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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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hinaus in die betäubte Stille, die selbst das Stöhnen und die Schreie der Verwundeten zu ersticken schien. In ihrer Hand hielt sie etwas Schlaffes, Bleiches, rot verschmiertes, das sie hinter sich her und unsichtbare Stufen hinabschleifte. Ihr Gesicht war wie eine aus Eis gehauene Maske. »Er hat es mir erzählt, Lews Therin!« Sie schrie diese Worte fast und schleuderte das bleiche Ding in die Luft. Ein Windhauch erfaßte es und blies es einen Moment lang zu einer blutigen, durchscheinenden Skulptur Hadnan Kaderes auf: seine Haut, in einem Stück abgezogen. Die Gestalt fiel in sich zusammen und klatschte auf den Boden. Lanfears Stimme wurde schriller, und sie kreischte: »Du hast dich von einer anderen Frau berühren lassen! Nicht zum erstenmal!«
    Die Augenblicke klebten aneinander, und alles geschah gleichzeitig.
    Bevor Lanfear noch auf den Pflastersteinen des Kais stand, raffte Moiraine den Rock und begann, geradewegs auf sie zuzulaufen. So schnell sie aber war, Lan war noch schneller. Er achtete nicht auf ihren Ruf: »Nein, Lan!« Sein Schwert fuhr aus der Scheide, mit langen Schritten schob er sich vor sie, und der farbverändernde Umhang flatterte hinter ihm, als er angriff. Plötzlich schien er gegen eine unsichtbare Mauer zu rennen, prallte zurück und versuchte taumelnd, wieder anzugreifen. Ein Schritt, und dann war es, als wische ihn eine riesige Hand beiseite. Er flog zehn Schritt weit durch die Luft und krachte auf die Pflastersteine.
    Noch während er durch die Luft flog, schob sich Moiraine ruckartig, die Füße über den Boden schleifend, trotz der unsichtbaren Barriere voran, bis sie schließlich Auge in Auge vor Lanfear stand. Doch nur für einen kurzen Moment. Die Verlorene blickte sie erstaunt an, als frage sie sich, was ihr da in den Weg gekommen sei, und dann wurde Moiraine so hart zur Seite geschleudert, daß sie sich mehrmals überschlug und unter einem der Wagen verschwand.
    Der ganze Kai war in Aufruhr. Es waren erst wenige Augenblicke vergangen, seit Kaderes Wohnwagen explodiert war, doch nur ein Blinder hätte nicht bemerkt, daß die Frau in Weiß mit Hilfe der Einen Macht angriff. Überall im Hafen blitzten die Schneiden der Äxte auf, Taue wurden durchschlagen, um die Lastkähne loszumachen. Ihre Besatzungen stocherten verzweifelt mit langen Stangen nach den Mauern, um ihre Schiffe abzustoßen und auf das offene Wasser hinauszuschieben, damit sie fliehen konnten. Schauerleute mit nackten Oberkörpern und dunkelgekleidete Geschäftsleute aus der Stadt versuchten, schnell noch an Bord zu springen. In der anderen Richtung drängten sich Männer wie Frauen schreiend vor der Mauer und kämpften darum, sich durch die Tore in die Stadt zwängen zu können. Und mitten drin verschleierten sich in den Cadin'sor gekleidete Gestalten, um sich dann mit Speeren oder Messern oder bloßen Händen auf Lanfear zu stürzen. Niemand zweifelte daran, daß der Angriff von ihr ausgegangen war und daß sie die Macht dazu eingesetzt hatte. Trotzdem rannten sie, um den Tanz der Speere zu tanzen.
    Feuerwellen überrollten sie. Feuerpfeile durchbohrten jene, die trotz brennender Kleidung weiterliefen. Es war nicht so, daß Lanfear bewußt gegen sie kämpfte oder sie auch nur beachtete. Sie hätte genausogut Stechmücken oder Beißmichs verscheuchen können. Menschen brannten, Fliehende genauso wie diejenigen, die noch zu kämpfen versuchten. Sie ging auf Rand zu, als existiere nichts anderes auf der Welt.
    Nur Herzschläge.
    Sie hatte drei Schritte getan, als Rand nach der männlichen Hälfte der Wahren Quelle griff, schmelzender Stahl und stahlzerreißendes Eis, süßer Honig und Jauche zugleich. Tief drinnen im Nichts erschien dieser Kampf ums eigene Überleben fern und der Kampf direkt vor seiner Nase nicht weniger. Als Moiraine unter dem Wagen verschwand, verwob er die ersten Stränge der Macht, entzog Lanfears Feuern die Hitze und lenkte sie in den Fluß. Flammen, die noch Augenblicke zuvor menschliche Gestalten eingeschlossen hatten, waren plötzlich verschwunden. Im gleichen Moment verwob er die Stränge wieder, und eine milchig wirkende graue Kuppel entstand, ein langgestrecktes Oval, das sich über ihn und Lanfear und die meisten der Wagen legte, eine fast durchsichtige Mauer, die alles ausschloß, was sich nicht schon zuvor darinnen befunden hatte. Selbst in dem Augenblick, da er die Stränge abnabelte, war er sich nicht sicher, was es eigentlich war und woher es kam -vielleicht aus Lews Therins

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