Die Feuer des Himmels
wie ich erkennen mußte, als ich nach Eurer Pfeife tanzte. Ihr müßt Euch frei bewegen, und selbst die wohlmeinendste meiner Schwestern könnte versuchen, Euch so zu führen, wie ich es einst tat.
Bitte übergebt Thom Merrilin den Brief, wenn Ihr ihn wiederseht. Es gibt da eine Kleinigkeit, von der ich ihm einst erzählte, die ich aufklären muß, damit seine Seele Ruhe findet.
Noch eines: Hütet Euch vor Meister Jasin Natael. Ich kann Euch nicht in vollem Maße zustimmen, aber ich verstehe Euch. Vielleicht ist es die einzige Möglichkeit. Und doch müßt Ihr Euch vor ihm in acht nehmen. Er ist der gleiche Mann, der er immer war. Denkt stets daran.
Möge das Licht Euch erleuchten und beschützen. Ihr werdet es gut machen.
Es war schlicht mit ›Moiraine‹ unterzeichnet. Sie hatte ihren Adelsnamen fast nie benützt.
Den vorletzten Abschnitt las er noch einmal ganz genau durch. Irgendwie hatte sie also Asmodean erkannt. Etwas anderes konnte das nicht bedeuten. Sie hatte gewußt, daß sich einer der Verlorenen unmittelbar vor ihrer Nase befand, und dennoch nicht mit der Wimper gezuckt. Und auch den Grund hatte sie wohl erkannt, falls er das richtig verstand. Er hätte ja eigentlich annehmen können, daß sie sich in einem Brief, der verschwand, sobald er ihn weglegte, klarer ausdrücken würde und geradeheraus sagen, was sie meinte. Nicht nur, was Asmodean betraf. Wie sie das alles über die Aes Sedai in Rhuidean erfahren hatte beispielsweise. Es mußte wohl etwas mit den Weisen Frauen zu tun haben, wenn er richtig vermutete, und aus diesem Brief würde er genausowenig weiteres erfahren wie von ihnen. Gab es einen Grund, daß sie gerade Verin erwähnt hatte? Und wieso Alviarin anstatt Elaida? Und was war denn nun mit Thom und Lan? Aus irgendeinem Grund glaubte er nicht, sie habe auch einen Brief für Lan hinterlassen; der Behüter war nicht der einzige, der saubere Wunden für das Beste hielt. Beinahe hätte er den Brief an Thom aus der Tasche geholt und gelesen, aber möglicherweise hatte sie ihn genauso präpariert wie jenen an ihn. Als typische Einwohnerin Cairhiens und noch dazu als Aes Sedai hatte sie sich bis zum bitteren Ende in Geheimnisse und Intrigen gehüllt. Bis zum bitteren Ende.
Das war es, was er wie die Pest zu vermeiden suchte, indem er lieber über ihre Geheimniskrämerei schimpfte. Sie hatte gewußt, was geschehen würde, und hatte es genauso tapfer und mutig hingenommen wie ein Aiel. Sie ging in vollem Bewußtsein, was sie erwartete, in den Tod. Sie war gestorben, weil er sich nicht dazu überwinden konnte, Lanfear selbst zu töten. Er hatte eine Frau nicht töten können, und dafür mußte eine andere sterben. Sein Blick fiel wieder auf ihre letzten Worte.
.. Ihr werdet es gut machen.
Das schnitt tief in ihn wie ein kaltes Rasiermesser.
»Warum weint Ihr hier allein und verlassen, Rand al'Thor? Ich habe gehört, einige Feuchtländer schämten sich, wenn man sie weinen sieht.«
Er funkelte Sulin an, die im Eingang stand. Sie war kampfmäßig ausgerüstet, den Bogen in seinem Futteral auf dem Rücken, den Köcher am Gürtel, den runden Lederschild und drei Speere in der Hand. »Ich wei...« Seine Wangen waren irgendwie feucht geworden. Er wischte sie schnell ab. »Es ist so heiß hier drinnen. Ich schwitze wie ein... Was wollt Ihr? Ich glaubte, Ihr hättet Euch alle entschlossen, mich zu verlassen und ins Dreifache Land zurückzukehren.«
»Es sind nicht wir, die Euch verlassen hätten, Rand al'Thor.« Sie schieß die Tür hinter sich, setzte sich auf den Boden und legte zwei der Speere und den Schild neben sich. »Ihr habt uns verlassen!« Mit schnellen Bewegungen stemmte sie zuerst einen Fuß gegen den dritten Speer, den sie mit beiden Händen festhielt, drückte und zerbrach ihn in zwei Teile.
»Was macht Ihr da?« Sie warf die Teile zur Seite und hob einen weiteren Speer auf. »Ich sagte, was macht Ihr da?« Der Gesichtsausdruck der weißhaarigen Tochter des Speers hätte wohl selbst Lan zum Innehalten gebracht, aber Rand bückte sich und packte den Speer, den sie nun in den Händen hielt. Ihre weiche Stiefelsohle drückte auf sein Handgelenk. Und das nicht gerade sanft.
»Wollt Ihr uns in Röcke stecken, uns verheiraten, damit wir uns künftig um Heim und Herd kümmern? Oder sollen wir uns an Euer Feuer legen und Euch die Hand lecken, wenn Ihr uns einen Brocken Fleisch gebt?« Ihre Muskeln spannten sich, und der Speer zerbrach. Ein paar Splitter trafen seine Handfläche.
Er riß
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