auch etwas Proviant und trefft uns dann an der Straße zurück zu Lucas Lager.« Mit bedauernder Miene füllte sie Thoms Hand mit Goldstücken und machte sich noch nicht einmal die Mühe, nachzuzählen. Sie hatte keine Ahnung, was das alles kosten würde, und sie wollte nicht, daß er ihre Zeit mit langem Feilschen verschwendete.
»Das ist eine tolle Idee«, sagte Elayne grinsend. »Galad wird nach zwei Frauen Ausschau halten und nicht nach einer Truppe von Jongleuren und Tieren. Und er würde niemals glauben, daß wir nach Ghealdan ziehen.«
Daran hatte Nynaeve noch gar nicht gedacht. Sie hatte vorgehabt, Luca geradewegs nach Tear ziehen zu lassen. Eine Menagerie, wie er sie zusammengestellt hatte, mit Akrobaten und Jongleuren und außerdem sowieso den Tieren, konnte überall gut verdienen, da war sie sicher. Doch falls Galad nach ihnen suchte oder jemanden hinter ihnen herschickte, würde er sich bestimmt nach Osten wenden. Und er war vielleicht wirklich schlau genug, um auch in einer Menagerie nach ihnen zu suchen. Männer zeigten manchmal tatsächlich Gehirn, gewöhnlich dann, wenn man es am wenigsten erwartete. »Daran habe ich natürlich gleich gedacht, Elayne.« Sie ignorierte den plötzlich auftauchenden schwachen Geschmack in ihrem Mund, eine ätzende Erinnerung an gekochten Katzenfarn mit zerstoßenen Asblättern.
Thom und Juilin protestierten heftig. Die Idee an sich war ihnen recht, aber sie schienen zu glauben, wenn einer von ihnen zurückblieb, könne er sie und Elayne vor Galad und jeder möglichen Anzahl Weißmäntel beschützen. Ihnen schien überhaupt nicht der Gedanke zu kommen, daß sie mit Hilfe der Macht zehnmal soviel wie sie beide vollbringen konnten. Sie ließen sich auch kaum überzeugen, doch schließlich brachte sie es fertig, beide mit strenger Stimme hinauszuschicken: »Und wagt es nicht, hierher zurückzukehren. Wir treffen Euch an der Straße.«
»Wenn es dazu kommt, daß wir die Macht anwenden müssen«, sagte Elayne leise, als die Tür wieder geschlossen war, »werden wir uns sehr bald der gesamten Garnison von Weißmänteln gegenüberfinden und möglicherweise auch noch sämtlichen regulären Soldaten hier. Die Macht läßt uns nicht unbesiegbar werden. Alles, was nötig ist, sind zwei Pfeile.«
»Darüber machen wir uns Gedanken, wenn es soweit ist«, entgegnete ihr Nynaeve. Sie hoffte, die Männer hätten daran nicht gedacht. Falls doch, würde sich höchstwahrscheinlich einer in der Nähe herumtreiben und Galads Verdacht auf sich ziehen, wenn er nicht sehr vorsichtig war. Sie würde ihre Hilfe natürlich annehmen, wenn sie gebraucht wurde, das hatte sie durch Ronde Macura gelernt, auch wenn es ihr immer noch sauer aufstieß, daß man sie wie die Kätzchen aus dem Brunnen herausgeholt hatte, aber ob es notwendig war oder nicht, das bestimmte sie und nicht die Männer.
Nynaeve ging schnell hinunter und spürte Frau Jharen auf. Ihre Lady habe sich nun doch anders entschieden. Sie wolle nicht so schnell wieder Hitze und Staub der Reise ertragen und statt dessen lieber ein Nickerchen machen. Sie wolle nicht gestört werden, bis sie ein spätes Abendessen bestellte. Hier sei die Bezahlung für eine weitere Nacht. Die Wirtin hatte großes Verständnis für die zarte Natur einer adligen Lady und die Wankelmütigkeit ihrer Bedürfnisse. Nynaeve hatte das Gefühl, Frau Jharen würde für alles Verständnis haben, was nicht gerade nach Mord aussah, solange man dafür bezahlte.
Nynaeve verließ die mollige Frau und schnappte sich ganz kurz eine der Bedienungen. Ein paar Silberpfennige wechselten die Besitzerin,
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