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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und packte die Haiskette so hart, daß sie sich von Siuans Hals löste. Siuan riß die Augen auf, doch sobald der Verschluß zerbrach, verschwand sie, und Halskette sowie Ring schmolzen in Nynaeves Hand dahin. Einen Wimpernschlag lang blickte sie auf ihre leere Hand hinab. Was geschah mit jemanden, den man auf diese Art aus Tel'aran'rhiod hinausbeförderte? Hatte sie Siuan in ihren schlafenden Körper zurückgeschickt? Oder wohin sonst? Ins Nichts vielleicht?
    Sie wurde von Panik erfaßt. Sie stand einfach nur da und unternahm nichts. In Gedankenschnelle floh sie, und die Welt der Träume schien sich um sie herum völlig zu verändern.
    Sie stand auf einer Lehmstraße inmitten eines kleines Dorfes von Holzhütten, von denen keine mehr als ein Stockwerk besaß. Der Weiße Löwe von Andor wehte an einem hohen Mast, und ein einzelner gemauerter Anlegesteg ragte in einen breiten Fluß hinein, über dem eine Gruppe von großen Vögeln mit langen Schnäbeln in geringer Höhe nach Süden flog. Es kam ihr alles ein wenig bekannt vor, aber sie brauchte doch einen Moment, bis ihr klar wurde, wo sie sich befand: Jurene. In Cairhien. Und dieser Fluß war der Erinin. Hier war es gewesen, wo sie, Egwene und Elayne sich auf der Pelikan eingeschifft hatten, einem Schiff, dessen Name genauso fehl am Platz gewesen war wie bei der Wasserschlange, und ihre Reise nach Tear fortgesetzt hatten. Das lag alles so fern, als habe sie es vor langer Zeit in einem Buch gelesen.
    Warum war sie nach Jurene geflohen? Das war einfach, und sie beantwortete sich diese Frage selbst, kaum daß sie sie in Gedanken ausgesprochen hatte. Jurene war der einzige Ort in Tel'aran'rhiod, den sie gut genug kannte, bei dem sie aber auch sicher sein konnte, daß ihn Moghedien nicht kannte. Sie hatten sich hier eine Stunde lang aufgehalten, noch ehe Moghedien etwas von ihrer Existenz geahnt hatte, und sie war sicher, daß weder sie selbst noch Elayne ihn jemals wieder erwähnt hatten, weder in Tel'aran'rhiod noch im wachen Zustand.
    Doch das führte zu einer anderen Frage. Auf gewisse Weise war es sogar die selbe. Warum ausgerechnet nach Jurene? Warum nicht aus dem Traum heraustreten und im eigenen Bett aufwachen, wenn denn das Geschirrspülen und Bödenschrubben sie nicht derart ausgelaugt hatte, daß sie einfach weiterschlief? Ich kann immer noch hinaustreten. Moghedien hatte sie in Salidar gesehen, falls es Moghedien gewesen war. Also wußte Moghedien nun von Salidar. Ich kann es Sheriam sagen. Wie? Zugeben, daß sie Siuan unterrichtete? Man erwartete von ihr, daß sie diese Ter'Angreal nur beim Unterricht für Sheriam und die anderen Aes Sedai benutzte. Nynaeve hatte keine Ahnung, wie Siuan an sie herankommen konnte, wenn sie unterrichtet werden wollte. Nein, sie fürchtete sich keineswegs vor weiteren Stunden, die sie bis zu den Ellbogen im heißen Wasser verbringen mußte. Sie hatte Angst vor Moghedien. Der Zorn brannte so heiß in ihrem Magen, daß sie wünschte, sie hätte ein wenig Gansminze aus ihrer Kräutertasche dabei. Ich habe es so ... so verdammt satt, ständig Angst auszustehen!
    Vor einem der Häuser stand eine Bank. Von ihr aus konnte sie den Anlegesteg und den Fluß überblicken. Also setzte sie sich und betrachtete ihre Lage noch einmal von allen Seiten. Es war lächerlich. Die Wahre Quelle war hier recht blaß geworden. Sie wob sich eine kleine Flamme, die über ihrer Hand flackerte. Sie selbst mochte ja fest und stofflich wirken - jedenfalls in ihren eigenen Augen -, doch durch dieses Feuerchen hindurch konnte sie deutlich den Fluß sehen. Sie band den Strang ab, und die Flamme verblaßte wie feiner Dunst, sobald sie den Knoten fertig hatte. Wie konnte sie Moghedien gegenübertreten, wenn ihr noch die schwächste Novizin in Salidar an Stärke gleichkam oder sogar überlegen war? Deshalb war sie hierher geflohen, statt Tel'aran'rhiod zu verlassen. Furcht, und Zorn dieser Furcht wegen, zu wütend, um klar zu denken und sich über die eigene Schwäche klarzuwerden.
    Sie würde aus dem Traum heraustreten. Was Siuan auch vorgehabt hatte, hatte sich nun erledigt; sie würde von nun an das gleiche Risiko tragen müssen wie Nynaeve. Der Gedanke an weitere Stunden des Bodenschrubbens ließ ihre Hand sich um den Zopf verkrampfen. Wahrscheinlich nicht nur Stunden, sondern Tage, und nebenbei noch Sheriams Rute spüren. Vielleicht würden sie ihr verbieten, die Ter'Angreal wieder zu verwenden, mit deren Hilfe man die Welt der Träume betreten konnte, oder

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