Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
überwältigen könntest«, fuhr Aviendha fort, »aber du hast versprochen, zu gehorchen. Also kratzt du die Töpfe aus, wenn sie sagen, du solltest Töpfe auskratzen, und du rennst, wenn sie dir befehlen, zu rennen. Du kennst Ji'e'toh vielleicht nicht, aber du hältst dich daran.«
    Natürlich war es keineswegs dasselbe. Sie biß die Zähne aufeinander und machte, was man von ihr wollte, weil es die einzige Möglichkeit für sie darstellte, das Traumwandeln zu erlernen, und sie wollte es lernen, sie wollte alles darüber lernen, mehr als über alles andere, was sie sich auf der Welt vorstellen konnte. Überhaupt nur daran zu denken, sie könne nach den Regeln dieses törichten Ji'e'toh leben, war einfach dumm. Sie tat, was sein mußte, und nur wenn es sein mußte, und weil sie halt dazu gezwungen war.
    Sie näherten sich wieder dem Ausgangspunkt ihrer Laufstrecke. Als sie über den gleichen Fleck lief, an dem sie begonnen hatten, sagte Egwene: »Das wäre die erste Runde«, und rannte weiter durch die Dunkelheit, obwohl niemand außer Aviendha sie beobachten konnte und niemand außer Aviendha hätte petzen können, wenn sie jetzt zu ihrem Zelt zurückgegangen wäre. Aviendha hätte bestimmt nichts gesagt, aber Egwene kam überhaupt nicht auf den Gedanken, vor dem Ende der fünfzigsten Runde aufzuhören.

KAPITEL
6

    Tore
    R and erwachte in völliger Finsternis, lag unter seinen Decken und grübelte darüber nach, was ihn wohl geweckt habe. Irgend etwas mußte da gewesen sein. Nicht der Traum; da hatte er Aviendha das Schwimmen beigebracht in einem Teich im Wasserwald zu Hause im Gebiet der Zwei Flüsse. Etwas anderes. Da kam es wieder - wie ein schwacher Hauch einer fauligen Ausdünstung, der unter der Tür hindurchgedrungen war. Nicht einmal ein wirklicher Geruch, sondern eher wie ein Gefühl der Andersartigkeit. Ja, so hatte er es empfunden. Ranzig, wie etwas Totes, das schon eine Woche lang im stillen Wasser eines Tümpels ruhte. Es verflog wieder, doch diesmal nicht vollständig.
    So schlug er die Decken zur Seite, stand auf und hüllte sich in Saidin. Innerhalb des Nichts und von der Macht erfüllt spürte er wohl noch, wie sein Körper zitterte, doch die Kälte schien sich an einem anderen Ort zu befinden und nicht dort, wo er sich aufhielt. Vorsichtig öffnete er die Tür und trat hinaus. Mondschein drang durch die Fensterbögen zu beiden Enden des Korridors. Nach der Pechschwärze in seinem Zimmer kam ihm das beinahe wie Tageslicht vor. Nicht rührte sich, doch er spürte... etwas... das sich näherte. Etwas Böses. Beinahe wie die Verderbnis von Saidin, die ihn mit der Macht durchströmte.
    Er steckte eine Hand in die Tasche seines Mantels und erfaßte die kleine geschnitzte Figur eines rundlichen kleinen Mannes, der ein Schwert über seinen Knien trug. Ein Angreal; damit konnte er mehr Macht an sich binden und benützen, als selbst er sonst ohne Hilfe schaffte. Sehr wahrscheinlich würde er ihn gar nicht benötigen. Wer auch immer für diesen Angriff auf ihn verantwortlich war, wußte nicht, mit wem er oder sie es jetzt zu tun hatte. Sie hätten ihn niemals aufwachen lassen dürfen.
    Einen Augenblick lang zögerte er. Er konnte durchaus den Kampf mit dem, was gegen ihn ausgesandt worden war, von sich aus aufnehmen, aber er hatte das Gefühl, es befinde sich noch ein Stück unter ihm; dort, wo dem Schweigen nach zu schließen die Töchter noch friedlich schliefen. Wenn sie Glück hatten, würden sie nicht behelligt, es sei denn, er eilte hinunter, um mitten unter ihnen zu kämpfen. Das würde sie auf jeden Fall aufwecken, und sie würden auch nicht gerade danebenstehen und zuschauen. Lan sagte immer, er solle sich das richtige Gelände zum Kämpfen möglichst selbst auswählen und den Feind zwingen, zu ihm zu kommen. Lächelnd rannte er mit trommelnden Stiefelsohlen die nächste Wendeltreppe nach oben und immer weiter, bis er sich im obersten Geschoß befand. Dieses Stockwerk bestand aus einem einzigen großen Raum mit leicht gewölbter Decke und verstreut stehenden schlanken, spiralförmig gearbeiteten Säulen. Der durch die glaslosen Bogenfenster einfallende Mondschein erhellte jede Ecke. Im Staub und Schmutz und Sand auf dem Fußboden waren noch immer die Abdrücke seiner eigenen Stiefel undeutlich zu sehen. Die waren bei der einzigen Gelegenheit entstanden, zu der er sich hier oben aufgehalten hatte. Sonst war offensichtlich niemand dagewesen. Es war der perfekte Ort.
    Er schritt zur Mitte des Raums und

Weitere Kostenlose Bücher